Betreff
Standortkonzept Altkleidercontainer
Vorlage
060/2022
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Der Haupt- und Finanzausschuss empfiehlt/Der Rat der Gemeinde Nottuln beschließt das als Anlage zu dieser Vorlage beigefügte Standortkonzept und die Ermessensrichtlinien für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für Altkleidercontainer.

 


Sachverhalt:

 

Die Aufstellung von Sammelcontainern für Altkleider ist seit einigen Jahren vermehrt Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Altkleider sind aufgrund der zu erzielenden Preise auf dem Gebrauchttextilmarkt ein attraktiver Wertstoff. Deshalb ist das Sammeln und Verwerten von Altkleidern ein lukratives Geschäftsfeld. Gewerbliche Sammler konkurrieren zunehmend mit caritativen Organisationen, die mit ihren Sammlungen Kleiderkammern bestücken oder aus den Erlösen durch den Verkauf ihre Tätigkeit finanzieren. Anlässlich eines Antrags eines privaten Verwerters zur Aufstellung von Sammelcontainern für Altkleider im gesamten Gemeindegebiet ist aus Sicht der Verwaltung eine allgemeingültige Lösung erforderlich.

 

In der Gemeinde Nottuln sind derzeit 42 Altkleidercontainer aufgestellt, 15 davon gewerblich. Diese Standorte befinden sich vorwiegend im öffentlichen Straßenraum. Nach den Regelungen des Straßen- und Wegegesetzes NRW (StrWG NRW) ist dafür eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich. Denn die Nutzung der Straße zu anderen als den üblichen Verkehrszwecken (Gemeingebrauch), bedarf der Erlaubnis durch die zuständige Straßenbaubehörde. Konkret ergibt sich dies aus § 18 Abs. 1 S. 2 StrWG NRW. Nach § 14 Abs. 1 StrWG NRW ist erlaubnisfrei nur der Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen, d. h. der Gebrauch im Rahmen der Widmung zum Verkehr und innerhalb der verkehrsrechtlichen Vorschriften. Bei der Aufstellung von Altkleidersammelcontainern handelt es sich deshalb um eine Sondernutzung, da die Straßen insoweit nicht vorwiegend zum Verkehr benutzt werden

 

Die Gemeinde Nottuln ist gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 3 StrWG NRW zuständige Straßenbaubehörde für die Gemeindestraßen und die Landesstraßen als Ortsdurchfahrten. Die Erlaubnis der Sondernutzung darf gemäß § 18 Abs. 1, 2 StrWG NRW nur befristet oder auf Widerruf erteilt werden. Die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis steht im Ermessen der Behörde. Die Ermessensgründe sind dabei jedoch auf sachliche Gründe mit Bezug zur Straße begrenzt. Für das Aufstellen von Sammelcontainern auf privaten Flächen ist eine solche Erlaubnis nicht erforderlich, hier bedarf es lediglich einer Genehmigung durch den jeweiligen Eigentümer. Daneben sind Sammlungen von Altkleidern nach Maßgabe von § 18 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz NRW (KrWG NRW) bei der unteren Abfallbehörde anzuzeigen und zwar unabhängig davon, ob sie im öffentlichen Straßenraum oder auf privaten Grundstücken erfolgen.

 

Seitens der Verwaltung ist beabsichtigt, schriftliche Sondernutzungserlaubnisse für Altkleidercontainer nach einem einheitlichen Konzept zu erteilen.

 

Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 20.04.2020, Az.: 3 B 80.09) zu berücksichtigen, dass zeitlich und örtlich gegenläufige Interessen verschiedener Straßennutzer auszugleichen sind. Deshalb kann ein Interessenausgleich vorzunehmen sein, wenn sich die Interessen auf dieselbe Straßenflächen beziehen. Diese Ausgleichs- und Verteilungsfunktion der Sondernutzungserlaubnis hat auch zur Folge, dass die Verwaltung bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu berücksichtigen hat. Die Verwaltungspraxis muss sich daher an den sachlichen Gründen mit Bezug zur Straße orientieren und innerhalb dieser Kriterien allen Interessenten gleiche Chancen gewähren.

 

Die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen erfolgt nach den Regelungen des StrWG NRW grundsätzlich wirtschafts- und wettbewerbsneutral. Rein subjektive oder geschäftsbezogene Merkmale können nach der Rechtsprechung deshalb kein straßenrechtlich relevantes Auswahlkriterium sein (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.06.2015, Az.: 11 A 1131/13). Daher kann die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen nicht auf ortsansässige oder gemeinnützige Organisationen beschränkt werden, sondern muss grundsätzlich wettbewerbsneutral für alle Anbieter gleichermaßen möglich sein.

 

Um diese rechtlichen Anforderungen in der Verwaltungspraxis gleichermaßen transparent und rechtssicher zu gewährleisten, ist von der Rechtsprechung anerkannt worden, die Verteilung anhand von ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften (Ermessensrichtlinien) vorzunehmen (u. a. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.03.2019, Az.: 11 A 1166/16). Mit einem Standortkonzept zu den Ermessensrichtlinien können die Anzahl und Verteilung der Standorte für Altkleidercontainer umfassend geregelt werden. Für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen kann durch die Ermessensrichtlinien ein Verfahren eingeführt werden, nach dem die Verwaltung im Einzelfall entsprechende Anträge bescheiden kann. Weil mit den Richtlinien eine erhebliche Vorwirkung für den Einzelfall verbunden ist, verlangt die Rechtsprechung dafür die Beschlussfassung des Gemeinderates (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.05.2019, Az.: 11 A 2057/17).

 

Das Standortkonzept für Altkleidersammelcontainer legt die Orte und die Anzahl maximal möglicher Container auf öffentlichen Flächen im Gemeindegebiet fest.

 

Die Gesamtzahl möglicher Standorte für Altkleidercontainer kann überschlägig anhand der Einwohnerzahl ermittelt werden. Denn der Ausgleich gegenläufiger Interessen an der Straßennutzung und die Vermeidung einer „Übermöblierung“ des öffentlichen Straßenraumes macht es erforderlich, dass die gewerbliche oder gemeinnützige Aufstellung von Altkleidercontainern im Verhältnis zum Gemeingebrauch der Anwohnerinnen und Anwohner und der übrigen Bevölkerung im Gemeindegebiet steht. In vielen Kommunen ist die Gesamtanzahl an Containerstandorten im Verhältnis zur Einwohnerzahl auf 500 bis 1.000 Einwohner pro Standort beschränkt worden. Die Bemessung der Anzahl an Standorten anhand der Einwohnerzahl ist von der Rechtsprechung akzeptiert worden (vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.04.2017, Az.: 11 A 2068/14, Rn 96; VG Mainz, Urteil vom 20.06.2018, Az.: 3 K 907/17.MZ). Die Verwaltung schlägt daher für die Gemeinde Nottuln vor, einen öffentlichen Containerstandort je 900 Einwohner anzustreben, das entspricht 1 Altkleidercontainer pro 450 Einwohner. Somit besteht ein Bedarf von derzeit max. 22 Containerstandorten.

 

Bei der kleinräumlichen Auswahl geeigneter Standorte sind unterschiedliche Wohnstrukturen, die Mobilitätsbedürfnisse der Wohnbevölkerung und der örtlichen Gewerbetreibenden sowie die Standorte öffentlicher Einrichtungen berücksichtigt worden. Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und zur Vermeidung einer kleinteiligen Möblierung mit ähnlich gelagerten Containernutzungen sind bei der standortgenauen Auswahl der Aufstellflächen für Altkleidercontainer insbesondere die bestehenden Standorte für Glascontainer geprüft worden.

 

Die Aufstellung von Altkleidercontainern auf privaten Grundstücken (bspw. Parkplätze) kann seitens der Gemeinde nicht reguliert werden. Erfolgt jedoch die Benutzung der Container von öffentlichen Verkehrsflächen aus, obwohl die Container selbst auf Privatgrund stehen, ist eine straßenrechtliche Sondererlaubnis erforderlich.

 

Die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidercontainern an diesen Standorten wird durch die Ermessensrichtlinien geregelt.

 

Die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis setzt grundsätzlich einen Antrag voraus. Ohne eine Verfahrensregelung durch Ermessensrichtlinien sind daher die Anträge nach Eingang abzuarbeiten und die Aufstellung von Altkleidercontainern an verfügbaren und geeigneten Standorten zu erlauben.

 

Durch das in den Ermessensrichtlinien formulierte Verfahren wird der straßenrechtlichen Ausgleichs- und Verteilungsfunktion sowie der gesetzlichen Befristung oder Widerruflichkeit einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis entsprochen. 

 


Finanzielle Auswirkungen:

keine


Anlagen:

Standortkonzept