Beschlussvorschlag:
Der
Haupt- und Finanzausschuss empfiehlt/Der Rat der Gemeinde Nottuln beschließt
das als Anlage zu dieser Vorlage beigefügte Standortkonzept und die
Ermessensrichtlinien für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für
Altkleidercontainer.
Sachverhalt:
Die
Aufstellung von Sammelcontainern für Altkleider ist seit einigen Jahren
vermehrt Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Altkleider sind
aufgrund der zu erzielenden Preise auf dem Gebrauchttextilmarkt ein attraktiver
Wertstoff. Deshalb ist das Sammeln und Verwerten von Altkleidern ein lukratives
Geschäftsfeld. Gewerbliche Sammler konkurrieren zunehmend mit caritativen
Organisationen, die mit ihren Sammlungen Kleiderkammern bestücken oder aus den
Erlösen durch den Verkauf ihre Tätigkeit finanzieren. Anlässlich eines Antrags
eines privaten Verwerters zur Aufstellung von Sammelcontainern für Altkleider
im gesamten Gemeindegebiet ist aus Sicht der Verwaltung eine allgemeingültige
Lösung erforderlich.
In
der Gemeinde Nottuln sind derzeit 42 Altkleidercontainer aufgestellt, 15 davon
gewerblich. Diese Standorte befinden sich vorwiegend im öffentlichen
Straßenraum. Nach den Regelungen des Straßen- und Wegegesetzes NRW (StrWG NRW)
ist dafür eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich. Denn die Nutzung der
Straße zu anderen als den üblichen Verkehrszwecken (Gemeingebrauch), bedarf der
Erlaubnis durch die zuständige Straßenbaubehörde. Konkret ergibt sich dies aus
§ 18 Abs. 1 S. 2 StrWG NRW. Nach § 14 Abs. 1 StrWG NRW ist erlaubnisfrei nur
der Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen, d. h. der Gebrauch im Rahmen der
Widmung zum Verkehr und innerhalb der verkehrsrechtlichen Vorschriften. Bei der
Aufstellung von Altkleidersammelcontainern handelt es sich deshalb um eine
Sondernutzung, da die Straßen insoweit nicht vorwiegend zum Verkehr benutzt
werden
Die
Gemeinde Nottuln ist gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 3 StrWG NRW zuständige
Straßenbaubehörde für die Gemeindestraßen und die Landesstraßen als
Ortsdurchfahrten. Die Erlaubnis der Sondernutzung darf gemäß § 18 Abs. 1, 2
StrWG NRW nur befristet oder auf Widerruf erteilt werden. Die Erteilung der
Sondernutzungserlaubnis steht im Ermessen der Behörde. Die Ermessensgründe sind
dabei jedoch auf sachliche Gründe mit Bezug zur Straße begrenzt. Für das
Aufstellen von Sammelcontainern auf privaten Flächen ist eine solche Erlaubnis
nicht erforderlich, hier bedarf es lediglich einer Genehmigung durch den
jeweiligen Eigentümer. Daneben sind Sammlungen von Altkleidern nach Maßgabe von
§ 18 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz NRW (KrWG NRW) bei der unteren
Abfallbehörde anzuzeigen und zwar unabhängig davon, ob sie im öffentlichen
Straßenraum oder auf privaten Grundstücken erfolgen.
Seitens
der Verwaltung ist beabsichtigt, schriftliche Sondernutzungserlaubnisse für
Altkleidercontainer nach einem einheitlichen Konzept zu erteilen.
Dabei
ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom
20.04.2020, Az.: 3 B 80.09) zu berücksichtigen, dass zeitlich und örtlich
gegenläufige Interessen verschiedener Straßennutzer auszugleichen sind. Deshalb
kann ein Interessenausgleich vorzunehmen sein, wenn sich die Interessen auf
dieselbe Straßenflächen beziehen. Diese Ausgleichs- und Verteilungsfunktion der
Sondernutzungserlaubnis hat auch zur Folge, dass die Verwaltung bei der
Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen den allgemeinen
Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu berücksichtigen hat. Die
Verwaltungspraxis muss sich daher an den sachlichen Gründen mit Bezug zur
Straße orientieren und innerhalb dieser Kriterien allen Interessenten gleiche
Chancen gewähren.
Die
Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen erfolgt nach den Regelungen des StrWG
NRW grundsätzlich wirtschafts- und wettbewerbsneutral. Rein subjektive oder
geschäftsbezogene Merkmale können nach der Rechtsprechung deshalb kein
straßenrechtlich relevantes Auswahlkriterium sein (OVG Nordrhein-Westfalen,
Urteil vom 16.06.2015, Az.: 11 A 1131/13). Daher kann die Erteilung von
Sondernutzungserlaubnissen nicht auf ortsansässige oder gemeinnützige
Organisationen beschränkt werden, sondern muss grundsätzlich wettbewerbsneutral
für alle Anbieter gleichermaßen möglich sein.
Um
diese rechtlichen Anforderungen in der Verwaltungspraxis gleichermaßen
transparent und rechtssicher zu gewährleisten, ist von der Rechtsprechung
anerkannt worden, die Verteilung anhand von ermessenslenkenden
Verwaltungsvorschriften (Ermessensrichtlinien) vorzunehmen (u. a.
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.03.2019, Az.: 11 A
1166/16). Mit einem Standortkonzept zu den Ermessensrichtlinien können die
Anzahl und Verteilung der Standorte für Altkleidercontainer umfassend geregelt
werden. Für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen kann durch die
Ermessensrichtlinien ein Verfahren eingeführt werden, nach dem die Verwaltung
im Einzelfall entsprechende Anträge bescheiden kann. Weil mit den Richtlinien
eine erhebliche Vorwirkung für den Einzelfall verbunden ist, verlangt die
Rechtsprechung dafür die Beschlussfassung des Gemeinderates (OVG
Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.05.2019, Az.: 11 A 2057/17).
Das
Standortkonzept für Altkleidersammelcontainer legt die Orte und die Anzahl
maximal möglicher Container auf öffentlichen Flächen im Gemeindegebiet fest.
Die
Gesamtzahl möglicher Standorte für Altkleidercontainer kann überschlägig anhand
der Einwohnerzahl ermittelt werden. Denn der Ausgleich gegenläufiger Interessen
an der Straßennutzung und die Vermeidung einer „Übermöblierung“ des
öffentlichen Straßenraumes macht es erforderlich, dass die gewerbliche oder
gemeinnützige Aufstellung von Altkleidercontainern im Verhältnis zum Gemeingebrauch
der Anwohnerinnen und Anwohner und der übrigen Bevölkerung im Gemeindegebiet
steht. In vielen Kommunen ist die Gesamtanzahl an Containerstandorten im
Verhältnis zur Einwohnerzahl auf 500 bis 1.000 Einwohner pro Standort
beschränkt worden. Die Bemessung der Anzahl an Standorten anhand der
Einwohnerzahl ist von der Rechtsprechung akzeptiert worden (vgl. OVG NRW,
Urteil vom 07.04.2017, Az.: 11 A 2068/14, Rn 96; VG Mainz, Urteil vom
20.06.2018, Az.: 3 K 907/17.MZ). Die Verwaltung schlägt daher für die Gemeinde
Nottuln vor, einen öffentlichen Containerstandort je 900 Einwohner anzustreben, das entspricht 1 Altkleidercontainer
pro 450 Einwohner. Somit besteht ein Bedarf von derzeit max. 22
Containerstandorten.
Bei
der kleinräumlichen Auswahl geeigneter Standorte sind unterschiedliche
Wohnstrukturen, die Mobilitätsbedürfnisse der Wohnbevölkerung und der örtlichen
Gewerbetreibenden sowie die Standorte öffentlicher Einrichtungen berücksichtigt
worden. Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und
zur Vermeidung einer kleinteiligen Möblierung mit ähnlich gelagerten
Containernutzungen sind bei der standortgenauen Auswahl der Aufstellflächen für
Altkleidercontainer insbesondere die bestehenden Standorte für Glascontainer
geprüft worden.
Die
Aufstellung von Altkleidercontainern auf privaten Grundstücken (bspw.
Parkplätze) kann seitens der Gemeinde nicht reguliert werden. Erfolgt jedoch
die Benutzung der Container von öffentlichen Verkehrsflächen aus, obwohl die
Container selbst auf Privatgrund stehen, ist eine straßenrechtliche
Sondererlaubnis erforderlich.
Die
Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von
Altkleidercontainern an diesen Standorten wird durch die Ermessensrichtlinien
geregelt.
Die
Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis setzt grundsätzlich einen Antrag
voraus. Ohne eine Verfahrensregelung durch Ermessensrichtlinien sind daher die
Anträge nach Eingang abzuarbeiten und die Aufstellung von Altkleidercontainern
an verfügbaren und geeigneten Standorten zu erlauben.
Durch
das in den Ermessensrichtlinien formulierte Verfahren wird der
straßenrechtlichen Ausgleichs- und Verteilungsfunktion sowie der gesetzlichen
Befristung oder Widerruflichkeit einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis
entsprochen.
Finanzielle Auswirkungen:
keine
Anlagen:
Standortkonzept