Beschlussvorschlag:

a)      Die Aufstellung der Außenbereichssatzung nach § 35 (6) wird beschlossen. Die Verwaltung wird beauftragt, das weitere Verfahren nach BauGB einzuleiten.

oder

b)      Der Aufstellungsbeschluss wird zurückgestellt. Die Verwaltung wird beauftragt, nach Zustimmung des Antragstellers ein Rechtsgutachten einzuholen

oder

c)      Der Aufstellungsbeschluss wird abgelehnt.

 


Sachverhalt:

Der Verwaltung liegt ein Antrag vom 30. April 2012 mit der Bitte um Aufstellung einer Außenbereichssatzung nach § 35 Abs. BauGB im Bereich Werlte 23 vor (vgl. Anlage 1, Anlage 3). Die Außenbereichssatzung soll dem ansässigen Gewerbebetrieb zur dauerhaften Standortsicherung dienen und ihm maßvolle Erweiterungsmöglichkeiten bieten.

 

Das Instrument „Außenbereichssatzung“

Durch das Instrument „Außenbereichssatzung“ wird die Gemeinde ermächtigt, für bebaute Gebiete im Außenbereich, in denen Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, zu Gunsten des Wohnungsbaus und kleinerer Handwerks- und Gewerbebetriebe bestimmte öffentliche Belange auszuschalten, die ansonsten gemäß § 35 Abs. 3 BauGB dazu führen würden, dass diese Vorhaben unzulässig sind.

 

Durch die Satzung wird es ermöglicht, dass Lücken in bestehenden Siedlungsensembles im Außenbereich aufgefüllt werden. Eine Inanspruchnahme von Flächen außerhalb der bestehenden Siedlungsstrukturen kann nicht zugelassen werden.

 

In einer Außenbereichssatzung können nicht wie in einem Bebauungsplan detaillierte Regelungen zur Zulässigkeit von Vorhaben getroffen werden. Es können nur einige bestimmte Rahmenbedingungen festgelegt werden (etwa eine maximale Bauhöhe).

 

Voraussetzungen für eine „Außenbereichssatzung Werlte“

Damit der grundsätzliche Schutz des Außenbereichs gewahrt bleibt, stellt der Gesetzgeber 6 enge Anforderungen an die Aufstellung von Außenbereichssatzungen. Damit das Instrument der Außenbereichsatzung angewendet werden kann, müssen alle 6 Voraussetzungen erfüllt werden.

 

Einerseits kommt die Verwaltung nach einer Ortsbesichtigung (vgl. Anlage 4) und intensiven planungsrechtlichen Prüfung des Sachverhalts zu dem Schluss, dass die Erfüllung von drei dieser Kriterien äußerst kritisch zu sehen ist:

 

·        Erstens muss eine Außenbereichssatzung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sein. Die Wohn- und Gewerbeentwicklung Nottulns soll städtebaulich auf die ausgewiesenen Wohnbau- und Gewerbeflächen in den vorhandenen Ortsteilen konzentriert werden. Gewerbebetriebe sollen grundsätzlich in Gewerbegebieten angesiedelt werden. Im Bereich der beantragten Außenbereichssatzung stellt der Flächennutzungsplan „landwirtschaftliche Fläche dar“. Die Ansiedlung vor Ort ist so klein, dass sie nicht als Ortsteil angesehen werden kann. Eine gewerbliche Standortverfestigung im baulichen Außenbereich jenseits der Ortsteile steht der bisher beabsichtigten geordneten städtebaulichen Entwicklung entgegen.

 

·        Zweitens ist es fraglich, ob die insgesamt vier vorhandenen Wohngebäude ausreichend sind, um eine „Bebauung von einigem Gewicht“ darzustellen, wie sie im Gesetz gefordert wird. In der Regel kann dabei von mindestens 10 notwendigen Wohngebäuden ausgegangen werden. Es gibt aber auch Gerichtsurteile, in denen schon ab drei oder fünf Wohngebäuden zuzüglich Lagerhallen eine Außenbereichssatzung Bestand hatte. Dabei handelt es sich aber nicht um allgemeinübertragbare Präzedenzfälle, sondern um Einzelfälle, die jeweils im Kontext der Gemeinde zu betrachten sind, in der sie liegen.

 

·        Drittens darf die Wohnnutzung im Geltungsbereich einer Außenbereichssatzung nicht landwirtschaftlich überprägt werden. Auch wenn die in der Nähe liegenden landwirtschaftlichen Betriebe im Norden und Süden nicht mehr zum Bebauungszusammenhang einer möglichen Außenbereichssatzung zu zählen sind, überprägen sie nach Ansicht der Verwaltung durch die Sichtbeziehung, die Größe und Anzahl der Gebäude die im Geltungsbereich der möglichen Außenbereichssatzung liegenden Gebäude. 

 

Daher kommt die Verwaltung zu dem Schluss, dass vor der Aufstellung einer Außenbereichssatzung die Rechtslage zusätzlich von einer externen, auf Baurecht spezialisierten Anwaltskanzlei geprüft werden sollte. Die Kosten dafür sollte - nach dem Verursacherprinzip - der Antragsteller übernehmen.

 

Dieser Sachverhalt wurde dem Antragsteller in einem Schreiben vom 24.Juli 2012 mitgeteilt. Der Antragsteller hat sich bis jetzt gegenüber der Verwaltung noch nicht dazu geäußert, ob er beabsichtigt, ein solches Gutachten durch die Verwaltung beauftragen zu lassen.

 

Unabhängig von den Voraussetzungen nach § 35 Abs. 6 ist grundsätzlich zu bedenken, dass viele vergleichbare kleine Ansiedlungen im Außenbereich der Gemeinde Nottuln vorhanden sind. Es ist anzunehmen, dass sich künftig weitere Antragsteller im Sinne der Gleichbehandlung auf die vorhandenen Außenbereichssatzungen berufen werden. Dadurch kann es zu einer städtebaulich nicht wünschenswerten Zersiedelung des Freiraums kommen. Auch aus diesem Grund wäre eine rechtliche Absicherung einer „Außenbereichssatzung Werlte“ sinnvoll. 

 

Andererseits dient die Außenbereichssatzung einem alt eingesessenen Nottulner Familienunternehmen, dass vergleichsweise viele Arbeitsplätze und auch Ausbildungsplätze bereitstellt. Der Antragsteller begründet seine Bitte unter andrem auch damit, dass ein Umzug etwa ins Gewerbegebiet Beisenbusch, aus „existenziellen und wirtschaftlichen Gründen“ nicht durchführbar sei. Darum könnten im vorliegenden Fall die überwiegenden Belange der Wirtschaftsförderung die Aufstellung einer Außenbereichssatzung rechtfertigen.

 

Die Verwaltung unterbreitet dem Gremium auf Grund der grenzwertigen Rechtslage drei Varianten des Beschlussvorschlags:

a)      Die Aufstellung der Außenbereichssatzung nach § 35 (6)  wird beschlossen. Die Verwaltung wird beauftragt, das weitere Verfahren nach BauGB einzuleiten.

oder

b)      Der Aufstellungsbeschluss wird zurückgestellt. Die Verwaltung wird beauftragt, nach Zustimmung des Antragstellers ein Rechtsgutachten einzuholen.

oder

c)      Der Aufstellungsbeschluss wird abgelehnt.

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

Je nach Beschlussvorschlag:

a)      Die Kosten des Planverfahrens trägt der Antragsteller

b)      Geringe interne Kosten. Die Kosten des Rechtsgutachtens trägt der Antragsteller

c)      keine


Anlagen:

Anlage 1: Antrag

Anlage 2: Übersichtskarte

Anlage 3: vom Antragsteller gelieferte Fotos

Anlage 4: Fotos Ortsbesichtigung

Anlage 5: Mögliche Abgrenzung der Außenbereichssatzung