Betreff
Antrag auf Befreiung bzw. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 63 "Gewerbe- und Industriegebiet an der B 67 II"
Vorlage
068/2009
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Der Antrag wird abgelehnt. Die Verwaltung wird beauftragt, den alternativen Lösungsansatz zu prüfen und gegebenenfalls voranzutreiben.


Sachverhalt:

Der Antragsteller möchte  ein Wohnhaus mit Garage errichten (s. Antrag, Anlage 1).

Der Antragsteller überschreibt seinen Antrag mit Bauvoranfrage. Da diese zum einen nicht an den Ausschuss oder Rat gestellt wird, sondern an den Kreis Coesfeld (bei der Gemeindeverwaltung eingehende Anträge werden an den Kreis Coesfeld weitergeleitet) und zum zweiten die Antragsunterlagen dafür nicht vollständig vorliegen, wird hilfsweise angenommen, dass hier im Vorgriff auf eine zu beantragende Bauvoranfrage eine mögliche Aussicht auf eine Befreiung beantragt wird. Alternativ wird die Änderung des Bebauungsplanes beantragt.

Der Bebauungsplan sieht in dem Bereich ein Mischgebiet vor. Das Vorhaben liegt komplett außerhalb der Baugrenzen (s. Auszug aus dem Bebauungsplan, Anlage 2).

Das Vorhaben widerspricht beiden Festsetzungen.

Die Baugrenzen sind nicht eingehalten und der Gebietscharakter wird nicht eingehalten, da in einem Mischgebiet eine Durchmischung von Wohnen und Gewerbe stattfinden muss.

Eine Befreiung ist in dem vorliegenden Fall rechtlich nicht möglich.

Für eine Befreiung müssen gem. § 31 Abs. 2 BauGB verschiedene Voraussetzungen erfüllt werden:

Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

  1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern oder
  2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
  3. die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde

Die Grundzüge der Planung werden nach Ansicht der Unterzeichnerin berührt. Die Planung hat vorgesehen, dass die vorhandenen Bauten eng umrahmt werden, damit sollte eine Bestandssicherung erzielt werden und keine weitere bauliche Entwicklung.

Selbst wenn jedoch diese Voraussetzung erfüllt sein sollte, muss eine der unter den Ziffern 1 bis 3 aufgeführten Tatbestände ebenfalls erfüllt sein. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Ziffern 1 und 3 kommen überhaupt nicht in Frage, die Ziffer 2 ist nach Ansicht der Unterzeichnerin aufgrund der Lage unmittelbar am Gewerbegebiet nicht der Fall.

Eine Planänderung ist nur bedingt möglich.

Der erste Bestandteil wäre die Änderung der Baugrenzen. Dies wird vom Grundsatz her als möglich angesehen. Zwar würde man von der ursprünglichen Zielsetzung der Bestandssicherung abweichen, dies wäre jedoch dann voraussichtlich unproblematisch, wenn die passende Art der Nutzung vorläge.

Die Nutzung stellt das entscheidende Problem dar. Im Bebauungsplan ist zwar ein Mischgebiet festgesetzt, derzeit sind dort jedoch nur Wohnvorhaben angesiedelt. Eine neue Ansiedlung müsste nun im gewerblichen Bereich stattfinden, damit die Durchmischung gewährleistet ist bzw. sich entwickeln kann (s. Auszug aus Kommentar, Anlage 3). Dabei kann die Gemeinde auch ein positives Planungsziel für Bereiche entwickeln in denen bislang nur Wohnen oder nur Gewerbe stattfindet. Im Jahr 2002 ist der Bebauungsplan für den Antragsteller bereits einmal geändert worden. Das Einvernehmen zur Genehmigung eines Wohnhauses an der Stelle hätte durch die Gemeinde bereits damals versagt werden müssen.

Der Lösungsansatz anstatt eines Mischgebietes ein allgemeines Wohngebiet auszuweisen kann nicht verfolgt werden. Die Abstände zum Gewerbegebiet betragen höchstens 50 m, im angrenzenden Gewerbegebiet sind jedoch lediglich die Betriebe der Abstandsklassen I – V unzulässig. Für die Ausweisung als Wohngebiet müsste darum mindestens ein Abstand von 200 m bestehen.

Wird das (meines Erachtens rechtswidrige) Einvernehmen zu einer weiteren Wohneinheit erteilt, läuft man in Gefahr, dass aus dem Gebiet ein sogenanntes faktisches Wohngebiet entsteht. Hierdurch entsteht ein höherer Schutzanspruch und in dem angrenzenden Gewerbegebiet kann sowohl die Zulässigkeit weiterer Entwicklungen eingeschränkt sein, als auch erhöhte Auflagen gefordert werden.

Ein Verzicht auf einen solchen Schutz durch den Antragsteller ist rechtlich nicht möglich, dies ist wiederholt durch die Gerichte bestätigt worden. Zudem besteht die Gefahr, dass bei einem Eigentümerwechsel – sowohl der Gewerbetreibenden als auch der Wohnbebauung – das bis dato friedliche Miteinander nicht so bleibt.

 

Fazit:
Eine Befreiung ist nicht möglich. Hier gibt es bereits die mündliche Aussage durch den Kreis Coesfeld als Baugenehmigungsbehörde, dass hier keine Befreiung (von den Baugrenzen) möglich ist.

Eine Änderung der Baugrenzen ist möglich, würde jedoch für den Antragsteller nicht zum Erfolg führen, wenn die Gemeinde korrekterweise ihr Einvernehmen für eine zusätzliche Wohneinheit versagen würden.

 

 

Alternativer Lösungsansatz:      
Eine mögliche Vorgehensweise, die sowohl dem Antragssteller dient als auch zum Wohl der Gemeinde wäre, wäre die derzeit noch freiliegende landwirtschaftliche Restfläche (s. Anlage 2) als Mischgebiet festzusetzen.

Vorteil dieser Vorgehensweise wäre für die Gemeinde die Schaffung von neuen Flächen für nicht störendes Gewerbe, welches nicht auf die knappen, künftigen Gewerbeflächen im Rahmen der Regionalplanfortschreibung angerechnet würden.

Vorteil dieser Vorgehensweise für den Antragsteller wäre, dass eine Durchmischung des Gebietes wieder möglich wäre und die Genehmigung zumindest einer weiteren Wohneinheit in Aussicht gestellt werden kann. Die Funktionsfähigkeit des Mischgebietes bleibt bestehen, das Mischgebiet weist einen entsprechenden geringeren Schutzanspruch auf.

Von Seiten des Antragsteller bestehen Bedenken in Bezug auf eine mögliche Minderung der Wohnqualität. Da in einem Mischgebiet jedoch nur Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören, zulässig sind und durch den Bebauungsplan weitere Steuerungen getroffen werden können, wird dies durch die Verwaltung nicht so gesehen. Letztlich sollte dieser Weg jedoch nur im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Antragsteller beschritten werden.

Zurzeit wird diese Möglichkeit in Absprache mit dem Antragsteller geprüft.

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

Die Planänderungen (auf Grundlage des Antrags) würden gemäß Beschluss vom 04.06.2008 zu Lasten des Antragsstellers gehen.


Anlagen:

Anlage 1          Antrag

Anlage 2          Auszug aus dem Bebauungsplan

Anlage 3          Auszug aus dem Kommentar