Betreff
Antrag nach § 24 GO NRW - Durchführung von Verkehrsversuchen zur Entlastung und Entschleunigung der Erschließungsstraßen im Süden Nottulns
Vorlage
154/2023
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

1.    Der Antrag wird zur Kenntnis genommen.

2.    Auf Grundlage des im Rahmen der Baugebietsentwicklung „Südlich Lerchenhain“ erstellten verkehrlichen Gutachtens von SHP, welches von den vier Maßnahmenvorschlägen zur Verbesserung der straßenräumlichen Situation im Umfeld der Bodelschwinghstraße, Steinstraße, Lerchenhain sowie Dülmener Straße Maßnahme IV als guten Kompromiss vorschlägt, wird von einer Einrichtung einer Einbahnstraßenregelung sowie der Durchführung von Verkehrsversuchen aus Kapazitäts- als auch Kostengründen abgesehen.

 


Sachverhalt:

Am 30.03.2023 ist der Gemeinde Nottuln ein Bürgerantrag nach § 24 GO NRW eingegangen, in dem die Durchführung von Verkehrsversuchen zur Entlastung der Erschließungsstraßen im Nottulner Süden – beginnend mit der Einrichtung einer Einbahnstraßenregelung an der Bodelschwinghstraße - angeregt wird.

 

Grundlage für die Anregung ist die Aussage, dass die verkehrliche Belastung der Bodelschwinghstraße, Dülmener Straße, Lerchenhain und der Steinstraße aufgrund der Bebauungen der letzten drei Jahrzehnte erheblich zugenommen habe und eine Einrichtung einer Einbahnstraßenregelung and der Bodelschwinghstraße führe dazu, dass der Durchgangsverkehr um mindestens die Hälfte reduziert werde und so zu einer spürbaren Entlastung des Straßennetzes und der Anwohnenden führe.

 

Zur Ermittlung der Wirksamkeit einer solchen Maßnahme wird vorgeschlagen, den Versuch in drei Phasen durchzuführen:

 

-       Phase 1: Geschwindigkeitsmessungen und Verkehrszählungen vor Maßnahmenbeginn zur Erfassung der Grundbelastung

-       Phase 2: Einjährige Durchführung mit begleitenden Geschwindigkeitsmessungen und Verkehrszählungen zur Ermittlung des Entlastungspotenzials

-       Phase 3: Aufhebung der Einbahnstraßenregelung mit begleitenden Geschwindigkeitsmessungen und Verkehrszählungen zur Feststellung des Rebound-Effektes

 

Die Erfassung sowie Auswertung der dort ermittelten Daten soll durch Mitarbeitende der Gemeindeverwaltung durchgeführt werden. Die Ergebnisse sollen einerseits dazu beitragen, dass bei einer positiven Entwicklung auf der Bodelschwinghstraße eine dauerhafte Einbahnstraßenregelung eingerichtet wird sowie andererseits, um weitere Verkehrsversuche an belasteten Straßennetzen im Gemeindegebiet zu planen und durchzuführen.

 

Im Rahmen der Baugebietsentwicklung „Südlich Lerchenhain“ wurden in den vergangenen Jahren die verkehrlichen Auswirkungen auf den süd-östlichen Bereich Nottulns - vor dem Hintergrund bestehender Kritiken bezüglich einer unverträglichen Belastung im betroffenen Straßennetz - untersucht und geeignete Maßnahmen abgeleitet. Dazu wurde die straßenräumliche Situation im Nottulner Süden betrachtet, an zahlreichen Knotenpunkten Verkehrszählungen durchgeführt sowie Berechnungen von zusätzlichem Verkehrsaufkommen durch das geplante Baugebiet angestellt (vgl. Anlage 2).

 

Die Ergebnisse der Verkehrserhebungen, unter Berücksichtigung der Berechnungen des zusätzlichen Verkehrsaufkommens im Rahmen der Baugebietsentwicklung, zeigen, dass die „Wohnquartiere im Umfeld Bodelschwinghstraße, Steinstraße und Lerchenhain […] neben dem Ziel- und Quellverkehr der Bewohner durch den vorhandenen Durchgangsverkehr belastet [werden]“ (ebd., S. 13). Das Gutachten stellt jedoch auch fest, dass „das Verkehrsaufkommen grundsätzlich doch abgewickelt werden [kann] [und dies] in Bezug auf die vorliegenden Regelwerke möglich [ist]“ (ebd.).

 

Das Gutachten legt nahe, den Durchgangsverkehr mit entsprechenden Maßnahmen zu reduzieren, was einerseits eine Verbesserung der Aufenthalts- und Wohnqualität, jedoch andererseits eine Verschlechterung der Erschließungsqualität sowie Umwege für die Bewohner:innen zur Folge hat (vgl. ebd., S. 15).

 

Dazu werden vier Maßnahmenkategorien vorgeschlagen, bewertet und verglichen (vgl. ebd., S. 16 ff.):

-       Maßnahme I: Reduzierung des Durchgangsverkehrs durch bauliche Maßnahmen

-       Maßnahme II: betriebliche Maßnahmen in Form von Beschilderung

-       Maßnahme III: vollständige Vermeidung des Durchgangsverkehrs mit Pollern

-       Maßnahme IV: vollständige Vermeidung des Durchgangsverkehrs mit Hilfe von Beschilderungen

 

Maßnahme II – Teilentlastung vom Durchgangsverkehr – greift die im Antrag geforderte Einbahnstraßenregelung auf. Durch die Einrichtung einer Einbahnstraße „auf einem kurzen Abschnitt der Bodelschwinghstraße auf Höhe des Nonnenbachs […], in dem keine Zuwegung zu den Grundstücken erfolgt“ (ebd., S. 21 f.), wäre das Wohnquartier Steinstraße/Lerchenhain über die Bodelschwinghstraße weiterhin erreichbar, während der Quellverkehr über die Dülmener Straße abgewickelt wird. Ebenso wäre laut Gutachten die Errichtung der Einbahnstraße in Gegenrichtung möglich. Zudem ist angedacht, den südlichen Abschnitt der Steinstraße für die Durchfahrt zu beschränken (vgl. ebd.).

 

Weiterhin „besteht die Möglichkeit einer etwas weniger strikten Umsetzung durch eine ‚unechte Einbahnstraße‘, […] bei [der] die Zufahrt in eine Straße bzw. einen Straßenabschnitt nur von einer Seite aus zulässig [ist]“ (ebd., S. 22). Dies wäre für Anwohnende verträglicher, da Quellverkehre den Abschnitt in beide Richtungen verlassen könnten, für Zielverkehre jedoch die Einbahnstraßenregelung gelte (vgl. ebd.).

 

Im Rahmen der gutachterlichen Bewertung werden als Vorteile die wirksame Einschränkung des Durchgangsverkehrs, die Verbesserung der Verkehrssicherheit, die Erhöhung der Wohn- und Aufenthaltsqualität sowie der geringe Umsetzungsaufwand hervorgehoben. Ein wesentlicher Nachteil ist jedoch die damit einhergehenden Verkehrsverlagerungen, die über alternative Routen abgewickelt werden müssen. Weiterer Nachteil ist, dass sich die Erschließungsqualität für Anwohnende verschlechtert. Auch die Einführung als „unechte Einbahnstraße“ wird als nachteilig bewertet, da hierbei die Gefahr der Nichtbeachtung der Verkehrsregelung besteht (vgl. ebd., S. 23).

 

Die anderen drei vorgeschlagenen Maßnahmen haben jede für sich genommen, unterschiedliche Vor- und Nachteile. Zur besseren Vermeidung des Durchgangsverkehrs sowie zur Erhaltung einer hohen Erschließungsqualität für Anwohnende, kommt das Gutachten zu dem Entschluss, dass „Maßnahme IV alle Kriterien gut erfüllt“ (ebd. S.34).

 

Maßnahme IV schlägt vor, „dass bereits zu Beginn der Bodelschwinghstraße eine Beschilderung mit dem Zeichen 250 nach StVO (Verbot für Fahrzeuge aller Art) angeordnet wird. Unter dem Schild erfolgt der Zusatz, dass die Zufahrt sowohl für Anliegerverkehr als auch für den Rad- und Fußverkehr weiterhin zulässig ist. Dieselbe Beschilderung erfolgt am Knotenpunkt Bodelschwinghstraße/Steinstraße in Richtung der Bodelschwinghstraße“ (ebd. S. 26). Der Vorteil liegt darin begründet, dass sich für Anwohnende keine gravierenden Nachteile bzgl. der Erschließungsqualität ergeben und der Durchgangsverkehr vollständig auf Alternativrouten verlagert wird, was gleichzeitig die Verkehrssicherheit im Quartier erhöht. Ein Nachteil ist jedoch auch, dass es zur Missachtung der Verkehrsregelung kommen kann, die nur durch regelmäßige Kontrollen sichergestellt werden kann, die dauerhaft kaum durchführbar sind (vgl. ebd., S.27 ff.).

 

Auf Grundlage der vorliegenden gutachterlichen Untersuchung der verkehrlichen Auswirkungen auf den süd-östlichen Bereich Nottulns - auch unter Berücksichtigung der des zusätzlichen Verkehrsaufkommens im Rahmen der zukünftigen Baugebietsentwicklung – wurden geeignete Maßnahmen zur Reduktion des Durchgangsverkehrs aufgezeigt. Da Maßnahme IV einen guten Kompromiss aufzeigt und alle Kriterien erfüllt, schlägt die Gemeindeverwaltung vor, von einer Einrichtung einer Einbahnstraßenregelung abzusehen.

 

Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Durchführung von Verkehrsversuchen,  insbesondere die Erfassung und Auswertung solcher Verkehrsdaten vor und nach Versuchsende in einem solchen Umfang durch Mitarbeitende der Gemeindeverwaltung, aufgrund fehlender technischer Ausstattung und fehlender zeitlicher sowie personeller Ressourcen für die Auswertung nahezu unmöglich ist. Um belastbare Zahlen zu generieren, müssen zudem parallel an zahlreichen Knotenpunkten Verkehrszählungen durchgeführt werden. In Vergangenheit wurde daher auf externe Dienstleister/Ingenieurbüros zurückgegriffen, um solche Verkehrsdaten in ausgewählten Zeiträumen zu erfassen und auszuwerten. Die Beauftragung eines solchen Büros ist wiederum mit zusätzlichen Kosten verbunden, die an dieser Stelle nicht beziffert werden können.

 

Weiterhin sei darauf hingewiesen, dass bei der Aufstellung von Bauleitplänen die öffentlichen und privaten Belange berücksichtigt werden müssen und gegeneinander und untereinander abzuwägen sind. Um dies sachgerecht durchführen zu können werden diverse Gutachten in Auftrag gegeben. Im Rahmen einer Baugebietsentwicklung – wie beispielsweise Südlich Lerchenhain – wo zu erwarten ist, dass sich eine solche Entwicklung auf den Verkehr auswirkt, wird die Gesamtsituation von Netz und Straßenräumen durch externe Planungsbüros – wie auch hier erfolgt - überprüft. Auf Grundlage dieser bisherigen Praxis schlägt die Gemeindeverwaltung darüber hinaus vor, aus Kapazitäts- und Kostengründen von der Durchführung derartiger Verkehrsversuche abzusehen.

 


Finanzielle Auswirkungen:

Derzeit keine.

 


Anlagen:

Anlage 1: Antrag Dr. Bachhausen

Anlage 2: SHP (2023): Verkehrsuntersuchung zur Erschließung des Baugebiets „Südlich Lerchenhain“