Betreff
Änderung des Regionalplans Münsterland; Beteiligung der in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen gem. § 9 (2) Raumordnungsgesetz (ROG)
Vorlage
136/2023
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

1.    Die Verwaltung wird beauftragt folgende Stellungnahme im Rahmen der Beteiligung gem. § 9 (2) ROG zur Änderung des Regionalplans Münsterland fristgerecht bis zum 30.09.2023 abzugeben:

„Die Gemeinde Nottuln begrüßt grundsätzlich die geplante Zuweisung der vorgesehenen Flächenkontingente für eine weitere kommunale Siedlungsentwicklung. Zudem wird die neue Methodik der zeichnerischen Festlegung von Potenzialbereichen ausdrücklich befürwortet. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die herangezogene Bedarfsberechnung von IT NRW eine schlechtere Entwicklung im Kreis Coesfeld aufzeigt.

Die zukünftige Wirtschafts- und Siedlungsentwicklung der Gemeinde Nottuln darf nicht aufgrund der Wahl der konservativeren Bedarfsberechnung (hier: IT NRW) eingeschränkt werden. Es bedarf vielmehr einer kontinuierlichen und bedarfsgerechten Bewertung der zugeteilten Flächenkontingente, die einer ggf. positiveren kommunalen Entwicklung nicht entgegenstehen darf.

Durch die Aufnahme des Ziels III 1-3 (2) innerhalb der textlichen Festlegungen besteht jedoch die Möglichkeit bei einem nachgewiesenen Bedarf zusätzliche Flächenkontingente zugeteilt zu bekommen. Dies wird seitens der Gemeinde begrüßt und auf Frage der Handhabung hingewiesen.

Der politische Wille der Gemeinde Nottuln liegt gemäß der Aufhebung der Konzentrationszonen in einer allgemeinen Privilegierung der Windenergie, die nach In-Kraft-Treten der Regionalplanänderung nicht mehr gegeben ist. Mit Blick auf privilegierte Einzelanlagen ist es wichtig, dass laufende Projekte genehmigungsfähig bleiben und realisiert werden können, wenn sie mit dem kommunalen Planungswillen vor Ort vereinbar sind.

Vor diesem Hintergrund bestehen keine Bedenken gegenüber dem vorliegenden Entwurf zur Änderung des Regionalplanes seitens der Gemeinde Nottuln. Es wird darüber hinaus lediglich auf redaktionelle Änderungen hingewiesen.“

2.    Die Verwaltung wird beauftragt, die stadtregionale Stellungnahme mit der Forderung zu unterstützen, die überdurchschnittlich großen Bedarfe der Stadtregion als Boomregion anzuerkennen und diese somit besser mit ASB- und GIB-Potenzialen auszustatten.


Sachverhalt:

Die Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP NRW) ist mit der Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt am 05.08.2019 rechtskräftig geworden. Aufgrund der geänderten übergeordneten Plangrundlage (LEP NRW) bedarf es einer Anpassung bzw. einer Änderung des daraus abgeleiteten Regionalplans Münsterland. Bei dem aktuellen Änderungsverfahren des Regionalplans Münsterland handelt es sich entsprechend um eine notwendige Anpassung des Regionalplans an den LEP NRW mit einem Zeithorizont bis 2045.

Der Regionalrat hat in der Sitzung am 16.12.2019 den Beschluss gefasst den Regionalplan Münsterland an den LEP NRW anzupassen. Dies stellt den Beginn des informellen Verfahrens zur Änderung des Regionalplanes dar. Am 12.12.2022 hat der Regionalrat den Aufstellungsbeschluss zur Änderung der Regionalplans gefasst. Der Aufstellungsbeschluss bezeichnet wiederum den formellen Beginn für das Verfahren zur Änderung des Regionalplans Münsterland.

 

Siedlungsflächenpotenzialmodell

 

Vor Beginn des aktuell formell stattfindenden Beteiligungsverfahrens fand im Rahmen von mehreren informellen Kommunalgesprächen eine Abstimmung mit den jeweiligen Kommunen statt. Gegenstand der Kommunalgespräche war insbesondere die Verortung der ermittelten Bedarfe an Bereichen für gewerbliche und industrielle Nutzungen (GIB) und an Allgemeinen Siedlungsbereichen (ASB). Als Datengrundlage zur Ermittlung der Bedarfe dient die Berechnung von IT NRW. Die Bedarfsentwicklung von 2021 prognostizierte einen Bedarf von 35 ha für den Wohnraumbedarf (ASB-Bedarf) und von 50 ha für den Bedarf an zusätzlichen Gewerbe- und Industrieflächen. Die erneute Bedarfsentwicklung von 2022 führte dann allerdings zu einer Reduzierung der Wohnraumbedarfsflächen auf 22 ha (-13 ha) und der gewerblich- und industriellen Bereiche auf 48 ha (-2 ha). Dies ist auf weniger prognostizierte Einwohner aus den Berechnungen von IT NRW zurückzuführen, die wiederum zu weniger Bedarfen führen. Insgesamt besteht somit ein summierter kommunaler Bedarf an zusätzlichen Siedlungsflächen von 70 ha. Die ermittelten Flächenbedarfe können grundsätzlich durch die Gemeinde im Rahmen der kommunalen Bauleitplanung in Anspruch genommen werden. Allgemein ist zu beachten, dass die ermittelten Flächenbedarfe einen Planungshorizont von über 20 Jahren (2045) aufweisen.

 

Eine wesentliche Änderung gegenüber der aktuellen zeichnerischen Festlegung im Regionalplan ist die geplante Darstellung von Potenzialflächen. Die sog. Potenzialflächen wurden in einem ersten Schritt innerhalb eines Suchradius von ca. 500 m um die bestehenden Siedlungsgebiete verortet. Das Verhältnis zwischen Potenzial- und Bedarfsflächen ist 1:3 - d.h. es wurden dreimal so viele Flächenkontingente (Potenzialflächen) in der zeichnerischen Darstellung verortet als es der ermittelte Bedarf an zusätzlichen Flächenkontingenten begründet. In der praktischen Umsetzung bedeutet das, dass der Gemeinde zur Verortung ihrer Bedarfsflächen das dreifache Flächenvolumen (Potenzialflächen) zur Verfügung steht. Durch das neue Verfahren wird den jeweiligen Kommunen somit ein größerer Handlungsspielraum eingeräumt. Im Vergleich zur aktuellen bedarfsgetreuen Darstellung ist dies aus Sicht der Gemeinde aufgrund der höheren Flexibilität auf kommunaler Ebene - insbesondere vor dem Hintergrund einer nicht immer gewährleisteten Flächenverfügbarkeit der regionalplanerisch festgelegten Bereiche (z.B. durch Eigentumsverhältnisse oder naturräumliche Gegebenheiten) - zu begrüßen.

 

Ortsteil Nottuln

·         weiterhin Darstellung der ASB (braun) + Darstellung von Potentialbereichen

als ASB P (braun schraffiert)

·         Weiterhin Darstellung der GIB (grau) + Darstellung von Potentialbereichen

als GIB P (grau schraffiert)

 

Der Baustoffhandel Mertens (Wellstraße 30, 48301 Nottuln) ist bisher nicht als GIB ausgewiesen. Die Fläche ist im Flächennutzungsplan der Gemeinde als Gewerbliche Baufläche dargestellt und es liegt auch ein Bebauungsplan vor. Dies ist ein Fehler im Regionalplanentwurf und es wird auf eine angepasste Darstellung im Regionalplan hingewiesen.

 

Die 76. (Südlich Lerchenhain) und 85. (Beisenbusch II) Änderung des Flächennutzungsplanes wurden in der ersten Jahreshälfte von der Bezirksregierung genehmigt. Es wird darauf hingewiesen, dass diese Bereiche nicht mehr als Potenzialflächen ausgewiesen werden, sondern als ASB und GIB.

 

Appelhülsen

·         weiterhin Darstellung der ASB (braun) + Darstellung von Potentialbereichen

als ASB P (braun schraffiert)

·         Weiterhin Darstellung der GIB (grau) + Darstellung von Potentialbereichen

als GIB P (grau schraffiert)

 

Darup und Schapdetten

·         Keine Darstellung der ASB- und GIB-Flächen

·         Ortsteile unter 2.000 Einwohner

 

Insgesamt ist durch die Nutzung vorhandener Siedlungsflächenreserven sowie der zusätzlichen Verortung weiterer ASB- und GIB-Potenzialflächen auf der übergeordneten Regionalplanungsebene auch zukünftig die Grundlage dafür gegeben, eine bedarfsgerechte Entwicklung in den Ortsteilen sicherzustellen.

 

Sollten die ermittelten Flächenbedarfe sich als nicht ausreichend herausstellen ist es möglich, dass im Einzelfall einer Kommune zusätzliche Flächenkontingente, die über den ursprünglich ermittelten Flächenbedarf hinausgehen, zugeteilt werden können. Im Rahmen der textlichen Festlegungen zur Änderung des Regionalplans Münsterland (siehe Anlage 2, S. 22) ist im Ziel III. 1-3 (2) eine entsprechende Ausnahme vorgesehen. Diese vorgesehene Ausnahme setzt entsprechende Nachweise voraus, die eine Überschreitung der geplanten festgelegten Bedarfe rechtfertigen. Durch eine solche „Öffnungsklausel“ soll eine Ausnahmeregelung, bzw. Möglichkeit zur Abweichung gegeben werden, die grundsätzlich begrüßt wird. Allerdings stellt sich die Frage der Handhabung in der Praxis.

 

Erneuerbare Energien

Durch das vom Bund beschlossene Wind an Land Gesetz (WaLG) wird ein Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) eingeführt, das erstmalig verbindliche Flächenziele (Flächenbeitragswerte) vorgibt. Das Land Nordrhein-Westfalen hat sich danach verpflichtet, bis zum 31.12.2027 mindestens einen Flächenanteil von 1,1% und bis zum 31.12.2032 von 1,8% der Landesfläche zu erreichen. Das Land muss nun bis zum 31.05.2024 in ihren Raumordnungsplänen auf dieser Grundlage verbindliche regionale Teilflächenziele festlegen.

 

Durch die Festlegung von Windenergiegebieten sollen im Regierungsbezirk Münster die

vom Bund durch das Windenergieflächenbedarfsgesetz festgelegten Flächenbeitragswerte erfüllt werden. Die dem Regierungsbezirk Münster angehörigen Kommunen erfüllen bereits jetzt den festgelegten Flächenbeitragswert von 2,13 %.

 

Der bisher geltende Regionalplan (2014) und der im Nachgang aufgestellte Sachliche Teilplan „Energie“ (2015) setzten auf dem Gemeindegebiet Nottuln insgesamt zwei Windenergiegebiete fest:

 

1.Buxtrup

2.Hastehausen

 

 

 

Die nun in der Auslegung befindliche Änderung des Regionalplanes zeigt, dass das Windenergiegebiet Buxtrup (Nr. 1) grundsätzlich übernommen, jedoch zeichnerisch entsprechend angepasst wurde und das Windenergiegebiet Hastehausen (Nr. 2) übernommen wurde.

 

In den neuen regionalplanerischen „Windenergiebereichen“ sind WKA privilegiert zulässig; außerhalb nur im Einzelfall als „sonstige Vorhaben“ gemäß §35 Abs. 2 BauGB (keine Beeinträchtigung öffentlicher Belange, erfordert Bauleitplanung) also kein absoluter Ausschluss mehr.

 

Aktuell werden auf dem Gemeindegebiet die Windenergieanlagen noch durch zwei ausgewiesene Windkonzentrationszonen (oben dargestellt) im Bereich Buxtrup (Nr. 1) und Hastehausen (Nr. 2) gesteuert. Diese beiden Konzentrationszonen wurden mit der 45.Flächennutzungsplanänderung in Kraft gesetzt. Mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.10.2020 (Az. 4 CN 2/19, Revisionsentscheidung zu einem Musterfall des OVG NRW vom 06.12.2017, Az. 7 D 100/15.NE) wurden im Nachhinein die Anforderungen an die Bekanntmachung derartiger Planungen unter dem Aspekt, dass den Bürger:innen insbesondere die Ausschlusswirkung nachdrücklich und nachvollziehbar vor Augen geführt werden müsse, neu definiert. Aufgrund der Tatsache, dass sich die Planurkunde auf die zwei Teilbereiche beschränkt und die Ausschlusswirkung außerhalb der Konzentrationszonen nicht eindeutig zu erkennen ist, entspricht die Bekanntmachung diesen Anforderungen nicht. Eine entsprechende Rechtsexpertise wurde durch die Kanzlei Baumeister Rechtsanwälte mit Datum vom 21.09.2022 (Verfasser: Rechtsanwältin Dr. Garthaus) übermittelt. Hier wurde auf weitere Rechtsmängel hingewiesen. Eine „einfache“ Heilungsmöglichkeit durch eine Neubekanntmachung scheidet aufgrund zahlreicher materieller Mängel der damaligen Planung aus. Diese Mängel wurden im Laufe der Jahre durch die Rechtsprechung in vielen vergleichbaren Planungen herausgearbeitet. Darüber hinaus wurde durch das „Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land“ (Wind-an-Land- Gesetz, ein Artikelgesetz das u.a. das Baugesetzbuch geändert hat) die Steuerungsmöglichkeit nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für Windenergienutzung abgeschafft und auch die Übergangsregelungen wurden so eng gefasst, dass eine Neuplanung nun nicht mehr durchführbar ist (Frist für die Wirksamkeit 01.02.2024).

 

Das Planungsziel dieser 86. Änderung des FNP ist die ersatzlose Aufhebung der Konzentrationszonendarstellung einschließlich der Höhenbegrenzung und Ausschlusswirkung. Da durch diese Aufhebung die allgemeine Privilegierung der Windenergienutzung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB wiederhergestellt wird, gibt es auch keinen Widerspruch zu den aktuell geltenden regionalplanerischen Zielen.

 

Der politische Wille der Gemeinde liegt somit in einer allgemeinen Privilegierung der Windenergie, die nach In-Kraft-Treten der Regionalplanänderung nicht mehr gegeben ist. Mit Blick auf privilegierte Einzelanlagen ist es wichtig, dass laufende Projekte genehmigungsfähig bleiben und realisiert werden können, wenn sie mit dem kommunalen Planungswillen vor Ort vereinbar sind. Denn die Gemeinde Nottuln befindet sich derzeit in vielen Gesprächen bezüglich der Umsetzung möglicher Windenergieanlagen mit dem vorrangigen Ziel der regionalen Wertschöpfung.

 

Da es sich in diesem Fall nicht um eine Neuaufstellung, sondern um eine Änderung des Regionalplanes handelt, können Stellungnahmen nur zu den entsprechenden Änderungspunkten abgegeben werden. Alle übrigen Planinhalte sind dementsprechend nicht Gegenstand der aktuellen Beteiligung gem. § 9 (2) ROG.

 

Aktuell findet die Beteiligung durch Auslegung der Planunterlagen gem. § 9 (2) ROG i.V.m. § 13 LPIG NRW in der Zeit vom 06.03.2023 bis einschließlich dem 30.09.23 statt. Die Planunterlagen umfassen neben dem Änderungsentwurf (zeichnerische Festlegung), textliche Festlegungen, die Begründung und Erläuterung sowie zusätzliche Erläuterungskarten. Stellungnahmen können in dieser Zeit vorzugsweise über das Beteiligungsportal des Landes unter www.beteiligung.nrw.de abgegeben werden. Sämtliche Unterlagen zur aktuellen Öffentlichkeitsbeteiligung stehen auf der Homepage der Bezirksregierung Münster zur Verfügung und sind unter dem folgenden Link abrufbar:

Bezirksregierung Münster – Änderung des Regionalplans Münsterland (bezreg-muenster.de)

 

Im Kontext der interkommunalen Zusammenarbeit soll über die gemeindliche Stellungnahme hinaus eine Stellungnahme der Stadtregion Münster abgegeben werden (siehe Anlage 1). Inhaltlich wird sie auf den insgesamt großen Bedarf in der Stadtregion als Boomregion abzielen, der in der Berechnungsgrundlage keine gesonderte Berücksichtigung findet. Es soll die Forderung aufgestellt werden, der Stadtregion insgesamt mehr ASB- und GIB-Potenziale zur Verfügung zu stellen.

 


Finanzielle Auswirkungen:

keine


Anlagen:

Anlage 1:       Stellungnahme der Stadtregion Münster zu der Änderung des Regionalplans Münsterland