Betreff
Weitere Förderung für den Tierschutzverein Coesfeld, Dülmen und Umgebung e.V.
Vorlage
095/2022/1
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.    Es wird beschlossen, bis zu einem Betrag von 78.000 € der Übernahme von modifizierten Ausfallbürgschaften für Kreditaufnahmen des Tierschutzvereins Coesfeld-Dülmen und Umgebung für den Neubau des Tierheims in Coesfeld bis zu einer Summe von 658.000 € zuzustimmen.

2.    Eine Übernahme von Ausfallbürgschaften durch die Gemeinde Nottuln erfolgt nur, wenn die anderen Kommunen Coesfeld, Dülmen, Billerbeck, Rosendahl und Havixbeck sich bei der Absicherung der Darlehensaufnahmen des TSV mit den in dieser Vorlage aufgeführten anteiligen Beträgen durch modifizierte Ausfallbürgschaften beteiligen.

 

 

 

 


Sachverhalt:

 

Am 14.12.2021 hatte der Rat der Gemeinde Nottuln (Vorlage 124/2021) auf Anregung des Tierschutzvereins Coesfeld, Dülmen und Umgebung e.V. (TSV) beschlossen, für den Neubau des Tierheims in Coesfeld einen Investitionskostenzuschuss von 15.000 € 2022 haushaltsmäßig bereitzustellen. Ähnliche Beschlüsse erfolgten in den Nachbarkommunen Coesfeld, Dülmen, Billerbeck, Rosendahl, Havixbeck und Reken, so dass insgesamt 135.000 € an Zuschüssen beschlossen wurden. Der vorgenannte Zuweisungsbetrag wurde zum Tierheimbau zur Aufrechterhaltung der folgenden Dienstleistung beantragt: „Aufnahme von Tieren von Bürgern, die sich in Notsituationen (chronische Erkrankung, Beißvorfall, Umzug ins Seniorenheim usw.) befinden. Wegen des Dereliktionsverbotes ermöglicht der TSV mit der neuen Einrichtung Tierheim die einzige Möglichkeit, legal das Eigentum an Tieren aufzugeben, wenn diese nicht verantwortungsvoll privat untergebracht werden können.“

 

Darüber hinaus hatte der TSV im Februar bei den vorgenannten Kommunen (siehe auch Schreiben vom 09.02.2022) um eine weitere Unterstützung in Form von modifizierten Ausfallbürgschaften für Darlehensaufnahmen zur Finanzierung des Tierheimneubaus in Coesfeld gebeten. Aufgrund verschiedener veränderter Rahmenbedingungen (Grundstücksproblematik zum Anfang des Projekts, Corona-Krise, Einstellung bisherige KfW-Förderung, Preissteigerungen durch Ukraine-Krise, kurze Bewilligungszeiträume der bewilligten Fördermittel)  ist der TSV in die derzeitige Situation geraten, dass der Bau des Tierheims bereits läuft, die Finanzierung aber nicht mehr gesichert ist.

 

 

Voraussetzungen einer Bürgschaftsübernahme

a) Nach § 87 Abs. 2 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) ist eine Bürgschaftsübernahme nur im Rahmen der Aufgaben der Gemeinde möglich. Eine Gemeinde hat bei einem gefundenen Tier (im Gegensatz zu herrenlosen Tieren) die Verpflichtung, ein abgeliefertes Tier aufzubewahren bzw. für die Unterbringung des Tieres bei einem Tierschutzverein die Unterbringungskosten zu tragen. Diese Verpflichtung entspringt aus der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB). Insoweit würde eine Bürgschaftsübernahme im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung der Gemeinde Nottuln erfolgen. Zwischen der Gemeinde Nottuln und dem TSV besteht ein Vertrag zur Unterbringung von Fundtieren gegen Zahlung einer Fundtierpauschale. Ohne Nutzungsmöglichkeit des Tierheims müsste die Kommune eigene Einrichtungen vorhalten.

 

b) Eine Bürgschaftsübernahme setzt des Weiteren voraus, dass eine Inanspruchnahme aus der Bürgschaft mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nicht erfolgt. Insoweit wurde ermittelt unter welchen wirtschaftlichen Bedingungen eine Bürgschaft gewährt werden kann.

In mehreren Gesprächen mit dem TSV wurde anhand der vom TSV bereitgestellten Unterlagen die als Anlage beigefügte „Finanzielle Darstellung des Projekts Tierheimbau“ einschließlich einer Wirtschaftlichkeitsberechnung erstellt. Herauszustellen ist, dass bei einem Investitionsvolumen von rd. 2 Mio. € der Verein ein Eigenkapital von knapp 1. Mio. € nachweisen kann. Der Restbetrag wird durch Fördermittel oder Darlehen finanziert.

Die Kommunen Dülmen, Coesfeld, Nottuln, Billerbeck, Rosendahl, Havixbeck haben sich verwaltungsseitig mehrfach abgestimmt und schlagen nach eingehender Prüfung des Projekts und der Situation die Übernahme von modifizierten Ausfallbürgschaften in der nachfolgend für die einzelnen Kommunen aufgeführten Höhe vor; dafür ist Voraussetzung, dass die Räte aller beteiligten Kommunen die Übernahme der Ausfallbürgschaften beschließen:

 

Stadt Dülmen:                    237.000 €

Stadt Coesfeld:                   184.000 €

Gemeinde Nottuln:              78.000 €

Stadt Billerbeck:                   53.000 €

Gemeinde Rosendahl:           53.000 €

Gemeinde Havixbeck:           53.000 €

 

Die vorgenannten Beträge stellen nur den obersten Rahmen da. Der TSV wird mit Blick auf eingehende Zahlungen die Darlehensaufnahmen nach dem Liquiditätsabfluss vornehmen. So kann es sein, dass aufgrund einer erwarteten Erbschaftszahlung ein geringerer Darlehensbedarf entsteht.

 

Die Gemeinde Reken, die sich an der Zuschussbereitstellung (s.o.) beteiligt hatte, übernimmt keine anteilige Ausfallbürgschaft, beteiligt sich aber an den - aus dem Projekt und insbesondere aus den Darlehensaufnahmen - resultierenden künftig höher ausfallenden Fundtierpauschalen. Die Gemeinde Reken hat dies u. a. damit begründet, dass sie sich bereits beim Bau des Tierheims in Ahaus (Kreis Borken) engagiert hat und das Tierheim in Coesfeld nachrangig genutzt werde.

 

 

Zum Risiko der Inanspruchnahme:

Die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme aus den Bürgschaften wird als gering eingestuft, weil der Schuldendienst für die zugrunde liegenden Darlehen letztlich durch eine erhöhte Fundtierpauschale der Kommunen oder andere Ausgleichsleistungen der Kommunen getragen werden soll.

 

Zudem sollen die Ausfallbürgschaften durch eine Sicherungshypothek im Grundbuch für das Tierheimgrundstück abgesichert werden. Dies hat für die Kommunen durchaus einen Wert, da sie ja ohne Tierheim gehalten wären, selber Einrichtungen für Fundtiere zu schaffen.

 

 

Dringlichkeit der Angelegenheit

Aufgrund verschiedener veränderter Rahmenbedingungen (Grundstücksproblematik zum Anfang des Projekts, Corona-Krise, Einstellung bisherige KfW-Förderung, Preissteigerungen durch Ukraine-Krise, kurze Bewilligungszeiträume der bewilligten Fördermittel)  ist der TSV in die derzeitige Situation geraten, dass der Bau des Tierheims bereits läuft, die Finanzierung aber nicht gesichert ist.

 

Zur Sicherung der Finanzierung ist eine Aufnahme von Darlehen erforderlich, die nur mit der Übernahme von Ausfallbürgschaften seitens der Kommunen möglich ist. Nach Aussagen des Vereins ist damit zu rechnen, dass es ohne Möglichkeit von Darlehensaufnahmen im Sommer voraussichtlich zu einem Baustopp kommen wird.

 

 

 

Erläuterungen zur Wirtschaftlichkeitsberechnung

Die Wirtschaftlichkeitsberechnung berücksichtigt den Kapitaldienst in Höhe der Zinsen und eine Abschreibung des Gebäudes für das laufende Ergebnis. Die Abschreibungsbeträge stehen liquiditätsmäßig für die Tilgung zur Verfügung. Der erforderliche Finanzierungbetrag für den Kapitaldienst von rd. 53.000 € resultiert aus einer noch vorzunehmenden Erhöhung der von den Kommunen zu zahlenden Fundtierpauschale, der so bemessen ist, dass die Deckung der Aufwendungen, die ein Mindestmaß darstellen, gewährleistet ist. Die hierfür erforderliche Änderung der zwischen dem TSV und den Kommunen bestehenden Fundtierverträge soll zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, wenn das Bauprojekt und die Darlehensaufnahmen abgeschlossen sind und die hieraus erwachsenden Kosten exakt ermittelt werden können; dies kann frühestens im 4. Quartal dieses Jahres erfolgen und würde dann zu einer Erhöhung der Fundtierpauschalen zum 01.01.2023 führen;. sofern betriebswirtschaftlich geboten, könnte gegebenenfalls im Einvernehmen der beteiligten Kommunen statt der Änderung der Fundtierverträge auch eine andere Form der Ausgleichsleistung gewählt werden.

 

Nach den vorliegenden Einnahmeüberschussrechnungen, hat der Verein in den letzten Jahren sowohl mit positiven wie auch negativen Ergebnissen abgeschlossen. Daher wurden bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung keine allgemeinen freien lfd. Vereinserträge berücksichtigt.

 

Es hat sich gezeigt, dass noch viele Unwägbarkeiten, z.B. hinsichtlich der Höhe der Baukosten und einer möglichen Verbesserung bei der Finanzierung, insbesondere durch noch zeitnah erwartete Bargelderbschaften, bestehen. Auch sind die Zinssätze für die Darlehen nicht fix. Zusätzliche Erträge werden auch bei einer erhöhten Pauschale für Pensionstiere gesehen. Diese sind vom Verein neben der Fundtierpauschale neu zu kalkulieren.

 

Mit dem Verein wurde abgestimmt, dass zukünftig eine Haushaltsplanung mit einer dreijährigen Prognose erstellt wird. Ziel ist es, die erforderliche Erhöhung der Fundtierpauschale wieder abzusenken.

 

Der Verein wird den Kommunen jährlich die Vermögensübersichten und die Einnahme/Ausgabenüberschuss-Rechnungen mit einer Erklärung der Steuerberaterin, dass außerplanmäßig erhaltene Zuwendungen zur Tilgung der bestehenden Darlehen eingesetzt wurden, vorlegen. Zudem ist jährlich die Kalkulation der Fundtierpauschale zu prüfen und ggfls. anzupassen.

 

 

EU-Beihilferecht

Es ist eine 100ige modifizierte Ausfallbürgschaft ohne Erhebung einer Bürgschaftsprovision angedacht. Das Ergebnis der dazu beauftragten EU-beihilferechtlichen Prüfung durch eine Rechtsanwaltsgesellschaft liegt mittlerweile vor. Eine EU-beihilferechtliche Relevanz ist nicht gegeben, so dass die Zuwendungen und Begünstigungen durch die Übernahme von Ausfallbürgschaften nicht dem Beihilfenverbot des Art. 107 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) unterliegen.

 

Auf eine Bürgschaftsprovision wird - wie in vergleichbaren Fällen - verzichtet.

 

 

Kommunalaufsicht

Gem. § 87 Abs. 2 GO NRW sind Entscheidungen der Gemeinde zur Übernahme von Ausfallbürgschaften unverzüglich, spätestens einen Monat vor der rechtsverbindlichen Übernahme, anzuzeigen. Die Stadt Coesfeld hat die Angelegenheit vorab von der Aufsichtsbehörde (Landrat des Kreises Coesfeld als Untere staatliche Verwaltungsbehörde) prüfen lassen. Nach telefonischer Mitteilung der Kommunalaufsicht vom 31.05.2022 (die unterzeichnete Verfügung lag zur Erstellung der Vorlage noch nicht vor) werden im Rahmen der Vorprüfung gegen die Übernahme einer modifizierten Ausfallbürgschaft keine Bedenken erhoben. Die Anzeigeverpflichtung jeder der zuvor genannten Kommunen bleibt hiervon unberührt.

 

Modifizierte Ausfallbürgschaften sind Bürgschaften, bei denen aus der Bürgschaft erst geleistet werden muss, wenn neben einer erfolglosen Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners auch alle für das verbürgte Engagement bestellten Sicherheiten verwertet worden sind. Sie unterscheiden sich insoweit von selbstschuldnerischen Bürgschaften, die von Gemeinden nicht übernommen werden dürfen.

 

 

 

 

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Bei Inanspruchnahme der Bürgschaft/en Erhöhung der bestehenden Verbindlichkeiten (Hinweis: voraussichtliche Erhöhung der Fundtierpauschale ab 01.01.2023 und damit Erhöhung des Aufwandes im Produktbereich Sicherheit und Ordnung)

 

 

 


Anlagen:

Anlage – Schreiben des TSV vom 09.02.2022