Betreff
79. Änderung des Flächennutzungsplanes „Konzentrationszonen Windenergie“
hier: Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses nach § 2 Abs. 1 BauGB
Vorlage
045/2022
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Der Beschluss des Rates zur 79. Änderung des Flächennutzungsplanes „Konzentrationszonen Windenergie“ (VL 039/2018) vom 29.05.2018 wird aufgehoben.


Sachverhalt:

Anforderung an die Gemeinde war es substanziellen Raum für die Nutzung der Windenergie (Anhaltswert: 10 % der Gemeindefläche nach Abzug harter Tabukriterien) bereitzustellen. Einfach ausgedrückt bedeutet in „substanzieller Weise Raum verschaffen“, dass die Windenergie im Außenbereich eine realistische Chance bekommen muss. Das ist dann nicht der Fall, wenn die Planung eine reine Verhinderungsplanung darstellt. Wegen dieser so genannten Feigenblattplanung ist, dass zwar Gebiete für die Windenergie vorgesehen werden, diese aber so ungünstig und so gering ausfallen, dass von einem Ausbau der erneuerbaren Energien praktisch keine Rede sein kann. Dieser Erforderlichkeit wollte die Gemeinde im Rahmen der 79. Änderung des Flächennutzungsplans nachkommen und neue Windkonzentrationszonen ausweisen. Dies hat der Rat der Gemeinde Nottuln am 29.05.2018 beschlossen.

 

Am 04.04.2019 fand eine öffentliche Informationsveranstaltung statt, in deren Rahmen die Planungen vom beauftragten Gutachter und der Verwaltung vorgestellt wurden. In der Zeit vom 05.04.2019 bis zum 08.05.2019 haben die Pläne zudem öffentlich ausgelgen; Stellungnahmen konnten in dieser Zeit abgegeben werden. Auf diesem Wege hat die Gemeinde Nottuln den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 BauGB zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung Rechnung getragen. Parallel hat auch die frühzeitige Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange stattgefunden (§ 4 Abs. 1 BauGB). Der Zeitpunkt der frühzeitigen Beteiligung wurde dabei gezielt so gewählt, dass die vorgelegten Planungen einen diskussionsfähigen Stand hatten, dabei aber noch nicht so weit waren, dass Änderungen schlechterdings nicht mehr hätten berücksichtigt werden können.

 

Im Rahmen der o.g. öffentlichen Informationsveranstaltung ist sodann deutlich geworden,

dass viele der im Saal anwesenden Personen mit dem derzeitigen Planungsstand unzufrieden

waren. Die Kritik konzentrierte sich dabei im Wesentlichen und ganz überwiegend auf die

Ausweisung einer potenziellen Konzentrationszone südlich des Ortsteils Schapdetten.

 

Aktuelle Situation und neue gesetzliche Vorgaben

Handlungsbedarf besteht, da im rechtskräftigen Flächennutzungsplan zu wenig Flächen für die Errichtung von Windenergieanlagen zur Verfügung stehen.

 

Es gibt allerdings eine neue gesetzliche Abstandsvorgabe der Landesregierung Nordrhein-Westfalens. Diese neuen Vorgaben sind durch das zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuches in Nordrhein-Westfalen vom 08. Juli 2021 bindend und sehen einen Mindestabstand von 1.000 m zu Wohngebäuden innerhalb zusammenhängend bebauter Ortsteile vor.

 

Diese neue Abstandsvorgabe führt zum Ausschluss vieler Flächen für die Windenergie und diese gesetzliche Abstandvorgabe müsste auch in der weiteren Konzentrationszonenplanung der Gemeinde Nottuln berücksichtigt werden.

 

Weißflächenanalyse für das Gemeindegebiet Nottuln

Die Weißflächenanalyse umfasst die vollständige Untersuchung des gesamten Gemeindegebietes von Nottuln, um diejenigen Flächen zu ermitteln, die nach Ausschluss aller Tabukriterien für die Errichtung von Windenergieanlagen zur Verfügung stehen.

 

Maßgebliche Ausschlusskriterien in der Analyse:

·         Zusammenhängende Wohngebiete (geschlossene Bebauung) & Gebiete mit Außenbereichssatzung, mit gesetzlicher Abstandsvorgabe:

Abstand = 1.000 m

·         Wohnhäuser im Außenbereich (mit Abstand):

Abstand = 500 m

·         Gewerbe- und Industriegebiete (mit Abstand):

Abstand = 100 m

·         Allgemeine Siedlungsbereiche:

z.B. Friedhöfe

·         Schutzgebiete:

z.B. Naturschutz, FFH-Gebiete, Biotope, Vogelschutzgebiete

·         Waldflächen:

Laub-, Misch- und Nadelwald

·         Verkehrsflächen/Infrastruktur:

Wege, Straßen, Bahntrassen, Leitungen, Flugverkehrsflächen

·         Gewässer:

Stehende & fließende Gewässer, Überschwemmungsgebiete, Moore

·         Tagebau:

z.B. Steinbruch

 

Die Flächenkulisse wird maßgeblich durch die Abstandsvorgaben zur Wohnbebauung bestimmt. Dabei sind die 1.000 m Abstand zu Wohnhäusern innerhalb einer geschlossenen Bebauung eine gesetzliche Vorgabe. Zusätzlich wurde ein 500 m Abstand zu Wohnhäusern im Außenbereich vorsorglich als Abstand gewählt, um eine optisch bedrängende Wirkung zu vermeiden und um Immissionsrichtwerte einzuhalten.

Schutzgebiete wurden ohne weitere Abstände ausgeschlossen und auch Waldflächen, da die Errichtung von Windenergieanlagen im Wald in waldarmen Gebieten, wie dem Münsterland, nicht infrage kommt.

 

Das Ergebnis der Weißflächenanalyse hat gezeigt, dass nur sehr wenige Flächen in Nottuln für die Errichtung von Windenergieanlagen infrage kommen und eine räumliche Steuerung durch die Ausweisung von Konzentrationszonen unter den von uns gewählten Bedingungen nicht mehr möglich ist, da durch die aktuelle Gesetzgebung ohnehin kaum mehr Raum für die Errichtung von Windenergieanlagen zur Verfügung steht.

 

Dies führt zum einen zu der Empfehlung die Windkonzentrationszonenplanung im Rahmen der 79. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde Nottuln einzustellen und zum anderen den Bebauungsplan Nr. 97 „Sondergebiete für Windkraftanlagen“ aufzuheben sowie den Flächennutzungsplan im Rahmen der 86. Änderung „Aufhebung Konzentrationszonen“ im Parallelverfahren zu ändern (siehe Vorlage 043/2022). Ziel ist die Freigabe des Stadtgebietes (Außenbereich) für die Errichtung von Windenergieanlagen. Hiermit wird die Gemeinde dem Erfordernis Rechnung tragen, der Windkraft in substanzieller Weise Raum zur Verfügung zu stellen. Windenergieanlagen sind privilegierte Vorhaben im Außenbereich und können gem. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB ermöglicht werden.

 

Das Bauplanungsrecht geht zunächst bundesweit von einem allgemeinen Bauverbot im sog.

Außenbereich aus (§ 35 BauGB). Der Gesetzgeber hat jedoch in § 35 Abs. 1 BauGB einen abschließenden Katalog von Vorhaben normiert, die notwendigerweise etwa wegen ihrer Eigenart regelmäßig auf einen siedlungsfernen Standort angewiesen sind. Diese Vorhaben, zu denen u.a. auch solche gehören, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung von Windenergie dienen (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB), sind deswegen im Außenbereich privilegiert zulässig. Insoweit sind Windenergieanlagen im Außenbereich jedenfalls bauplanungsrechtlich zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist. Eine entsprechende Prüfung findet antragsbezogen und in Abhängigkeit vom Anlagentyp im Rahmen eines bundesimmissionsschutzrechtlichen oder bauaufsichtlichen

Genehmigungsverfahrens statt, in das die Gemeinde über die Regelungen zum gemeindlichen Einvernehmen in § 36 BauGB eingebunden wird.

Wegen dieser augenscheinlich zunächst räumlich diffusen Verweisung der Windenergie in

den Außenbereich, der gerade in ländlichen Gemeinden nicht selten den überwiegenden

Flächenanteil des Gemeindegebiets ausmacht, verwundert es nicht, wenn öffentlich immer wieder eine „Verspargelung der Landschaft“ durch den „Wildwuchs“ von Windenergieanlagen diskutiert bzw. befürchtet wird. Eine unkontrollierte Errichtung von Windenergieanlagen im gesamten Stadtgebiet wird durch die neuen gesetzlichen Abstandsvorgaben allerdings verhindert.

 

Die Einstellung der Windkonzentrationsplanung im Rahmen der 79. Flächennutzungsplanänderung soll auch durchgeführt werden, da die Praxis und Rechtsurteile zeigen, dass eine Vielzahl von Flächennutzungsplänen, die Konzentrationszonen ausweisen, aufgrund von Rechtsmängeln keiner gerichtlichen Prüfung standhalten. Somit soll vorsorglich ein Rechtsstreit und der absehbare Ausgang mit seinen Rechtsfolgen vermieden werden. 

 


Finanzielle Auswirkungen:

Für die Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses entstehen keine weiteren Kosten.


Anlagen:

Anlage 1:       Planzeichnung 79. Änderung des Flächennutzungsplans