Betreff
Entwicklungsorientierte Wohnungsmarktbeobachtung in der Stadtregion Münster "eWoMaB" - Inhalte und Schlussfolgerungen
Vorlage
039/2022
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

1.       Der Rat nimmt den Bericht zur entwicklungsorientierten Wohnungsmarktbeobachtung in der Stadtregion Münster zur Kenntnis.

2.       Der Rat begrüßt die Erarbeitung eines wohnungs- und baulandpolitischen Zielkanons für die Stadtregion.

3.       Der Rat begrüßt die Erarbeitung eines stadtregionalen Wohnbaulandprogramms.

4.       Der Rat begrüßt die erweiterte Zusammenarbeit und Stärkung der Ansprechpartnerrun-de.

5.       Der Rat beauftragt die Verwaltung, zusammen mit den Partnerkommunen in der Stadtregion Münster die operative Unterstützung durch Aufbau einer regionalen Entwicklungsgesellschaft Wohnen zu prüfen.

6.       Der Rat beauftragt die Verwaltung, zusammen mit den Partnerkommunen in der Stadtregion Münster die Gründung einer interkommunalen Wohnungsbaugesellschaft zu prüfen.

7.       Der Rat beauftragt die Verwaltung, zusammen mit den Partnerkommunen in der Stadtregion Münster die Erarbeitung eines Regionalen Handlungskonzeptes Wohnen zu prüfen.

 


Sachverhalt:

Mit diesen gleichlautenden Beschlussvorschlägen für alle Kommunen der Stadtregion Münster wird der Bericht zur entwicklungsorientierten Wohnungsmarktbeobachtung („eWoMaB“) ab März 2022 in die Fachausschüsse und Räte eingebracht (siehe Anlage 2).

Die weiteren stadtregionalen Schritte im Rahmen des Leitprojektes „Wohnregion 2030“ sollen im Räte-treffen am 18.08.2022 bezüglich ihrer Machbarkeit und Umsetzbarkeit vorgestellt und zur Diskussion gestellt werden.

 

Zu 1

Die Städte und Gemeinden der Stadtregion Münster haben sich zusammengeschlossen, um das kommunale Handeln in stadtregionaler Verantwortung aufeinander abzustimmen. Mit dem Kontrakt und der strukturellen „Neuaufstellung“ wurde Ende 2018 ein Handlungskonzept mit zwei Leitprojekten beschlossen. Dabei zielt das Leitprojekt „Wohnregion 2030“ insbesondere darauf ab, als Grundlage zur Verbesserung der Wohnraumversorgung eine bedarfs- und nachfragegerechte Baulandbereitstellung anzustreben. Verbindung zum zweiten Leitprojekt „Velorouten“ besteht insofern, als dass die Baulandentwicklung die umweltfreundliche Mobilität und insbesondere den Radverkehr stärken und diesen integral in Planung und Realisierung mitdenken soll.

Mit der „Wohnregion 2030“ verfolgt die Stadtregion Münster eine gemeinsame Strategie mit dem Mehrwert und der Chance, durch stadtregionale Zusammenarbeit die Herausforderungen der Wohnsiedlungsentwicklung und der Wohnraumversorgung zu bewältigen.

2020 wurde das Büro Quaestio – Forschung und Beratung, Bonn, beauftragt, eine „Entwicklungsorientierte Wohnungsmarktbeobachtung in der Stadtregion Münster“ („eWoMaB“) zu erstellen, diese liegt nun in der finalen Fassung vom 17.02.2022 vor (siehe Anlage 1). Dahinter verbirgt sich der Anspruch, den regionalen Wohnungsmarkt im Sinne einer guten Wohnungsversorgung und einer insgesamt hohen Lebensqualität in gemeinsamer Verantwortung weiterzuentwickeln.

Zwei Fragestellungen waren bei der Erarbeitung handlungsleitend:

·         „Wie kann die Wohnbaupolitik in den Kommunen an die Marktentwicklung angepasst werden, um der Wohnraumnachfrage zukünftig besser und bedarfsgerechter entsprechen zu können?“

·         „Welche Beiträge zur Verkehrswende und zum Klimaschutz könnten in der Siedlungsentwicklung der Kommunen durch eine Weiterentwicklung/ Neuorientierung der stadtregionalen Wohnbaupolitik eröffnet werden?“

Der Bericht zur „eWoMaB“ ist nicht nur das Ergebnis einer Datenanalyse zum Wohnungsmarkt, er ist auch das Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit in den bestehenden Arbeitsstrukturen der Stadtregion, und das insbesondere in der Ansprechpartnerrunde (bestehend aus Mitgliedern der Planungs-verwaltungen aller Städte und Gemeinden der Stadtregion) und der „Bürgermeisterrunde“. Hier wurden die Arbeiten koordiniert, Zwischenergebnisse diskutiert und die benötigten Diskussions- und Entscheidungsgrundlagen erarbeitet. Dem stadtregionalen Beirat - mit Ratsmitgliedern aus der gesamten Stadtregion - wurden am 26.02.2020 die Zwischenergebnisse und am 02.11.2021 die Kernbotschaften der „eWoMaB“ erläutert und zur Diskussion gestellt.

Die Kernbotschaften aus der „eWoMaB“ sind:

·         Die Region ist attraktiv und wächst! Der Zuwachs an Einwohnern und Beschäftigten ist vor allem ein Ausdruck einer hohen Attraktivität der Region.

·         Die Region wächst zusammen! Die Verflechtungen wachsen sowohl bei den innerregionalen Berufspendler wie auch bei den Umzugsverflechtungen innerhalb der Region.

·         Das Wohnen wird teurer: Steigende Baukosten, steigende Bodenpreise bei einer Nachfrage, die das Angebot übersteigt.

·         Bezahlbarkeit des Wohnens: Die Diskrepanz zwischen Einkommensentwicklung und Wohnkostensteigerungen führt insbesondere bei Haushalten mit geringem Einkommen zu einer verschlechterten Bezahlbarkeit des Wohnens. Auch für mittlere Einkommen mit dem Wunsch zur Eigentumsbildung waren die Preissteigerungen der vergangenen Jahre problematisch.

Fazit ist, dass die Region wächst; doch der Wohnungsbau hinkt dem Nachfragedruck hinterher, so dass ein hoher wohnungs- und baulandpolitischer Handlungsbedarf besteht.

Mit der „eWoMaB“ liegen der Stadtregion erstmals eine zentrale Planungsgrundlage zur gemeinsamen interkommunalen Wohnraumentwicklung und gleichzeitig zentrale Empfehlungen zur Umsetzung wie auch weiteren Struktur der stadtregionalen Zusammenarbeit im Aufgabenfeld ‚Wohnregion 2030‘ vor. Eine Ausgangsbasis, die landesweit einmalig ist und die Chance bietet, auf einem validen Datenfundament weitere Instrumentarien einer qualifizierten Wohnbaulandentwicklung zu entwickeln, zu prüfen und umzusetzen. Damit generiert die „eWoMaB“ auch gleichzeitig einen inhaltlichen Rahmen des stadtregionalen Arbeitsprogramms der nächsten Jahre.

Mit Blick auf die vielfältigen Herausforderungen formuliert die „eWoMaB“ sechs zentrale Empfehlungen bzw. Optionen für die erweiterte stadtregionale Zusammenarbeit im Themenfeld Wohnungspolitik/ Wohnbaulandpolitik (siehe „eWoMaB“ Seite 40, ff.):

1.       Wohnungs- und baulandpolitischer Zielkanon für die Stadtregion

2.       Entwicklung eines stadtregionalen Wohnbaulandprogramms

3.       Stärkung der Ansprechpartnerrunde

4.       Operative Unterstützung durch den Aufbau einer Regionalen Entwicklungsgesellschaft Wohnen

5.       Gründung einer interkommunalen Wohnungsbaugesellschaft

6.       Regionales Handlungskonzept Wohnen

Die Verwaltungen der stadtregionalen Städte und Gemeinden bewerten die sechs Empfehlungen als wertvolle Anregungen zur Gestaltung ihrer künftigen Zusammenarbeit.

 

 

 

Zu 2   Wohnungs- und baulandpolitischer Zielkanon für die Stadtregion

Das Vorwort zum Wohnungsmarktbericht und das Kapitel 4.1 „Erweiterte Zielsetzungen einer stadtregionalen Wohnungspolitik“ des Berichtes thematisieren wesentliche qualitative Ziele und Ansprüche für die Wohnungspolitik in der Stadtregion insgesamt. Zur Verwirklichung der Ziele angesichts wachsen-der und neuer Herausforderungen (soziale, städtebauliche, ökologische und klimatische Anforderungen, Steigende Wohnkosten und Bodenpreise, Mobilitäts- und Versorgungserfordernisse, etc.) bedarf es auch neuer Lösungen im Städte- und Wohnungsbau.

Die Entwicklung und Umsetzung von Entwicklungslösungen vor Ort in zunehmend kontroverseren Diskussionen zur Bauland- und Wohnungspolitik könnte durch einen stadtregionalen Zielkanon unterstützt werden. Dieser sollte als Bezugspunkt, Entscheidungshilfe und Orientierungsrahmen in der kommunalen Wohnbaupolitik sowie zur Identifizierung von gemeinsamen Zukunftsaufgaben (Innovationspartnerschaften) dienen können.

Ein stadtregionaler Zielkanon konkretisiert und operationalisiert die oben genannten qualitativen Ziele und Ansprüche. Das bedeutet, er skizziert,

·         wie eine Verwirklichung der Ziele (wie zum Beispiel soziale Durchmischung, Bezahlbarkeit, Zukunftsfähigkeit)

·         in welchen Handlungsfeldern und auf welchen Wegen,

·         mit welchen Handlungsansätzen sowie mit welchen Maßstäben und Kennzahlen

in den verschiedenen Teilräumen der Stadtregion unterstützt werden kann.

Die stadtregionalen Verwaltungen der Städte und Gemeinden schlagen vor, einen stadtregionalen Zielkanon als Orientierungsrahmen für die kommunalen Baulandentwicklungen zu erarbeiten. Damit verbunden ist der Anspruch, diesen Zielkanon in kommunalpolitischen Diskussionen zu justieren und zu verankern.

Zu 3   Entwicklung eines stadtregionalen Wohnbaulandprogramms

Die Wohnbaulandbereitstellung sollte in Menge und Zeitpunkt nachfrage- und bedarfsgerecht sein. In einem gemeinsamen Wohnungsmarkt sind diesbezüglich gegenseitige Austausche und Berichterstattung nicht nur für die Wohnbaupolitik der Städte/Gemeinden sondern auch für ihre Infrastrukturentwicklungen wesentlich. Die Baulandklausur der stadtregionalen Kommunen dient hierzu dem Informationsaustausch unter den Verwaltungen.

Die stadtregionalen Verwaltungen schlagen vor, auf stadtregionaler Ebene und aufbauend auf der Baulandklausur mit einem gemeinsamen Wohnbaulandprogramm eine einheitliche Arbeitsgrundlage mit allen Wohnbauflächen, deren Umsetzung gesichert erscheint, zu erarbeiten. Dieses Programm zur gegenseitigen Berichterstattung in den Ratsgremien hilft verlässlichere Abschätzungen zu künftigen Wohnbaulandpotenzialen, ihren Planungs- und Erschließungskapazitäten und ihren Auswirkungen auf die Infrastruktur zu geben.

 

Zu 4   Erweiterte Zusammenarbeit und Stärkung der Ansprechpartnerrunde

In der Ansprechpartnerrunde arbeiten im Zusammenwirken mit der Geschäftsstelle Stadtregion seit vielen Jahren Fachbereichsleitungen der Umlandkommunen und führende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus mehreren Ämtern der Stadt Münster zusammen. Neben ihren Koordinations- und Fachaufgaben gemäß stadtregionalem Kontrakt hat sich diese Runde im Zuge der Wohnungsmarktbeobachtung neu zu einer planerischen und wohnbaupolitischen Fach- und Austauschplattform entwickelt und ihre Zusammenarbeit weiter intensiviert.

Die stadtregionalen Verwaltungen schlagen vor, diesen eingeschlagenen Weg fortzuführen und thema-tisch weiter zu entwickeln. Dazu zählen in näherer Zukunft beispielsweise die Pflege des stadtregionalen Datenpools, die regelmäßige Baulandklausur, die Erarbeitung eines stadtregionalen Zielkanons sowie eines fortschreibungsfähigen Wohnbaulandprogramms und ein systematischer Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer zur Begründung von Innovationen und fachlicher Qualifikation zur Wohnbaulandentwicklung. So hat in 2021 ein Workshop der Ansprechpartnerrunde zu kommunalen (liegenschaftlichen und vertraglichen) Strategien zur Schaffung von preiswertem Wohnraum mit Beteiligung der entsprechenden Fachämter der Stadt Münster stattgefunden.

 

Zu 5   Operative Unterstützung durch den Aufbau einer Regionalen Entwicklungsgesellschaft Wohnen

Angesichts der zunehmend arbeitsaufwändigeren komplexeren Planungsaufgaben agieren Planungs-verwaltungen an oder häufig jenseits der Kapazitätsgrenzen. Der Bedarf nach operativer Unterstützung bei der Wohnbaulandaktivierung und –entwicklung ist hoch, verschiedene Kommunen bedienen sich bereits externer Lösungen (externe Büros, NRW Urban) mit unterschiedlichen Erfahrungen. Die Diskussion dieser Rahmenbedingungen führte zu dem Handlungsansatz, in regionaler Trägerschaft ein Planungsteam Wohnen/ eine Entwicklungsgesellschaft zur operativen Unterstützung der Kommunen aufzubauen.

Die stadtregionalen Verwaltungen schlagen vor, die operative Unterstützung der Kommunen durch eine regionale Entwicklungsgesellschaft auf Machbarkeit und ihren Mehrwert gegenüber externen Leistungen zu prüfen und einen Umsetzungsvorschlag zu erarbeiten.

 

Zu 6   Gründung einer interkommunalen Wohnungsbaugesellschaft

Dem Segment der bezahlbaren oder mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungsbestände wird eine wachsende Bedeutung innerhalb der Wohnraumversorgung der Kommunen beigemessen. Insoweit bedürfen die Bestände an gefördertem Wohnungsbau einer Aufstockung. Eine diesbezügliche Investorensuche gestaltet sich oftmals schwierig, weil bei privatwirtschaftlichen Wohnungsunternehmen das Interesse an freifinanziertem Wohnungsbau überwiegt und weil gemeinwohlorientierte Unter-nehmen oftmals nicht über ausreichende Kapazitäten verfügen. Eine Schließung dieser Investorenlücke, insbesondere in dezentralen Lagen, und eine langfristige Sicherung eines bezahlbaren Wohnungsbestandes könnte durch ein kommunales Wohnungsbauunternehmen (ähnlich wie die Wohn + Stadtbau GmbH in Münster) erreicht werden. Eine Beschränkung auf ein Gemeindegebiet erscheint dabei weniger aussichtsreich als eine interkommunale Lösung in voraussichtlich wirtschaftlich sinnvollerer Größenordnung.

Die stadtregionalen Verwaltungen schlagen vor, die Machbarkeit zur Gründung einer interkommunalen Wohnungsbaugesellschaft zu prüfen und einen Vorschlag zur Umsetzung zu erarbeiten.

 

Zu 7   Regionales Handlungskonzept Wohnen

Mit dem Bericht zur „eWoMaB“ liegt eine analytische Grundlage zur Beurteilung der bisherigen Wohnungsmarktentwicklung und eine Ableitung von interkommunalen Handlungsansätzen vor.

In einem weiteren künftigen Schritt der stadtregionalen Kooperation gilt es, für eine gleichsam nachhaltige wie auch markt- und bedarfsgerechte Wohnraumversorgung den Blick in die Zukunft zu richten. Ein gemeinsames Handlungskonzept Wohnen könnte dabei mittelfristig das Ziel sein. In einem geeigneten dialogorientierten Prozess bedarf es einer Auseinandersetzung mit den zukünftigen Bedarfen/ Nachfragetrends (Abbildung möglicher Szenarien) und daraus resultierend einer Ermittlung der Anforderungen an die künftige Wohnbaupolitik in der Stadtregion. Diese bedürfen wiederum geeigneter Ab-gleiche mit den Baulandpotentialen, planerischen Zielvorstellungen und stadtentwicklungspolitischen Interessen der Kommunen. Daraus könnten, kalibriert im stadtregionalen Markt- und Entwicklungsgefüge, wohnungs- und baulandpolitische Schwerpunkte sowie boden- und liegenschaftspolitische Strategien zur Unterstützung der kommunalen Wohnbaulandentwicklungen generiert werden. Ein Handlungskonzept Wohnen könnte langfristig auch die Interessenvertretung gegenüber Land und Bezirks-regierung unterstützen.

Die stadtregionalen Verwaltungen schlagen vor, die Machbarkeit eines regionalen Handlungskonzeptes Wohnen zu prüfen und einen Vorschlag zur Umsetzung zu erarbeiten.

 


Finanzielle Auswirkungen:

Mit den Beschlusspunkten sind unmittelbar keine finanziellen Auswirkungen verbunden. Für etwaige Planungs- und Prüfaufträge stehen Haushaltsmittel im Budget der Stadtregion zur Verfügung. Darüber hinaus gehende Mittelerfordernisse würden gesonderte Beschlussfassungen in allen stadtregionalen Kommunen erfordern.

 


Anlagen:

Anlage 1:       Entwicklungsorientierte Wohnungsmarktbeobachtung in der Stadtregion Münster

Anlage 2:       Beratungstermine in den Kommunen der Stadtregion