Betreff
Dringlichkeitsbeschluss gemäß § 60 Gemeindeordnung NW

Abwägung einer Öffnung des Wellenfreibades unter Pandemiebedingungen
Vorlage
059/2020
Art
Beschlussvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Beschlussvorschlag:

 

Der folgende Beschluss erfolgt gem. § 60 Abs. 1 GO NRW im Rahmen eines Dringlichkeitsbeschlusses:

 

 

Alternative 1

Das Wellenfreibad wird am 30.05.2020 für die Sommersaison entsprechend der Sachverhaltsdarstellung geöffnet. Sollte sich aus dem gemeinsamen Jahresabschluss der Wasser- und Energieversorgung/Bäder zum 31.12.2020 ein negatives Jahresergebnis ergeben, wird der Verlust durch den Gemeindehaushalt ausgeglichen.

 

Alternative 2

Nach Abwägung der Sachverhaltsdarstellung wird das Wellenfreibad der Gemeinde Nottuln in der Sommersaison 2020 nicht geöffnet. 

 


Sachverhalt:

Am 06.05.2020 wurde durch die Landesregierung bekannt gegeben, dass ab 30.05.2020 Schwimmbäder öffnen dürfen; Freibäder bereits ab 20.05.2020. Vor dem Hintergrund der aktuell ungeklärten Situation und Unsicherheiten in der Lockerung von Maßnahmen haben Verwaltungs- und Betriebsleitung abgestimmt, den 30.05.2020 als frühestmöglichen Öffnungstermin für das Wellenfreibad zu wählen. Daraufhin hat die Betriebsleitung den Kontakt mit dem Gesundheitsamt des Kreises Coesfeld (GA) aufgenommen, um die Möglichkeiten einer Öffnung des Nottulner Wellenfreibades zu besprechen. Die Besprechung, erfolgte am 11.05.2020. Neben dem Vertreter des Gesundheitsamtes und drei Vertretern der Gemeindewerke, haben ein Vertreter der DLRG sowie der Pächter der Gastronomie des Wellenfreibades teilgenommen.

 

Der Vertreter des GA hielt es für ein sinnvolles Vorgehen, das Wellenfreibad (WFB) nicht bereits zum frühestmöglichen Öffnungstermin am 20.05.2020 in Betrieb zu nehmen, sondern die weitere Entwicklung auf Kreisebene zunächst abzuwarten. Die Inbetriebnahme des WFB habe lt. Vertreter des GA ausschließlich nach dem Pandemieplan des Bundesfachverbandes öffentliche Bäder zu erfolgen. Die Umsetzung des Pandemieplanes bietet keine Gewähr, dass die Sicherheitsabstände und Hygienevorschriften zu jeder Zeit eingehalten werden können.

 

Die wesentlichen Besprechungsergebnisse werden im Folgenden aufgeführt:

 

1.    Die Wellenanlage wird außer Betrieb bleiben, da bei Wellenbetrieb die Abstände im Wasser keinesfalls einzuhalten sind (wichtiges Alleinstellungsmerkmal entfällt).

2.    Die maximalen Besucherzahlen sind nach dem Hinweisblatt des Bundesfachverbandes öffentliche Bäder zu berechnen. Für das WFB sind das rd. 900 Besucher; davon ca. 1/3 im Wasser und ca. 2/3 auf den Liegeflächen.

3.    Für die Einhaltung der Abstandsregelungen im Wellenbecken, Sprungbecken, in den beiden Kleinkindbecken sowie auf der Liegewiese und dem Spielplatz ist in erster Linie der Betreiber verantwortlich; insofern ist ausreichend Personal abzustellen. Sofern das nicht möglich ist, müssen einzelne Einrichtungen vorübergehend geschlossen werden.

4.    Im Fall der Wasserrettung sind die Aufsichtskräfte nicht dazu verpflichtet „Atemspende“ zu geben.

5.    Die Sanitäranlagen „Duschbereiche“ bleiben geschlossen; ebenfalls die Sammelumkleiden. Es bestehen nur Duschmöglichkeiten mit Kaltwasser im Außenbereich.

6.    Die WC und Einzelumkleiden sind im eingeschränkten Umfang zu öffnen (tägliche Desinfektion erforderlich; bei starkem Besucherandrang besser 2x pro Tag).

7.    Es sind tägliche umfangreiche Desinfektionsarbeiten im Badbereich erforderlich; höherer Aufwand für die Reinigungsfirma.  

8.    Im Eingangsbereich sind Eingang und Ausgang zu markieren; über das Kassensystem sind die Gäste bei Zugang und Ausgang zu zählen, um die maximale Anzahl der Badegäste nicht zu überschreiten.

9.    Im Kassenbereich sind zum Schutz für die Beschäftigten Spuckschutzwände zu installieren.

10. Im Eingangsbereich sind Desinfektionsspender zu installieren; die Gäste müssen bei Betreten des Bades Mundschutz tragen, bis das Umkleidegebäude wieder verlassen wird (auf der Liegewiese und im Wasser also nicht).

11. Die Schlangenbildung vor dem Kassenbereich ist durch den Betreiber hinsichtlich der Abstandsregelungen zu überwachen. Insbesondere die Kontrollen bei Schlangenbildung an Schönwettertagen dürften sich als problematisch erweisen.

12. Für die Abstands- und Hygieneregelungen im Gastronomiebereich ist der Pächter verantwortlich; er wird sich dazu mit dem zuständigen Mitarbeiter beim Gesundheitsamt in Verbindung setzen.

13. Es ist neben dem Personal für die Wasser- und Betriebsaufsicht und den Kassenbereich zusätzliches Personal bereitzustellen, für den Eingangsbereich/ Parkplatz bei zu erwartender Schlangenbildung, für die beiden Kleinkindbecken sowie für die Liegewiesen und den Spielplatz; DLRG bietet da Unterstützung an.

 

Für den Verkauf von Saison- und Jahreskarten ergeben sich ggf. mehrere Problemlagen. Einerseits besteht während des Saisonverlaufes die Gefahr, dass per Verordnung des Landes NRW oder des Kreises Coesfeld die Bäder zumindest vorübergehend zu schließen sind. Andererseits besteht das Problem, dass durch die Begrenzung der maximalen Besucherzahl die Saison – und Jahreskarteninhaber nicht die Gewähr haben, jederzeit das WFB nutzen zu können, sofern die Obergrenze im Tagesverlauf erreicht wird. An Schönwettertagen wird das bereits in den frühen Morgenstunden sein. Insofern müssen sich Saison- und Jahreskartenkäufer auf die besondere Situation einstellen und selbst entscheiden, ob angesichts dieser Lage lieber der Tageseintrittstarif oder den Zehnerkartentarif genutzt wird.

 

An dieser Stelle wird auf die besondere Problematik hingewiesen, dass im Normalbetrieb an Schönwettertagen durchaus mit einem Besucherandrang von mehr als 2.000 Besuchern, an besonders attraktiven Tagen (Wochenende/Feiertag und Hitze) mit rd. 3.000 Besuchern gerechnet werden kann. Folglich werden sich, insbesondere in den Morgenstunden, erhebliche Warteschlangen bilden, was an heißen Tagen nicht gerade zu „guter Laune“ führen dürfte; insbesondere dann, wenn die maximale Besucherzahl erreicht ist und nicht alle Gäste Einlass gefunden haben. Der Bäderbetrieb wird ohne zusätzliche Unterstützung des gemeindlichen Ordnungsamtes nicht auskommen.

 

Der Betrieb eines Freibades unter den Restriktionen eines Pandemieplanes ist mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden. Diese ergeben sich hauptsächlich aus dem Umstand, dass einerseits zur Gewährleistung der Hygiene- und Abstandsregelungen mehr Personal bereitzustellen sein wird, andererseits aber mit weitaus weniger Badegästen zu rechnen sein wird.

 

Auf Basis des Wirtschaftsplanes 2020 für die Bäder wird damit gerechnet, dass das negative Ergebnis in Höhe von 693.000 € um rd. 80.000 bis 100.000 € ansteigen wird. Nach den Wirtschaftsplänen für die Gemeindewerke können im Verbund der Betriebszweige rd. 698.000 € aufgefangen werden, so dass ein Verlust der Bäder für das laufende Wirtschaftsjahr 2020 in Höhe von rd. von 75.000 € bis 95.000 € verbleibt.

 

Da Jahresverluste der Sondervermögen grundsätzlich durch den Gemeindehaushalt auszugleichen sind, hat das aufgezeigte Szenario Auswirkungen auf den Gemeindehaushalt und auf das freiwillige Konsolidierungskonzept.

 

Aus diesem Grund wird es für erforderlich gehalten, auch die wirtschaftlichen Auswirkungen des Szenarios „Wellenfreibadsaison 2020 entfällt“ zu betrachten. Ausgangspunkt der alternativen Überlegungen ist, dass die Tarifvertragsparteien im April den sogenannten Tarifvertrag „TV-Covid“ abgeschlossen haben. Dieser Tarifvertrag bietet die Möglichkeit der Kurzarbeit für den öffentlichen Sektor bei vorübergehender Schließung von Einrichtungen wie z.B. Theater, Museen oder Bäder. Würde das Wellenfreibad nicht öffnen, wären bei Umsetzung von Kurzarbeit bis Ende August nur anteilige Aufstockungsbeträge um 35% auf 95% erforderlich. Die hohen Betriebskosten des Wellenfreibades für Beheizung, Reinigung, Wartung und Instandhaltung würden für diesen Zeitraum entfallen, so dass davon ausgegangen werden kann, dass das geplante Defizit der Bäder von 693.000 € noch eingehalten werden kann, vorausgesetzt, dass Hallenbad könnte ab 01.09.2020 den Normalbetrieb aufnehmen. Alternativ zur Kurzarbeit bestünde auch die Möglichkeit, Beschäftigte der Bäder in anderen Bereichen der Gemeinde einzusetzen. Allerdings würden dann die Kostenbudgets in diesen Bereichen steigen; es würden dann aber auch tatsächliche Leistungen erbracht, was bei Kurzarbeit nicht der Fall wäre.       

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Betrieb eines Freibades unter den Bedingungen eines Pandemieplanes nur unter erheblichen Schwierigkeiten zu bewerkstelligen ist, zu tiefgreifenden Einschränkungen für die Badegäste führen wird und mit hohen finanziellen Aufwendungen für den Bäderbetrieb verbunden ist. Insofern ist abzuwägen, ob das Wellenfreibad unter diesen Voraussetzungen für eine Sommersaison 2020 öffnen soll oder nicht.

 

Vor dem Hintergrund des in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses vorgelegten Konsolidierungskonzeptes wurde zwischen Verwaltungsleitung und Betriebsleitung abgestimmt, dass auch die „Bäderfrage“ mit den Auswirkungen auf den Gemeindehaushalt sinnvollerweise in diesem Kontext beraten werden sollte.

 

Da zwischen dem Startsignal für eine mögliche Bäderöffnung bzw. den erforderlichen Abstimmungen mit dem Gesundheitsamt am 11.05.2020 und einer Inbetriebnahme am 30.05.2020 nur wenig Zeit für die weitere Umsetzung des Pandemieplanes und insbesondere die Personalbereitstellung verbleibt, schlagen Verwaltungs- und Betriebsleitung vor, einen Beschluss für eine Öffnung des Wellenfreibades in Verbindung mit einem Zuschuss an die Bäder zu fassen, oder einen Beschluss dahingehend, dass die Wellenfreibadsaison 2020 entfällt.

 

Gemäß § 60 der Gemeindeordnung NW entscheidet der Hauptausschuss in Angelegenheiten, die der Beschlussfassung des Rates unterliegen, falls eine Einberufung des Rates nicht rechtzeitig möglich ist. Die Vorlage soll im Rahmen der morgigen Haupt- und Finanzausschusssitzung beraten und beschlossen werden, auch wenn der Tagesordnungspunkte so bei der Erstellung der Tagesordnung noch nicht bekannt war. Alternativ bliebe nur ein zu fassender Dringlichkeitsbeschluss durch die Bürgermeisterin und einem Ratsmitglied. Da im Fall einer Öffnung des Wellenfreibades die Personalbereitstellung unverzüglich, möglichst noch in der laufenden Woche erfolgen muss, ist die Dringlichkeit gegeben.

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Zuschussbedarf Bäder aus dem Gemeindehaushalt rd. 75.000 € bis 95.000 € (Alternative 1)

 


Anlagen:

 

Keine Anlagen