Betreff
Antrag der FDP Fraktion im Rat der Gemeinde Nottuln vom 04.10.2019
Erstellung einer Wirtschaftlichkeits- und Potentialanalyse für die Errichtung eines Nahwärmeverbundes in Appelhülsen
Vorlage
038/2020
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Beschlussvorschlag der FDP Fraktion:

Die Gemeindewerke respektive die Gemeinde Nottuln prüfen die Möglichkeit der Errichtung einer Holzhackschnitzelanlage in einem der Nottulner Ortsteile, vorrangig in Appelhülsen, mit dem Ziel des Aufbaus einer örtlichen Nahwärmeversorgung in Form einer Potentialanalyse. Es wird geprüft, welche Förder- und Zuschussmöglichkeiten für ein solches Projekt bestehen.

 

Alternativvorschlag der Verwaltung:

Die Erstellung einer Wirtschaftlichkeits- und Potentialanalyse für die Errichtung eines Nahwärmeverbundes wird zurzeit nicht weiter verfolgt. Die Überlegungen werden wieder aufgenommen, sofern sich die Randbedingungen ändern sollten


Sachverhalt:

 

Der Antrag der FDP Fraktion im Rat der Gemeinde Nottuln vom 04.10.2020 wurde in der Sitzung des Rates der Gemeinde Nottuln vom 10.12.2019 an den Betriebsausschuss verwiesen und ist als Anlage beigefügt.

 

Die FDP Fraktion beantragt, die Gemeindewerke respektive die Gemeinde Nottuln prüfen die Möglichkeit der Errichtung einer Holzhackschnitzelanlage (HHA) in einem der Nottulner Ortsteile, vorrangig in Appelhülsen, mit dem Ziel des Aufbaus einer örtlichen Nahwärmeversorgung in Form einer Potenzialanalyse; einschließlich der Prüfung von Förder- und Zuschussmöglichkeiten für ein solches Projekt.

 

Die FDP Fraktion bezieht sich mit dem o.a. Antrag u.a. auf den Wärmeverbund Hummelbach, der im März 2011 in Betrieb gegangen ist und wirtschaftlich betrieben wird. Ob eine Nahwärmeversorgung auf der Basis regenerativer Energien wirtschaftlich betrieben werden kann, hängt aber in starkem Maße von den vorhandenen Gegebenheiten im geplanten Versorgungsbereich, sowie von den äußeren Randbedingungen, wie z.B. der Preissituation fossiler Brennstoffe, ab.

 

Für die Umsetzung weiterer Projekte der Wärmeversorgung ist es aus Sicht der Betriebsleitung erforderlich, einmal darzustellen, aus welchen Gründen sich der Wärmeverbund Hummelbach hinsichtlich einer wirtschaftlichen Umsetzung günstig dargestellt hat:

 

Im Jahr 2009 wurden durch die Gesellschaft- für Energieplanung und Systemanalyse mbH, Münster, die Möglichkeiten für eine alternative Energieversorgung im Rahmen einer Machbarkeitsstudie untersucht. Ausgangspunkte der Überlegungen waren seinerzeit, dass

 

-       die Gemeindewerke bereits seit der Jahrtausendwende eine Nahwärmeversorgung auf Basis einer Kraft-Wärme-Kopplung mit zwei Blockheizkraftwerken betrieben und einen privat betriebenen Sportpark sowie die kommunale Sporthalle Rudolph-Harbig-Straße mit Wärme und Strom versorgten

 

-       eine Vielzahl von Energieerzeugungsanlagen in den kommunalen Gebäuden abgängig, innerhalb der folgenden Jahre zu ersetzen und die Entfernungen zwischen den einzelnen Gebäuden relativ gering waren

 

-       an den möglichen Trassenverbindungen auch private Objekte mit einem relativ hohen Energiebedarf lagen

 

-       die Bäder ganzjährig einen relativ konstanten und hohen Energiebedarf hatten.

 

In mehreren Bauabschnitten von 2010 bis 2019 wurde der Wärmeverbund erweitert. Mittlerweile sind insgesamt 27 Liegenschaften an den Wärmeverbund Hummelbach angeschlossen. Insgesamt beträgt der Energiebedarf der versorgten Gebäude rd. 4,6 Mio. kWh pro Jahr. Davon werden durch die Gemeindewerke rd. 90% durch die Holzhackschnitzelanlage und die beiden BHKW bereitgestellt. Nur zu 10% erfolgt die Wärmelieferung durch den Gas-Spitzenlastkessel.

 

Die Investitionskosten für den Wärmeverbund in den Jahren 2010 bis 2019 betrugen insgesamt rd. 2,00 Mio. €. Es konnten KFW-Fördermittel realisiert werden in Höhe von rd. 0,25 Mio. € bzw. 12,50% der Investitionskosten. Die Finanzierung der Investition in Höhe von 1,75 Mio. € erfolgte durch Kreditaufnahmen.

 

Durch die aufgezeigten günstigen Randbedingungen konnte der Wärmeverbund Hummelbach aufgebaut und seit 2011 wirtschaftlich betrieben werden.

 

Die Betriebsleitung hat mit dem Geschäftsführer der Gesellschaft für Energieplanung und Systemanalyse GmbH, Münster, Herrn Zeine, sowie mit dem Projektingenieur Herrn Greter, Planungsbüro IBS, Bietigheim Bissingen, Kontakt aufgenommen und mit beiden über die Thematik „Aufbau einer neuen Nahwärmeversorgung“ gesprochen. Sowohl Herr Zeine als auch Herr Greter waren an der Umsetzung des Wärmeverbunds Hummelbach maßgeblich beteiligt.

 

Die Betriebsleitung kommt nach der bisherigen Recherche zu folgenden Ergebnissen:

 

  1. Der Aufbau einer Nahwärmeversorgung im Gebäudebestand stellt sich aufgrund der hohen Investitionskosten für Leitungsverlegungen in befestigten Bereichen voraussichtlich unwirtschaftlich dar. Die Verlegungskosten in befestigten Bereichen sind extrem gestiegen und liegen je nach Leitungsdimension bei 500 bis 1.000 € pro Meter.

 

  1. Eine Umstellung der Energieversorgung in einem bestehenden Siedlungsgebiet von einer Erdgasversorgung hin zu einer Wärmeversorgung, vorwiegend aus regenerativen Energien, würde  nur funktionieren, wenn sich ein Großteil der Grundstückseigentümer  dafür entscheiden würde. Wirtschaftlich negativ wäre der Wegfall von Einnahmen für den Gemeindehaushalt aus der Gas-Konzessionsabgabe zu bewerten.

 

  1. Für den Aufbau einer Nahwärmeversorgung in einem Neubaugebiet ist die Wettbewerbssituation zu berücksichtigen. Die veränderten Randbedingungen durch höhere Anforderungen an den Wärmeschutz, bauen im Passivhausstandard, Ausstattung der Gebäude mit PV-Anlagen oder der Einsatz elektrischer Wärmepumpen führen zu einem sehr geringen Restwärmebedarf in Neubaugebieten; was einerseits natürlich positiv zu bewerten ist, andererseits das Verhältnis von Leitungslänge zur Wärmeabnahmemenge verschlechtern würde.

 

  1. Durch die Klimaziele von EU und Bund wird es in den kommenden Jahren zu weiter steigenden Standards hinsichtlich einer effizienten Energienutzung kommen (Niedrigstenergiegebäude ohne externen Energiebedarf).

 

  1. Die Betriebsleitung hat die aktuellen Förderbedingungen nach dem Förderprogramm „Erneuerbare Energien“ für Biomasseanlagen zur Verbrennung fester Biomasse einmal geprüft. Danach haben sich die Förderbedingungen, auch hinsichtlich der Höhe der in den Jahren 2011 bis 2012 erzielten Fördermittel kaum verändert. Auch für ein neues Projekt in der Größenordnung des Wärmeverbundes Hummelbach würden rd. 250.000 € zu erzielen sein; allerdings werden die seinerzeitigen Investitionskosten von rd. 2,0 Mio. heutzutage angesichts der Kostenexplosion im Tief- und Anlagenbau nicht mehr auskömmlich sein.   

 

Auch wenn es unter Klimaschutzgesichtspunkten wünschenswert wäre, für die Nottulner Ortsteile eine Nahwärmeversorgung auf Basis regenerativer Energien aufzubauen, ist zurzeit nicht zu erkennen, dass angesichts der aufgezeigten Randbedingungen auch nur annähernd eine Wirtschaftlichkeit erreicht werden kann. Belastbare Zahlen würden sich allerdings erst durch die Aufstellung eines alternativen Wärmeversorgungskonzeptes ergeben. Ein solches Konzept kann die Betriebsleitung aber zurzeit guten Gewissens nicht vorschlagen. Die Überlegungen zur Aufstellung eines solchen Konzeptes sollten erneut aufgegriffen werden, sofern sich neue Randbedingungen ergeben sollten.

 

Lt. Information von Herrn Greter werden Nahwärmeversorgungskonzepte i.d.R. nur noch umgesetzt, sofern es aus umweltpolitischen Gründen gewünscht und eine Subventionierung in Kauf genommen wird.

 

 

Verfasst:

gez. Scheunemann

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

Kostenschätzung Potentialanalyse je nach Umfang rd. 25.000 – 30.000 €


Anlagen:

 

  1. Antrag der FDP Fraktion vom 04.10.2019