Betreff
Anregung/Beschwerde nach § 24 GO NRW
Vorlage
062/2016
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Die Eingabe wird als unzulässig zurückgewiesen.


Sachverhalt:

In der Ratssitzung am 15.03.16 wurde von einer unbekannten Person ein mit „Bürgerantrag“ betiteltes Schreiben überreicht, in dem die Beibehaltung der im Ausschuss für Gemeindeentwicklung, Umwelt und Ordnungswesen am 17.02.2016 beschlossenen Beschränkung der Bebaubarkeit des Plangebiets „Appelhülsen Dirksfeld“ auf max. 40 - 50 Wohneinheiten bzw. max. 100 Personen sowie eine Begrenzung auf eine zweigeschossige Bauweise gefordert wurde. Das Schreiben wies als Urheber lediglich die „Bürgerinitiative Dirksfeld“ aus, allerdings ohne Rechtsformzusatz. Natürliche Personen haben das Schreiben nicht unterzeichnet. Eine Internetrecherche ermöglichte ebenfalls keine Zuordnung natürlicher Personen zur „Bürgerinitiative Dirksfeld“.

Dem Schreiben waren mit einer Büroklammer mehrere Seiten einer Unterschriftenliste beigefügt, deren Unterzeichner sich gegen eine Flüchtlingsunterkunft am Ortseingang zu Appelhülsen sowie gegen eine Zuteilung von 200 bis 300 Asylbewerbern wenden.

 

Aus rechtlicher Sicht liegt darin keine wirksame Bürgeranregung bzw. –beschwerde gemäß

§ 24 GO NRW.

 

Eingaben im Sinne des § 24 GO NRW müssen schriftlich abgefasst sein und den Namen des Petenten erkennen lassen. Anonyme Anregungen und Beschwerden sind grundsätzlich ausgeschlossen (Rehn/Cronauge u.a., Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen, Kommentar,

§ 24 GO, II. 3., 40. Erg.). Vorliegend ist die Anregung nur einer „Bürgerinitiative Dirksfeld“ zuzuordnen, die wiederum nicht als eingetragener Verein auftritt, sondern (wenn überhaupt) als loser Personenzusammenschluss, dessen Mitglieder sich selbst nicht zu erkennen geben. Daran vermögen die mit einer Büroklammer beigefügten Unterschriftenlisten nichts zu ändern, da sich die Unterschriften gegen die Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft an einer bestimmten Stelle sowie gegen die Zuteilung von 200 oder mehr Flüchtlingen in Unterkünfte in Appelhülsen richten. Davon ist im Schreiben der „Bürgerinitiative Dirksfeld“ wiederum nicht die Rede, denn dort geht es allein um die Beschränkung der baulichen Nutzbarkeit des Plangebiets „Dirksfeld“. Mit der Unterbringung von Flüchtlingen hat dieser Bürgerantrag nichts zu tun, denn dessen Wortlaut bzw. die darin geforderte bauliche Nutzung steht einer eventuellen Nutzung durch max. 100 Flüchtlinge nicht entgegen – die Unterschriftenaktion richtet sich aber gerade gegen eine Flüchtlingsunterkunft an exakt dieser Stelle. Aus diesem Grund lassen sich die Personen, die sich in die Unterschriftenliste eingetragen haben, auch nicht der „Bürgerinitiative Dirksfeld“ zuordnen, da diese etwas anderes fordert als die Teilnehmer der Unterschriftenaktion bzw. die beiden Begehren inhaltlich inkongruent sind. Mithin ist der Bürgerantrag der „Bürgerinitiative Dirksfeld“ losgelöst von der beigefügten Unterschriftenliste zu betrachten. Es bleibt dabei, dass der Bürgerantrag der „Bürgerinitiative Dirksfeld“ anonym gestellt wurde und deshalb auszuschließen ist.

 

Bei isolierter Betrachtung könnte jedoch allein in der Unterschriftenliste eine Anregung gemäß § 24 GO NRW erblickt werden. Allerdings fehlt einer Eingabe, die sich nicht auf einen konkreten, bereits eingetretenen Sachverhalt, sondern auf einen ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses bezieht und für diesen Fall bereits jetzt eine Festlegung des Gemeindehandelns erreichen will, die erforderliche Bestimmtheit (Rehn/Cronauge, Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen, Kommentar, § 24 GO, II. 2., 40. Erg.). Sogenannte „Vorratsbeschlüsse“ können demnach nicht Gegenstand eines Bürgerantrags sein (VGH Kassel, Urt. V. 14.07.1988, DVBl. 1989, 162).

Vorliegend müssten zunächst, sofern überhaupt der Bau einer Flüchtlingsunterkunft realisiert werden soll, die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Die konkrete Umsetzung im Hinblick auf eine mögliche Nutzung der Wohnungen durch die Gemeinde soll in den zuständigen politischen Gremien zu einem späteren Zeitpunkt beraten werden.

Sofern die isolierte Unterschriftenliste als Bürgerantrag ausgelegt werden könnte, würde es ihm daher an Bestimmtheit mangeln, da durch ihn ein „Vorratsbeschluss“ im Sinne des VGH Kassel herbeigeführt würde. Er wäre demnach auch bei isolierter Betrachtung als unzulässig zurückzuweisen.

 

Davon abgesehen erfüllt die Unterschriftenliste nicht die Voraussetzungen eines Einwohnerantrags gemäß § 25 GO NRW, da es an der erforderlichen Unterzeichnung von mindestens fünf Prozent der Einwohner Nottulns gemäß § 25 Abs. 3 Nr. 1 GO NRW fehlt. Zudem enthält die Liste zwar die Namen und Vornamen der Unterzeichner, nicht jedoch ihre Geburtsdaten und Anschriften, wie es in § 25 Abs. 4 GO NRW gefordert wird.

Mithin ist die Eingabe als unzulässig zurückzuweisen.


Finanzielle Auswirkungen:

keine


 

Anlagen:

Antrag „Bürgerinitiative Dirksfeld“ nebst Unterschriftenliste