Betreff
Aufstellungsbeschluss Bebauungsplan Nr. 135 "Südlich Lerchenhain" und 76. Änderung des Flächennutzungsplans im Parallelverfahren
Vorlage
146/2014
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Ein Verfahren zur 76. Änderung des Flächennutzungsplanes sowie zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 135 „Südlich Lerchenhain“ im Parallelverfahren mit der Zielstellung, ein Wohngebiet zu entwickeln, wird für den in Anlage 1 abgegrenzten Geltungsbereich eingeleitet (Aufstellungsbeschluss gem. § 2 BauGB).

 


Sachverhalt:

 

Bereits vor rund einem Jahr wurde über die Planungen für ein neues Baugebiet „Südlich Lerchenhain“ in der Sitzung des Ausschusses für Gemeindeentwicklung, Umwelt und Ordnungswesen informiert (VL 189/2013). Mit dem Baugebiet soll kurzfristig der Baulandbedarf in Nottuln gedeckt werden. Dabei sollen besondere Bauformen wie Mehrgenerationenwohnen oder eine Klimaschutzsiedlung berücksichtigt werden. Der Aufstellungsbeschluss, mit dem das Bebauungsplanverfahren und die Änderung des Flächennutzungsplans nach dem Baugesetzbuch eingeleitet werden, wurde bisher vertagt.

Es war vorgesehen, zunächst das frühzeitige Beteiligungsverfahren der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange nach § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 Baugesetzbuch durchzuführen. Seitens der Politik und von Anwohnern wurden Bedenken vorgetragen, die in der Sitzungsvorlage 045/2014 vorgestellt wurden. Auf Grund dieser Bedenken wurden Gutachten in den Bereichen Verkehr, Artenschutz und Entwässerung beauftragt, bevor mit dem Beteiligungsverfahren begonnen wird. Diese Gutachten liegen inzwischen vor und wurden im August bzw. September 2014 den zuständigen politischen Ausschüssen zur Beratung vorgelegt (VL 105/2014 21.08.2014 Betriebsausschuss, VL 125/2014 25.09.2014 Ausschuss für Gemeindeentwicklung, Umwelt und Ordnungswesen).

In der heutigen Sitzung stellt das Gutachterbüro SHP-Ingenieure, Hannover, sein ergänztes Verkehrsgutachten vor (Anlage 6). Der Gutachter wurde nach der Vorstellung im Gemeindeentwicklungsausschuss Ende September darum gebeten, Möglichkeiten der Verkehrsberuhigung im bestehenden Baugebiet Lerchenhain zu visualisieren.

 

Geändertes Entwurfskonzept

Ende 2013 wurde ein Bebauungsentwurf mit rund 160 Wohneinheiten vorgestellt. Im Verkehrsgutachten sowie im Entwässerungsgutachten wird deutlich, dass ein Baugebiet mit geringerer baulicher Dichte besser in das bestehende Straßen- und Kanalisationssystem zu integrieren ist.

Die Baugebietsentwicklung soll darum mit dem in Anlage 2 dargestellten Entwurfskonzept weiter verfolgt werden. Je nach Ausgestaltung der Gebäude können hier ca. 90-100 Wohneinheiten entstehen. Bereits bestehende Versorgungsleitungen im Plangebiet müssen nicht umgelegt werden. Die Grundstückszuschnitte sind mit etwa 350-600m² etwas großzügiger als im vorherigen Entwurf. Zudem berücksichtigt der Entwurf den Erhalt der Wallhecke im Süden des bestehenden Baugebiets „Lerchenhain“ wie es im Artenschutzgutachten befürwortet wird. Der Entwurf sieht Flächen für unterschiedliche Wohnformen vor (Klimaschutzsiedlung, Mehrfamilienhäuser, Gemeinschaftshöfe für Mehrgenerationenwohnen…), die modular angepasst werden können. Bei dem Entwurf handelt es sich nicht um eine Endfassung. Die Planung muss überarbeitet und verfeinert werden. Auch dies ist Bestandteil des formellen Planverfahrens. 

 

Umsetzung der Planungen mit einer Projektentwicklungsgesellschaft

In der Sitzung des Rates vom 15.10.2013 wurde bereits (nichtöffentlich) beschlossen, dass die Realisierung durch eine noch zu gründende Projektentwicklungsgesellschaft bestehend aus der S-Immobilien GmbH der Sparkasse Westmünsterland und der Gemeinde Nottuln erfolgen soll (VL 152/2013). Die Gründung der Gesellschaft erfolgt frühestens mit dem Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan.

Zusätzlich zu den Festsetzungen im Bebauungsplan sollen Details zur Ausgestaltung des Baugebietes in einem städtebaulichen Vertrag zwischen der Gemeinde und der Projektentwicklungsgesellschaft geregelt werden. Ein Entwurf für diesen Vertrag wird den Gremien vorgelegt, sobald die Projektentwicklungsgesellschaft gegründet ist und die Planungen konkretisierter sind.

 Mit dieser Vorgehensweise ist sichergestellt, dass die bislang vorgestellte und beratene anspruchsvolle Zielstellung (besondere Berücksichtigung der Belange des Klimaschutzes und zielgruppenspezifische Schaffung von Wohnraum) und möglicherweise weitere Anregungen aus den politischen Gremien und der Bürgerschaft in die konkrete Umsetzung einfließen.

 

Bürgerinitiative „Südlich Lerchenhain“

Im bestehenden Baugebiet „Lerchenhain“ hat sich eine Bürgerinitiative gegründet, die sich gegen die Entwicklung eines neuen Baugebietes südlich Lerchenhain ausspricht (www.suedlich-lerchenhain.de). Die Bürgerinitiative hat zu den Bereichen Verkehr, Entwässerung und Artenschutz jeweils Fragenkataloge formuliert (s. Anlage 3-5). Die Forderungen aus den drei Fragenkatalogen stellen dabei die Entwicklung des Baugebiets „südlich Lerchenhain“ sowie neuer Baugebiete an anderen Stellen Nottulns teilweise grundsätzlich in Frage.

Fragen zum Entwässerungsgutachten wurden durch das beauftragte Büro Gnegel in der Sitzung des Betriebsausschusses beantwortet. Die Stellungnahme der Gemeinde auf den Fragenkatalog der Bürgerinitiative findet sich in Anlage 3.

Auf die Fragenkataloge zu den Bereichen Verkehr und Artenschutz wird im Rahmen dieser Vorlage nicht eingegangen. Um auf die Bürgereinwendungen angemessen einzugehen, sind weitergehende Prüfungen erforderlich, die mit finanziellen Aufwendungen und Belastungen des Gemeindehaushalts einhergehen. Bevor die offenen Fragen geklärt werden, sollte daher die Entscheidung zur Einleitung des formellen Verfahrens nach dem Baugesetzbuch getroffen werden.

 

Finanzielle Auswirkungen, indirekte Folgen

Jeder weitere Einwohnerverlust wird sich negativ im Bereich der Schlüsselzuweisungen und des Einkommenssteueranteils der Gemeinde auswirken und damit den dauerhaften Erhalt der öffentlichen Infrastruktur erschweren (eine Berechnung des negativen Effektes eines Einwohnerverlustes p.P. ist auf Grund der komplexen Berechnung beider Posten nicht möglich).

Aus Sicht der Verwaltung ist es angesichts der hohen bestehenden Nachfrage daher derzeit weiterhin sinnvoll, in einem gewissen Umfang Baugebiete bereit zu stellen. Für den Ortsteil Nottuln wird Bedarf für die beiden ähnlich großen Baugebiete Nottuln Nord und Südlich Lerchenhain gesehen. Ein Wohngebiet in der geplanten eher zurückhaltenden Größe wird nach gegenwärtigem Kenntnisstand den Bedarf nicht allein decken können. Trotz aller Bemühungen im Bereich der Nachverdichtung ist dies der einzige Weg, um die Bevölkerungszahl zumindest konstant zu halten. Zu berücksichtigen ist, dass im Gegensatz zum Baugebiet Südlich Lerchenhain im Baugebiet Nottuln Nord keine Bauverpflichtung festgeschrieben werden kann, so dass trotz der guten Lage nicht sichergestellt ist, dass tatsächlich alle Grundstücke kurzfristig bebaut werden. Dies erkennt man z.B. im Baugebiet Hangenfeld, wo noch heute – 15 Jahre nach der Realisierung – eine ganze Reihe von Grundstücken nicht bebaut sind.

Im Gegenzug ist als Auswirkung für den Gemeindehaushalt auch zu benennen, dass mit Entwicklung beider Baugebiete laufende Kosten entstehen. Dies betrifft insbesondere die Kosten für die Grünflächenpflege und die Straßenunterhaltung.

 

Finanzielle Auswirkungen, direkte Auswirkungen

Für die Baugebiete Nottuln Nord und Südlich Lerchenhain werden auf Grund der unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse zwei gänzlich unterschiedliche Wege zur Realisierung vorgeschlagen. Auch wenn bei einer Entscheidung für oder wider ein Baugebiet städtebauliche Gründe im Vordergrund stehen, soll an dieser Stelle deutlich gemacht werden, dass die Entwicklung des Baugebietes Südlich Lerchenhain positive Auswirkungen für den Gemeindehaushalt hat.

Folgende Auswirkungen auf den Gemeindehaushalt sind derzeit anzunehmen:

Posten

Südlich Lerchenhain*

Nottuln Nord**

2014: Planungskosten

- 15.000 €

- 10.000 €

2014: Kosten für das Umlegungsverfahren

 

- 5.000 €

2015: Gründung GmbH                 

- 13.475 €

 

2015: Planungskosten

 

- 10.000 €

2015. Kosten für das Umlegungsverfahren

 

- 27.500 €

2015-2018: Erschließungskosten

 

- 1.187.000 €

2016: 90 % Erstattung der Erschließungsbeiträge

 

+ 1.435.950 €

2016: Naturschutzausgleich

 

- 120.000 €

2016: Erstattung Naturschutzausgleich

 

+ 120.000 €

2016: Abschöpfung Umlegungsvorteil

 

+ 144.500 €

2016: Kosten für das Umlegungsverfahren

 

- 52.500 €

2017: Kosten für das Umlegungsverfahren

 

- 19.500 €

2020: Endausbau Nottuln Nord

 

- 408.000 €

2020: Auszahlung des Gewinnanteils der GmbH an die Gemeinde als Gesellschafterin

+ 800.000 €

 

Summe

+ 771.525 €

- 139.050 €

* Südlich Lerchenhain: nach Gründung der Projektentwicklungsgesellschaft übernimmt diese (kreditfinanziert) sämtliche Kosten zur Entwicklung des Gebietes. Auswirkungen auf den Gemeindehaushalt bestehen daher nicht.

** Nottuln Nord: Je nach Entscheidung der Grundeigentümer im Umlegungsverfahren und der Bewertung des bestehenden Interessentenweges ist es möglich, dass der Gemeinde eine geringe Zahl von Grundstücken zugeteilt wird, die mit Gewinn verkauft werden können. Dies ist jedoch derzeit noch nicht prognostizierbar.

Angesichts des langen Vorlaufs und vieler noch offener Entscheidungen (Erforderlichkeit Lärmschutz, Nettobaulandquote; Grundstücksbewertung im Umlegungsverfahren u.v.m.) und Detailplanungen handelt es sich selbstverständlich bislang nur um grobe Kostenschätzungen. Nicht berücksichtigt ist der in beiden Fällen hohe interne Personalaufwand.

Die Grundtendenz ist jedoch klar absehbar: im Bereich der Umlegungsgebiete wird vrsl. höchstens eine ungefähr kostenneutrale Umsetzung möglich sein; größere Gewinne sind jedoch nicht zu erwarten,  diese verbleiben bei den Flächeneigentümern. Im Fall des Baugebietes Südlich Lerchenhain ist hingegen mit einem hohen sechsstelligen Gewinn zu rechnen. Allerdings sind hier – wie erwähnt — einige Unwägbarkeiten zu berücksichtigen. Zudem ist noch zu entscheiden, ob und welche verkehrliche Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung in benachbarten Baugebieten durchgeführt werden sollen und ob und wie diese mit der Entwicklung des Baugebietes verrechnet werden sollen.

 

 

Weiteres Vorgehen

Zur Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen für dieses etwa 6 ha große Wohngebiet ist zum einen die Änderung des Flächennutzungsplanes– hier ist der Bereich bislang als landwirtschaftliche Fläche dargestellt – und zum anderen die Aufstellung eines Bebauungsplanes im Parallelverfahren erforderlich.

Um das Ziel der kurzfristigen Baulandbereitstellung zu erreichen, sollte nicht länger mit der Einleitung des formellen Planungsverfahrens gewartet werden. Das formelle Planungsverfahren dient dazu, alle relevanten Informationen für das Planungsvorhaben zusammenzutragen und die vorgetragenen öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Bislang kam es durch die rein informellen Vorplanungen zu einer Verfahrensverzögerung von rund einem Jahr. Die Bearbeitungszeiten und Fristen des formellen Bebauungsplanverfahrens ermöglichen eine terminierbare Zeitplanung. Der Aufstellungsbeschluss bedeutet nicht das Ende der Planungen, sondern den Anfang des Verfahrens. Im Regelfall sollten Gutachten und andere Prüfungen erst nach dem Aufstellungsbeschluss in die Wege geleitet werden, um die Aktualität der Ergebnisse sicher zu stellen und Doppelarbeit zu vermeiden. Es ist möglich, das formelle Verfahren einzustellen, wenn sich herausstellen sollte, dass die Bedenken gegen das Baugebiet überwiegen.

Zu dem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren gehört auch eine mehrfache Beteiligung der Bürger und Träger öffentlicher Belange. Im Gegensatz zur informellen Beteiligung „auf Zuruf“ gelten hier klare Vorgaben und Rechte, die sowohl für die Bürgerschaft als auch für die Gemeinde Verfahrenssicherheit bieten. Als nächster Verfahrensschritt kann nach dem Aufstellungsbeschluss voraussichtlich im 1. Quartal 2015 die frühzeitige Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung stattfinden.

Die Verwaltung schlägt daher vor, nun den grundsätzlichen Entschluss zur Einleitung des Planverfahrens nach dem Baugesetzbuch (Aufstellungsbeschluss) zu fassen.


Finanzielle Auswirkungen:

Die Verfahrenskosten insbesondere für die erforderlichen Fachgutachten werden durch eine gemeinsame Projektentwicklungsgesellschaft der S-Immobilien GmbH und der Gemeinde Nottuln getragen. Sonstige Auswirkungen auf den Gemeindehaushalt können der Sachverhaltsdarstellung entnommen werden.

 


Anlagen:

Anlage 1: Räumliche Abgrenzung des Geltungsbereichs

Anlage 2: Städtebaulicher Entwurf „Südlich Lerchenhain“

Anlage 3: BI Lerchenhain: Fragenkatalog Entwässerung und Stellungnahme Gemeindewerke

Anlage 4: BI Lerchenhain: Fragenkatalog Artenschutz

Anlage 5: BI Lerchenhain: Fragenkatalog Verkehr

Anlage 6: Verkehrsgutachten