Betreff
Entwicklung des Baugebietes "Südlich Lerchenhain"; hier: Grundsatzentscheidung
Vorlage
046/2014
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Das Verfahren zur Entwicklung des Baugebietes „Südlich Lerchenhain“ wird fortgeführt. Fachgutachten, insbesondere zum Artenschutz und zur Verkehrssituation werden beauftragt; eine frühzeitige Bürger- und Behördenbeteiligung im Sinne von § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 BauGB wird durchgeführt. Die Grundstücksverhandlungen werden weitergeführt.


Sachverhalt:

Sachstand

In der Sitzung des Rates vom 17.12.2013 (VL 205/2013) wurde die Entscheidung über einen Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 136 „Südlich Lerchenhain“ vertagt. Grund war zum einen das Erkennen von Risiken angesichts der vorliegenden Grundstückskaufangebote sowie einer möglichen artenschutzrechtlichen Problematik. Zum anderen wurden von Anwohnern und aus den Reihen des Rates inhaltliche Bedenken, vor allem im Hinblick auf die verkehrliche Erschließung geäußert, die zunächst genauer untersucht werden sollten.

In der Sitzung des Gemeindeentwicklungsausschusses vom 22.01.2014 wurden zudem nicht-öffentlich ergänzende Informationen zu den laufenden Grundstücksverhandlungen gegeben (VL 007/2014).

Aus Sicht der Verwaltung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Grundsatzbeschluss erforderlich, ob die Bemühungen zur Entwicklung des Baugebietes fortgeführt werden sollen. In der Vorlage sollen die wesentlichen bekannten Problemfelder sowie die Chancen des Baugebietes kurz zusammen gefasst werden.

 

Hemmnisse

In der Diskussion um das Baugebiet sind seitens der Bürgerschaft und aus den Reihen des Rates insbesondere die folgenden Hemmnisse für eine Gebietsentwicklung genannt worden:

 

1. Verkehr

Unbestreitbar kommt es durch das neue Baugebiet zu einer zusätzlichen Verkehrsbelastung. Aus Sicht der Verwaltung ist die Dülmener Straße als qualifizierte und gut ausgebaute innerörtliche Sammelstraße geeignet, den zusätzlichen Verkehr aufzunehmen. Bedenken wurden jedoch insbesondere aus den Reihen der politischen Gremien und der betroffenen Anwohner geltend gemacht, dass es zu einer zusätzlichen Belastung im Bereich Lerchenhain / Steinstraße kommen wird. Ursachen seien Verkehre, die über die Verlängerung der Steinstraße / Buxtruper Schule / K 11 die Autobahnauffahrt erreichen. Angeregt wurde in diesem Zusammenhang der Bau einer sogenannten Entlastungsstraße, die das neue Baugebiet mit der Verlängerung der Steinstraße verknüpft. Dieses Vorhaben ist jedoch auf Grund der hohen Kosten (3-4 Mio €) hinsichtlich der Realisierbarkeit sehr fraglich.

Aus Sicht der Verwaltung sollte im Aufstellungsprozess des Bebauungsplanes dem Aspekt Verkehr ein besonderes Augenmerk zukommen und untersucht werden, ob und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um gerade „Schleichverkehre“ im Bereich Lerchenhain / Steinstraße zu minimieren. Dies ist aus hiesiger Sicht auch ohne den angedachten Straßenneubau denkbar (Verkehrsberuhigung; tlw. oder komplette Abkopplung von bisherigen Durchfahrtsstraßen, alternative Nutzung der K 12 im Bereich Horst etc.) Die Umsetzung eines solchen Maßnahmenbündels könnte verpflichtend vor Entwicklung des Baugebietes umgesetzt werden.

 

2. Artenschutz

Aus den Reihen der Anwohner wurden artenschutzrechtliche Bedenken angemeldet (Vorkommen von Waldohreulen). Zudem sei die bestehende Wallhecke nicht ausreichend geschützt.

Die betroffene Wallhecke kann problemlos in den bestehenden Entwurf integriert werden. Hier muss ein ohnehin vorgesehener Grünstreifen nur geringfügig erweitert werden. Der artenschutzrechtlichen Problematik kann und muss, wie in jedem Verfahren, durch eine detaillierte Artenschutzprüfung begegnet werden. Die Durchführung dieser Prüfung ist vor Entstehen weiterer Kosten möglich.

 

3. Entwässerung

Aus dem Bereich der angrenzenden Baugebiete wurde bemängelt, dass die bestehende Kanalisation  bereits heute bei Starkregenereignissen nicht ausreichend dimensioniert sei.

Dieses Phänomen wird sich aus Sicht der Verwaltung durch die Entwicklung eines neuen Baugebietes nicht verstärken, sondern wahrscheinlich sogar entschärfen. Grund ist, dass aus dem Bereich des neuen Baugebietes nur Schmutzwasser in das bestehende Mischwasserkanalsystem eingeleitet wird. Im Falle eines Starkregenereignisses beträgt der Anteil des Schmutzwassers in Mischwasserkanälen unter 1 %, ist also faktisch bedeutungslos. Das Regenwasser, das im neuen Baugebiet anfällt, wird hingegen komplett unabhängig durch ein Trennsystem in ein Regenrückhaltebecken eingeleitet, von wo aus es gedrosselt einem Vorfluter zugeleitet wird. Dies führt somit in keiner Weise zu einer Verschärfung der Situation in den angrenzenden Baugebieten.

Dadurch, dass der bestehende Mischwasserkanal im Bereich des Baugebietes komplett ausgetauscht wird, kommt es sogar zu einem größeren Rückstauvolumen, so dass das Baugebiet voraussichtlich sogar zu einer Entlastung der Situation beitragen wird.

 

4. Fehlender Bedarf

Aus den Reihen der politischen Gremien und auch von Teilen der Bevölkerung wird der Bedarf nach einem neuen Baugebiet angesichts der demografischen Entwicklung insgesamt in Frage gestellt. Hierzu finden sich im durch den Rat am 18.09.2012 beschlossenen Handlungskonzept Siedlungsentwicklung Nottuln 2025 (VL 170/2012) umfassende Aussagen. Zudem finden sich im folgenden Abschnitt einige Informationen zur aktuellen Entwicklung. 

 

Bedarf für ein Baugebiet

Sehr deutlich ist gegenwärtig der bestehende Bedarf für ein neues Baugebiet. Aktuell umfasst die bei der Gemeinde geführte Interessentenliste 300 Personen (ab ca. 2008). Sicherlich hat sich bei vielen mittlerweile der Bedarf erledigt. Jedoch haben sich seit Anfang 2013 allein knapp 100 Personen neu auf die Interessentenliste aufnehmen lassen; ein großer Teil davon im 4. Quartal, als die Planungen des Baugebietes „Südlich Lerchenhain“ öffentlich wurden. Im Gegensatz zu den Vorjahren hat sich nun auch wieder der Anteil der Interessenten erhöht, die derzeit nicht in Nottuln wohnen (41 %).

Mehrmals wöchentlich melden sich mittlerweile bei der Verwaltung Interessenten, denen kein Baugrundstück in Aussicht gestellt werden kann. In der Regel wird hier gezielt nach Grundstücken in Neubaugebieten gefragt. Es handelt sich offensichtlich um eine Interessentengruppe, für die eine Bestandsimmobilie keine Alternative ist.

Die zeitgleich durchgeführten Nachverdichtungsprojekte werden seitens der Verwaltung konsequent verfolgt, jedoch zeigt sich, dass wie erwartet der Arbeits- und Abstimmungsaufwand sehr hoch ist und Grundstücke – wenn überhaupt – auf Grund dieser Maßnahme nur in kleinen Mengen verfügbar werden. Dies kann trotz aller Bemühungen den derzeit bestehenden Bedarf nicht befriedigen.

 

Alternativen?

Am weitesten vorangeschritten sind die Planungen für das Baugebiet Nottuln Nord. Hier findet gegenwärtig die frühzeitige Offenlage der Planunterlagen statt. Im 2. Halbjahr 2014 soll, wenn sich während der frühzeitigen Offenlage keine gravierenden Probleme ergeben,  das Umlegungsverfahren beginnen. Angesichts der Vielzahl der beteiligten Grundstückseigentümer ist eine Realisierung frühestens in etwa 4 Jahren zu erwarten. Unabhängig von der Entscheidung zum Baugebiet „Südlich Lerchenhain“ wird die Entwicklung dieses Gebietes so schnell wie irgend möglich vorangetrieben.

Selbstverständlich könnte der Fokus für alternative Baugebiete auch wieder auf andere denkbare Flächen erweitert werden. Mittelfristig realisierbar sind dabei aber nur Flächen, die Bestandteil des neuen Regionalplans sind.  Allerdings ist hier angesichts der erforderlichen Voruntersuchungen eine kurzfristige Realisierung zur Bedarfsdeckung nicht denkbar. Auch in der Vergangenheit bereits geführte Grundstücksverhandlungen lassen hier keine kurzfristige Lösung erkennen.

Ebenfalls soll an dieser Stelle noch einmal darin erinnert werden, dass eine Entwicklung des Baugebietes Südlich Lerchenhain  in enger Kooperation mit einem Kreditinstitut möglich ist, was einerseits dazu führt, dass ein Teil der zu erwartenden Gewinne dem Gemeindehaushalt zu Gute kommt (bei begrenztem Risiko) und zudem große Einflussmöglichkeiten auf die Ausgestaltung des Baugebietes möglich sind (Klimaschutzsiedlung und weitere Projekte). Dies ist gerade in Umlegungsgebieten so nicht möglich.

 

Fazit

Aus Sicht der Verwaltung ist zur kurzfristigen Deckung der Nachfrage nach Wohnraum nur durch eine Realisierung des Baugebietes „Südlich Lerchenhain“ denkbar. Alle anderen Alternativen sind frühestens in einen Zeitraum von etwa 4 Jahren verfügbar.

Insofern ist es aus Sicht der Verwaltung im Hinblick auf eine zukunftsfähige Entwicklung der Gemeinde und zur Deckung des Wohnraumbedarfs der Bevölkerung wichtig, die Entwicklung des Baugebietes „Südlich Lerchenhain“ konsequent weiter zu führen.  Kurzfristig sollten die wesentlichen Fachgutachten (Verkehr und Artenschutz) erstellt werden und im Sommer die frühzeitige Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung durchgeführt werden.


Finanzielle Auswirkungen:

Zunächst entstehen durch den Beschluss lediglich interne Personalkosten sowie etwa 10.000 € Planungs- und Notarkosten.


Anlagen:

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