Betreff
Finanzierung künftiger Pensionslasten der Gemeinde Nottuln
Vorlage
209/2013
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Der HFA beschließt eine sukzessive Aufstockung des bereits bestehenden Versorgungsfonds, um unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit künftige Pensionslasten bereits heute finanziell abzusichern. Es wird grundsätzlich die Einzahlung von jährlich 160.000 € bis einschließlich des Jahres 2021 beschlossen. Im Rahmen der jährlichen Haushaltsberatungen hat der Gemeinderat die Möglichkeit, über die Einzahlung in den Versorgungsfonds zu entscheiden.


Sachverhalt:

 

1.    Einführung

 

Die Gemeinde Nottuln ist verpflichtet, für ihre aktiven und ehemaligen Beamtinnen und Beamten die Pensions- und Beihilfezahlungen sicherzustellen. Mit Einführung des NKF ist in § 36 Gemeindehaushaltsverordnung normiert worden, dass für alle Pensions- und Beihilfeverpflichtungen im Wege des Teilwerteverfahrens die Barwerte zu ermitteln und diese in der Bilanz als Rückstellungen auszuweisen sind. Dadurch wird sichergestellt, dass die Versorgungslasten nicht erst in den Haushaltsjahren auflaufen, in denen die Versorgungsleistung auch tatsächlich (erst) erbracht wird, sondern verursachungsgerecht  den Haushaltsjahren zugeordnet werden, in denen die Beamtinnen und Beamten auch tatsächlich (noch) aktiv tätig sind. Durch das vorgeschriebene Teilwerteverfahren erfolgt eine nahezu gleichmäßige Verteilung des Barwertes der Pensions- und Beihilfeverpflichtungen auf die einzelnen Jahre der Dienstzeit der Anspruchsberechtigten.

 

Während der aktiven Dienstzeit werden also Pensions- und Beihilferückstellungen gebildet. Die jährliche Anpassung der Rückstellungen erfolgt auf Grundlage der individuellen Versorgungsansprüche. Die Teilwerte werden der Gemeinde Nottuln durch die Kommunale Versorgungskasse Westfalen-Lippe (kvw) nachträglich – zu Beginn des Folgejahres – mitgeteilt. Die dann im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten erfolgende Zuführung zu den Rückstellungen verursacht dann für das jeweilige Haushaltsjahr einen ergebniswirksamen Aufwand, jedoch noch keine Auszahlung.

 

Die Auszahlung erfolgt dann erst nach dem Ende der Dienstzeit in der Ruhephase in Form von Pensions- und Beihilfezahlungen. Die Versorgungszahlungen reduzieren dann die Versorgungsverpflichtungen der Gemeinde Nottuln und damit die Höhe der Rückstellung. Die Versorgungszahlungen bewirken dann „nur“ einen Liquiditätsabfluss, da der Aufwand bereits schon während der aktiven Dienstzeit entstanden ist und bei der Bildung von Rückstellungen bilanziell berücksichtigt wurde.

 

Mit der Eröffnungsbilanz zum Stichtag 01.01.2005 wurden erstmalig die bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen Pensions- und Beihilfebelastungen berechnet und mit 9.415.084 € in der Bilanz ausgewiesen. Mit dem Jahresabschluss zum 31.12.2012 beläuft sich der Betrag auf 11.263.294 €. Diese Rückstellungen bilden aber nur den jeweiligen aktuellen Stand der Versorgungsleistungen ab, lösen aber nicht die Frage der Finanzierung der Versorgungsleistungen. Somit stellt sich die Frage nach der Liquiditätsvorsorge, zumal die Versorgungsleistungen in den nächsten Jahren weiter steigen werden.

 

 

2.    Voraussichtliche Entwicklung der Pensions- und Beihilfeverpflichtungen

 

Die kvw lässt bei der Heubeck AG regelmäßig ein versicherungsmathematisches Gutachten über die Entwicklung der Versorgungsleistungen erstellen. Die aktuellsten Zahlen liegen zum Bilanzstichtag 31.12.2012 vor. Folgende wesentliche Annahmen liegen der Heubeck-Prognose zu Grunde:

 

·         Als Rechnungsgrundlage wurden die Richttafeln 2005G von Heubeck mit einem Rechnungszins von 5% verwendet.

·         Das rechnungsmäßige Pensionierungsalter richtet sich nach der gesetzlichen Altersgrenze.

·         Ausgehend von 12 aktiven Beamten und 16 Versorgungsempfängern und Hinterbliebenen wird unterstellt, dass Abgänge durch jeweilige Neuzugänge ersetzt werden (sog. Bestandserhaltung).

·         Für die jährliche Erhöhung der Besoldung werden alternative Anpassungsraten von 0%, 1 % bzw. 2% pro Jahr unterstellt.

 

Die Berechnungen weisen folgende Entwicklung auf:

 

 

Versorgungsleistungen

 

0% Dynamik

1% Dynamik

2% Dynamik

2013

509.450

511.758

514.065

2023

592.983

657.961

729.331

2032

564.769

685.315

830.050

2035

611.251

764.185

953.334

2042

458.544

614.584

821.410

 

Die Höchstbeträge an Versorgungsleistungen werden im Jahr 2035 erwartet. Bei einer unterstellten 2%igen Dynamik – also unter Berücksichtigung von Inflationsausgleich und Pensionsanpassungen – steigen die Versorgungsleistungen von 514.065 € in diesem Jahr um 429.269 € auf 953.334 € im Jahr 2035. Dies entspricht einer Steigerung von 85,44%.

 

 

3.    Auszahlung der Pensions- und Beihilfeverpflichtungen

 

Die Gemeinde Nottuln zahlt die Pensionen und Beihilfen nicht direkt an die Berechtigten aus. Die Zahlung erfolgt durch die kvw. Die Gemeinde Nottuln gleicht dann den überwiegenden Teil der Versorgungsleistungen im Wege der individuellen Erstattung (sog. Spitzabrechnung) aus. Darüber hinaus werden über eine Umlage nicht planbare Versorgungsleistungen abdeckt, z.B. wie die Zurruhesetzung vor Erreichen der gesetzlichen Altersrente oder Versorgungsleistungen nach Vollendung des 85. (Männer) bzw. 90. (Frauen) Lebensjahres. Insofern übernimmt die Solidargemeinschaft diese sog. biometrischen Risiken.

 

Somit stellen sich für das Jahr 2012 die finanziellen Auswirkungen wie folgt dar:

 

 

 

Ehemalige Beamte (Pension und Beihilfe)

Bilanz

Ergebnis-
rechnung

Finanz-
rechnung

 

Rückstellung

Aufwand

Auszahlung

Rückstellungen: Bestand 31.12.2011

7.945.949,00 

 

 

Versorgungsleistungen in 2012

 

638.266,42 

638.266,42 

Anpassung der Rückstellungen zum 31.12.2012

 

-313.835,00 

0,00 

Rückstellungen: Bestand 31.12.2012

7.632.114,00 

 

 

Auswirkungen im Jahr 2012

- 313.835,00 

324.431,42 

638.266,42 

 

 

Gem. § 75 Abs. 6 GO haben die Kommunen dauerhaft ihre Liquidität sicherzustellen, d.h. sie müssen auch finanzielle Vorsorge treffen, um die Verpflichtungen ggü. den Berechtigten in den nächsten Jahrzehnten abzusichern.

 

 

4.    Finanzierung von Versorgungslasten

 

Wie bereits ausgeführt, stellen Pensions- und Beihilferückstellungen keine Finanzierungsform dar. Vielmehr muss als finanzielle Reserve für künftige Liquiditätsabflüsse ein entsprechender Aktivposten gebildet werden. Dies ist durch eine klassische Fondslösung realisierbar.

 

Die Gemeinde Nottuln zahlt seit dem Jahr 1999 in einen Versorgungsfonds bei der kvw ein (sog. Kanther-Rücklage). Bis zur Einführung des NKF war die Zahlung in den Versorgungsfonds verpflichtend,  seitdem erfolgt die Einzahlung auf freiwilliger Basis. Die Beitrags- und Vermögensaufstellung vom 08.07.2013 weist ein Vermögen von 211.053,05 € in diesem Fonds aus.

 

Die kvw bietet den Mitgliedskommunen – so auch der Gemeinde Nottuln – an, über die bisherigen Einzahlungen hinaus weitere/höhere Beträge in den Versorgungsfonds einzuzahlen, um die künftigen Versorgungszahlungen abzusichern. Nach Maßgabe des § 90 Abs. 2 GO ist bei der Anlage von Geldmitteln darauf zu achten, dass zur Werterhaltung des angelegten Geldes das Portfolio des Fonds überwiegend Schuldverschreibungen öffentlicher Emittenten in Euro enthält. Die Anlage in Aktien und anderen Risikopapieren darf dagegen 35% des Wertes des Sondermögens nicht überschreiten. Über die Höhe und Zeitpunkt der Fondseinlagen kann flexibel bestimmt werden. Zudem kann jederzeit durch den Verkauf der Fondsanteile zum aktuellen Wert die Liquidität wieder zurückfließen.

 

 

5.    Finanzierungsmodelle

 

Die kvw hat auf Bitten der Gemeinde Nottuln drei Finanzierungsmodelle vorgelegt. Allen drei Rechenmodelle haben zum Ziel, ab dem Jahr 2022 die jährlichen Versorgungsleistungen, die den Ergebnishaushalt belasten, durch einen bis dahin gebildeten Kapitalstock auf einen Betrag x zu verstetigen:

 

 

 

Modell 1

Modell 2

Modell 3

Begrenzung der
Versorgungsleistung auf ...
ab 2022

536.800 €

600.000 €

700.000 €

Einzahlung pro Jahr für den
Kapitalstock

435.000 €

335.000 €

160.000 €

Vermögen im Jahr 2042

3,45 Mio.€

2,98 Mio.€

1,78 Mio.€

 

Als Anlage beigefügt ist zudem eine grafische Darstellung der drei Rechenmodelle, die einen sehr guten Überblick über die Entwicklung der Versorgungsleistungen sowie des Kapitalstockes bietet.

 

 

6.    Entscheidungsvorschlag der Verwaltung

 

Die künftig zu zahlenden Versorgungsleistungen sind, wie unter Ziffer 2 dargestellt, bereits bezifferbar. Bei der unterstellten 2%igen Dynamik würden dann im Jahr 2035 die Versorgungsleistungen von derzeit 514 T€ auf über 950 T€ ansteigen. Im Sinne der Generationengerechtigkeit sollte mit der Bildung eines Kapitalstockes begonnen werden, um die vorhersehbaren finanziellen Belastungen für den kommunalen Haushalt abzudämpfen. Aus Sicht der Verwaltung sollte zumindest das Modell 3 genutzt werden, d.h. ab dem Jahr 2014 wären bis zum Jahr 2021 jährlich 160.000 € in einen Versorgungsfonds einzuzahlen. Die dann voraussichtlich maximal zu zahlenden Versorgungsleistungen würden sich dann auf rd.l 700.000 € pro Jahr belaufen.

 

Darauf hingewiesen wird, dass im Haushalt 2014 eine Zuführung zum bisherigen Versorgungsfonds in Höhe von 23.150 € geplant ist (vgl. gelbe Seiten, S. 98, Teilposition 27), so dass sich der zusätzlich zu zahlende Betrag im Jahr 2014 auf 136.850 € belaufen würde. Eine entsprechende Aufnahme in die Änderungsliste zum Haushaltsplanentwurf wäre erforderlich.

 

Wie unter Ziffer 4 ausgeführt erfolgt diese Einzahlung in den Fonds auf freiwilliger Basis und kann je nach Liquiditätslage auch ausgesetzt werden. Gar eine Kündigung des Fonds und eine Auszahlung der Anteile kann erfolgen.

 

 

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

Für den Haushalt 2014 entstehen Mehrauszahlungen in Höhe von 136.850 €

(2015: 134.070 €; 2016: 130.950 €; 2017: 127.460 €)

 


Anlagen:

Grafik über die Entwicklung der Pensionslasten sowie Aufbau des Kapitalstocks