Betreff
Bebauungsplan 127 "Auf der Burg" - Südlicher Teil - Weiteres Vorgehen
Vorlage
184/2012
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Die Verwaltung wird beauftragt, das Szenario ____ weiter zu verfolgen.

 

Die Verwaltung wird beauftragt, gemeinsam mit den betroffenen Anwohnern und Eigentümern das weitere Vorgehen zur Umsetzung dieses Szenarios zu erörtern.


Sachverhalt:

Ausschussvorlage Bebauungsplan auf der Burg – Weiteres Vorgehen

Sachverhalt:

Es liegen ein Aufstellungsbeschluss (im Amtsblatt Nr. 15, 22.12.2011) und eine Veränderungssperre (Amtsblatt Nr. 01, 26.01.2012) für den Bebauungsplan Nr. 127„Auf der Burg“ vor.  Bislang besteht Unklarheit über den Umgang mit der Grünfläche „Auf der Burg“. Mit dieser Vorlage werden, wie in der Sitzungsvorlage Nr. 140/2011 zur Sitzung des Ausschusses für Gemeindeentwicklung, Umwelt und Ordnungswesen vom 18.01.2012 angekündigt, die unterschiedlichen Entwicklungsoptionen für diesen Teilbereich des geplanten Bebauungsplans vorgestellt und mit einer rechtlichen Bewertung versehen.

 

Szenario A: Bewahrung des Status Quo

Für dieses Szenario wird der hier betrachtete Teilbereich aus dem Geltungsbereich des noch aufzustellenden Bebauungsplans herausgenommen und nicht weiter überplant. Die bestehenden Grünstrukturen und Nutzungen bleiben erhalten, sind aber nicht dauerhaft geschützt.
Die Zulässigkeit von Bauvorhaben richtet sich wie bisher entweder

·        nach § 34 BauGB - Zulässige Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile („Innenbereich“) oder

·        nach § 35 BauGB - Zulässige Vorhaben im Außenbereich.

Vereinfacht gilt: Außenbereich ist da, wo es keinen Bebauungsplan gibt und auch kein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegt.

Um als „im Zusammenhang bebauter Ortsteil“ zu gelten, muss die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit vermitteln.  Dafür wird nur das betrachtet, was auch schon tatsächlich gebaut ist. Die Darstellungen des Flächennutzungsplans, der für den Bereich „Wohnbaufläche“ darstellt, sind nicht relevant. Ebenso werden genehmigte, aber noch nicht gebaute Bauten nicht berücksichtigt. Zur Bebauung werden nur Bauwerke gezählt, die dem dauerhaften Aufenthalt von Menschen dienen, also z.B. keine Garten- oder Gewächshäuser. Einzelne Baulücken werden zum Bebauungszusammenhang gezählt, größere Flächen dürfen den Bebauungszusammenhang aber nicht unterbrechen.  Wie weit die Gebäude auseinander stehen dürfen, damit  noch ein Bebauungszusammenhang besteht, ist nicht eindeutig festgelegt. Es hängt auch immer davon ab, wie weit oder eng die Umgebungsbebauung zusammensteht. Für Nottuln kann anhand der Rechtsprechung angenommen werden, dass die Grenze bei etwa 110-135m liegt. Die mit Gärten genutzte  Fläche über dem Bodendenkmal „Burg Nottuln“ ist rund 140 m mal 150 m groß. Da die Zahlen aus anderen Gerichtsurteilen nicht 1:1 auf einen anderen Fall übernommen werden können, liegt hier diesbezüglich ein Grenzfall zwischen Außenbereich und Innenbereich vor. Der Geländesprung an der Burgstraße durchbricht den Anschluss zur bestehenden Bebauung jedoch ebenso wie die vorhandenen Gärten, die den Blick auf die nächste Bebauung zum Teil  verdecken. Bei kumulierter Betrachtung dieser Kriterien bedeutet dies im Ergebnis, dass heute auf einigen Teilflächen im Randbereich des Untersuchungsraums Baurecht nach § 34 Baugesetzbuch („Innenbereich“) besteht. Auf dem Großteil der Fläche ist eine Wohnbebauung gemäß § 35 BauGB nicht möglich („Außenbereich“). Da die Fläche vom Ortsteil Nottuln umschlossen wird, liegt ein sogenannter „Außenbereich im Innenbereich“ vor.

 

In Anlage 1 sind die heute potentiell mit Wohnbebauung bebaubaren Flächen dargestellt. Dabei handelt es sich um eine Ersteinschätzung, bei der eine gewisse Rechtsunsicherheit verbleibt. Für eine Baugenehmigung nach § 34 BauGB muss zusätzlich immer auch die Erschließung gesichert sein und das geplante Bauvorhaben muss sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Diese Kriterien konnten für die Ersteinschätzung nicht geprüft werden.

Weil nach § 34 BauGB immer die tatsächlich vor Ort vorhandene Situation zu beurteilen ist, ändert sich die Sachlage mit jedem neu gebauten Wohnhaus. In Anlage 1 ist dargestellt, wie mit zunehmender Bebauung in den Randbereichen der „Außenbereich im Innenbereich“ nach und nach immer kleiner wird und schließlich ganz „umkippt“. Die ist problematisch, weil die städtebauliche Entwicklung ungeordnet verläuft. Es kann zum Beispiel vorkommen, dass jemand sein Haus so auf dem Grundstück platziert, dass dadurch die Zufahrt zu den hinterliegenden Grundstücken dauerhaft verbaut wird. Zudem kann ein Großteil der Fläche kann nicht für Wohnbebauung genutzt werden, solange nicht von den Rändern her andere Wohnnutzung herangerückt ist. Ebenfalls ist von Nachteil, dass über den Umgang mit dem Bodendenkmal „Burg Nottuln“ bei jeder Baugenehmigung neu entschieden werden muss.

 

Szenario B: Bewahrung der Grünfläche, Beschränkung der zusätzlichen Bebauung auf Randbereiche

Durch eine Festsetzung im Bebauungsplan werden im Szenario B die bereits jetzt als Gartenflächen genutzten Grundstücke dauerhaft als private Grünflächen gesichert. Mit den bestehenden gärtnerischen Nutzungen und der Kleintierhaltung wird behutsam umgegangen, die prägende Heckenstruktur aufgegriffen.  Mit kleinteiligen Maßnahmen, wie z.B. Aufstellen einer Bank oder Verbreiterung des Pättkens von der Burgstraße aus wird die Grünfläche für die Öffentlichkeit aufgewertet. Das Bodendenkmal „Burg Nottuln“ wird in großen Teilen für künftige Generationen erhalten. So kann der zu befürchtende Konflikt mit dem Denkmalschutz gemindert werden. Damit die Burganlage in der Örtlichkeit erfahrbar wird, soll ein Hinweis auf der Fläche installiert werden.

 

An den Rändern der Fläche wird die zulässige Bebauung geordnet und dabei auch die Erschließung in den Blick genommen. So kann gegenüber der heutigen Situation in kleinerem Umfang zusätzliches Baurecht geschaffen werden. Die bestehende Gärtnerei kann in ihrem Bestand gesichert werden. Ein Nachteil hiervon ist, dass sich Anlieger auf der in Zukunft als Grünfläche festgesetzten Fläche gegenüber den Anliegern, die Baurechte erhalten, benachteiligt fühlen. Hierzu liegt der Verwaltung ein Schreiben einer Gruppe von Anliegern vor, das als Anlage 5 beigefügt ist.

 

Für dieses Szenario wurde die Möglichkeit eines Planungsschadens überprüft. Wie in Anlage 1 gezeigt, gilt Baurecht nach § 34 bzw. § 35 Baugesetzbuch. Diese durch das Baurecht eingeräumten Nutzungsmöglichkeiten bestehen schon seit über 7 Jahren. Nach § 42 Baugesetzbuch wird nach Ablauf von 7 Jahres seit Bestehen der Nutzungsrechte nur noch die Nutzung entschädigt, die tatsächlich ausgeübt wird – unabhängig von der durch Baurecht möglichen Nutzung. Wenn zum Beispiel bis heute kein Gebrauch von den Baurechten gemacht wurde und das Grundstück als Garten genutzt wird, würde maximal der Wert des Gartens entschädigt. Durch die Überplanung mit einer privaten Grünfläche bleibt die Gartennutzung weiterhin möglich und ist daher auch nicht zu entschädigen. Lediglich die Überplanung von privaten Flächen mit öffentlichen Flächen muss entschädigt werden. Bereits erteilte Baugenehmigungen behalten Bestand.

 

 

Szenario C: Geordnete und qualitätsvolle Entwicklung eines Wohngebietes auf der gesamten Fläche

In diesem Szenario wird ein neues Wohngebiet für Ein- und Zweifamilienhäuser mit sehr attraktiver Lage im Herzen von Nottuln geschaffen. Durch die Nachverdichtung können die benötigten Flächen für Wohngebiete „auf der grünen Wiese“ reduziert werden. Bei der Gestaltung sollen dörfliche Strukturen aufgegriffen werden, die auch der Bedeutung des Ortes für die Entstehungsgeschichte Nottuln gerecht werden. Das „Pättken“ wird erhalten und weitet sich zu einem Dorfanger auf. Dieser dient als öffentliche Grünfläche mit einem kleinen Platz sowohl den Anwohnern als auch der Öffentlichkeit. Die charakteristischen Hecken werden in den Entwurf einbezogen. Die Straßen könnten nicht als Standardwohnstraße, sondern z.B. wie im Bereich der Busenbaumstraße gestaltet werden (durchgehend besonders gestaltete Pflasterung, Leuchten wie im Ortskern etc.). Da die Anlieger zur Finanzierung der Straßengestaltung mit herangezogen werden, sollte die Entscheidung darüber mit ihnen gemeinsam gefällt werden. Die Gärtnerei wird zunächst nicht mit Wohnbebauung überplant, kann aber auf Wunsch einbezogen werden.

 

Für diesen Entwurf ist es besonders wichtig, eine geeignete Zufahrt zum Gelände zu finden. Die bisherigen Zufahrtsmöglichkeiten sind als Erschließung für ein Wohngebiet sehr schmal. Sie könnten, wo es möglich ist, durch Ankauf von Grundstücksteilen verbreitert werden.  Falls diese Zufahrten sich nach einer Detailprüfung nicht realisieren lassen, könnte vielleicht eine gänzlich neue Erschließung über bisherige Privatgrundstücke eine Alternative sein. Dies ist jedoch abhängig vom Interesse der Grundstückseigentümer.

 

Obwohl die Grundstücke bereits heute vom Zuschnitt her für eine Bebauung geeignet sind, ist für eine bessere Ausnutzung der Flächen ein Umlegungsverfahren notwendig. Eine Reihe von Eigentümern hat gegenüber der Verwaltung bereits ihr Interesse an der Entwicklung des Gebietes zu Bauland bekundet. Das kann eine gute Voraussetzung für die Abwicklung des Umlegungsverfahrens sein. Andererseits wurde im Gespräch mit einigen Angrenzern bereits deutlich, dass keine Bereitschaft zum Verkauf besteht.

 

Eine Herausforderung zur Umsetzung des Bebauungsplans stellt das Denkmalrecht dar. Das Bodendenkmal „Burg Nottuln“ ist eines der wenigen Bodendenkmäler in Nottuln und zudem stadtgeschichtlich besonders bedeutend (vgl. Anlage 2). Im Rahmen einer informellen Voranfrage durch die Verwaltung hat der Landschaftsverband Westfalen Lippe (LWL) am 04.04.2012 bereits Bedenken gegen bauliche Anlagen auf der Grünfläche über dem Bodendenkmal dargelegt (vgl. Anlage 3). Gleichzeitig wurden in den letzten Jahren in den Randbereichen Zustimmungen zu Baugenehmigungen erteilt, die jedoch mit denkmalrechtlichen Auflagen versehen werden mussten.

Es ist möglich, den Denkmalschutz in der planungsrechtlichen Abwägung zurückzustellen. Auch könnten Alternativen zum Schutz des Bodendenkmals diskutiert werden, wie etwa eine Bauweise ohne Unterkellerung. Insgesamt ist jedoch noch nicht abzusehen, in wie weit es durch die Anforderungen des Denkmalschutzes zu Verzögerungen im Planverfahren kommen kann. Verzögerungen würden sich auf das gesamte Aufstellungsverfahren des B-Plans 127 auswirken.

 

Positiv für die Gemeinde und die Grundstückseigentümer ist, dass seit einem Urteil des OVG NRW im September 2011 Grabungen und das Bergen des Bodendenkmals nicht mehr vom Vorhabenträger, sondern vom LWL finanziert werden müssen. Entscheidet sich der LWL für eine Grabung, kann dies zu Verzögerungen im Planverfahren führen (6 Monate Regelzeit + ggf. Fristverlängerung § 16 Abs. 4 Denkmalschutzgesetz NRW). Laut Koalitionsvertrag der Landesregierung 2012-2017 soll das Denkmalschutzrecht NRW überarbeitet werden und möglicherweise die Pflicht zur Finanzierung der Grabungen wieder auf den Vorhabenträger übertragen werden. Dann müsste gegebenenfalls die Gemeinde, eventuell gemeinsam mit den Anliegern, die Kosten wieder selbst tragen.  

 

Fazit:

Im Gegensatz zu anderen Planverfahren wird es mit keiner der vorgestellten Lösungen möglich sein, alle abwägungsrelevanten Belange „unter einen Hut“ zu bringen. Einige Funktionen der Flächen stehen sich konträr gegenüber; ein Kompromissentwurf, der alle Interessen in vollem Umfang berücksichtigt ist nicht denkbar. Stets muss daher durch die politischen Gremien abgewogen werden, welche Belange bei der Planung in den Vordergrund gestellt werden sollen.

 

Nach einer solchen grundsätzlichen Entscheidung für ein Szenario wird die Verwaltung die planerische Umsetzung dieser Lösung verfolgen – natürlich unter intensiver Einbeziehung der besonders betroffenen Bürger und Behörden, um das gewählte Szenario so konsensfähig wie möglich auszugestalten.

 


Finanzielle Auswirkungen:

Interner Personalaufwand


Anlagen:

Anlage 1: Innenbereich und Außenbereich

Anlage 2: Szenario C Städtebaulicher Entwurf

Anlage 3: Schreiben des LWL zum Bodendenkmal Burg Nottuln

Anlage 4: Information zum Bodendenkmal „Grafenburg Nottuln“

Anlage 5: Schreiben einiger Anwohner vom 16.01.2012