Betreff
Handlungskonzept Siedlungsentwicklung Nottuln 2025; hier: Vorstellung des Entwurfs
Vorlage
170/2012
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Das Handlungskonzept Siedlungsentwicklung Nottuln 2025 wird als Zielsetzung für das weitere Vorgehen beschlossen. Die im Kapitel „Fazit“ aufgeführten Maßnahmen sollen weiter verfolgt werden. Über den Fortgang werden die politischen Gremien regelmäßig informiert.


Sachverhalt:

 

In den letzten drei Jahren hat in Nottuln eine unerwartete Baulandnachfrage stattgefunden. Die letzte Baugebietsausweisung in Nottuln erfolgte mit dem gemeinsam mit der WGZ-Bank entwickelten Baugebiet „Westlich Dülmener Straße / Olympiastraße“. Hier standen seit 2010 90 Bauplätze zur Verfügung. Im Baugebiet stehen derzeit nur noch sechs Grundstücke zum Verkauf, wobei alle gemeindeeigenen Grundstücke verkauft sind.

 

Auch in den übrigen Baugebieten wurden seit 2009 noch bestehende Baulücken geschlossen. Die Gemeinde hat im Baugebiet „Am Hangenfeld“ die letzten Baugrundstücke verkauft, und auch im Baugebiet „Fasanenfeld II“ ist der Bestand an verfügbaren Baugrundstücken weiter zurück gegangen. Hier stehen derzeit noch 14 Grundstücke zur Verfügung; davon eins im Eigentum der GIG. Für letzteres ist der Verkauf in Aussicht.

 

Auch im Ortsteil Appelhülsen entwickelt sich die Nachfrage besser, als auf Grund der Erfahrung der vergangenen Jahre zu erwarten war. Hier bestehen jedoch derzeit im Baugebiet Hellersiedlung noch ausreichend Baulandreserven. In Darup konnte durch ein kleines privates Baugebiet (Feldstiege), das Baugebiet Schoppmanns Wiese sowie einigen Nachverdichtungsmaßnahmen ein Nachfragestau abgebaut werden. Im Ortsteil Schapdetten ist hingegen auf Grund der lange zurück liegenden letzten Baulandausweisung ein gewisser Nachfrageüberhang zu erkennen. Nach Bewertung der Verwaltung lassen sich hier aber die derzeit in Frage kommenden Flächen nicht wirtschaftlich auskömmlich entwickeln.

 

In dieser Situation kommen gerade für den Ortsteil Nottuln seit Beginn des Jahres vermehrt bauwillige Interessenten auf die Gemeinde zu, deren Grundstückswunsch nicht mehr erfüllt werden kann. Vereinzelt konnte auf Grund dieser Tatsache bereits eine Abwanderung in Nachbargemeinden beobachtet werden.

 

Dieser Nachfrage steht wiederum die bundesweit geführte Diskussion zur Siedlungsentwicklung gegenüber. Einerseits stellt sich vor dem Hintergrund des demografischen Wandels die Frage, ob der heute gebaute Wohnraum zukünftig überhaupt benötigt wird, bzw. ob dieser der künftigen Nachfrage entspricht. Zudem wird in den vergangenen Jahren wieder verstärkt die Bedeutung und die schleichende Verknappung landwirtschaftlicher Flächen deutlich. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren hat die Bundesregierung das 30 ha-Ziel zur Siedlungsentwicklung formuliert. Danach soll nur noch eine flächensparende Siedlungsentwicklung durchgeführt werden und die Flächeninanspruchnahme von heute etwa 80 ha täglich auf 30 ha im Jahr 2020 zurück gefahren werden.

 

Vor diesem Hintergrund stellt sich nun die Frage, wie sich die Gemeinde Nottuln in den nächsten Jahren hinsichtlich der Siedlungsentwicklung positionieren soll. Wie wird in Nottuln im Jahr 2025 gewohnt?

 

·         Soll der erfolgreiche Weg der letzten Jahrzehnte fortgesetzt und das nächste Baugebiet ausgewiesen werden?

·         Sollte vor dem Hintergrund um die Diskussion um den demographischen Wandel und eine flächensparende Siedlungsentwicklung ein Rückzug auf die Bestandsentwicklung stattfinden?

Aus Sicht der Verwaltung ist weder ein einfaches „Weiter so!“ noch ein Verharren im Status quo ein geeigneter Weg für eine zukunftsfähige Entwicklung.

 

Daher wurde – auch auf Anregung einiger Fraktionen – ein Handlungskonzept für eine zukunftsfähige Siedlungsentwicklung entworfen. Dabei sollte kein bis ins Detail und in das Jahr 2025 durchgearbeitetes Konzept entstehen, sondern drei Handlungsbausteine für eine zukünftige Entwicklung aufgezeigt werden, die deutlich machen, wo die „Baustellen“ der Zukunft liegen.

 

 

Die Ausgangslage: Komfortable Stagnation, aber dennoch kein Grund zum Abwarten

 

Prognose der Baulandnachfrage

Die aktuell vorliegenden Bevölkerungsprognosen für Nottuln sind weiterhin weitaus besser als im Bundes- und Landesvergleich. Dennoch wird für Nottuln kein Wachstum, sondern eine Stagnation bzw. ein leichter Rückgang der Bevölkerung bis 2030 prognostiziert. Im Vergleich zu früheren Jahren spielen Wanderungsgewinne in Nottuln kaum noch eine Rolle.

 

Um ein weiteres Absinken der Bevölkerungszahl zu verhindern und damit auch dauerhaft einen Beitrag zur Auslastung der kommunalen Infrastruktur zu leisten, ist eine weitere Bereitstellung von neuen Bebauungsmöglichkeiten erforderlich. Abnehmende Haushaltsgrößen (Anzahl der Einpersonenhaushalte in Nottuln 2006 24,1 %; 2011: 29,0 %) und eine steigende durchschnittliche Wohnfläche (2006: 35,2 m² / Person; 2011: 36,8 m² / Person) führen zu einem weiteren Bedarf an Wohnbebauung trotz stagnierender Einwohnerzahl. Wird diesem Bedarf kein Raum gegeben, ist mit stärker sinkenden Einwohnerzahlen zu rechnen.

 

Zugleich zeigt sich in den vergangenen Jahren ein gewisser Umbruch bei der Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt. So hat in den letzten zwei Jahren gerade der Markt für altengerechte möglichst barrierefreie Wohnungen in Ortskernnähe einen regelrechten Boom erlebt. Und auch in klassischen Neubaugebieten ist erkennbar, dass nicht mehr nahezu ausschließlich Familien mit Kind - eine Gruppe, die man natürlich dennoch nicht aus den Augen verlieren darf – Grundstücke nachfragen, sondern die Lebensentwürfe auch in Nottuln vielfältiger werden.

 

Zukünftig ist damit zu rechnen, dass die Wohnungsnachfrage sich stärker ausdifferenziert und auch im ländlichen Raum spezielle Wohnformen nachgefragt werden. Zu diesem komplexen Thema seien hier nur einige Schlagwörter wie gemeinsam Bauen und Wohnen in einer Baugruppe, generationsübergreifendes Wohnen, Alten-WGs, Wohngruppen für Demenzkranke, Wiederbelebung genossenschaftlicher Bauprojekte oder kleine Einfamilienhäuser für Singles oder Alte genannt.

 

Einen Überblick über aktuelle statistische Daten und Prognosen für Nottuln ist in Anlage 1 zu finden.


A) Qualitätssicherung im Bestand

Quartiere der 60er, 70er und 80er Jahre fit für die Zukunft machen

 

Die Beschäftigung mit Wohnen im Bestand ist vielschichtig. Im folgenden Überblick sollen einige der bestehenden Strategien zur Aufwertung von Bestandsquartieren vorgestellt werden und vor allem die Übertragbarkeit auf Nottuln geprüft werden.

 

Insgesamt muss man zunächst jedoch feststellen, dass die Problemlage in Nottuln weitaus weniger gravierend ist, als in anderen Landesteilen. Leerstände sind kaum erkennbar, Interessenten für Gebrauchtimmobilien vorhanden - wenngleich hier sicherlich Preiserwartungen nicht immer marktgerecht sind. Auch ist die öffentliche Infrastruktur im Bereich von Straßen, Wegen und Grünanlagen auf Grund des größtenteils jungen Alters der Baugebiete noch gut. Insofern stellt sich der Handlungsdruck in Nottuln derzeit als noch nicht übermäßig hoch dar. Dennoch gilt es natürlich, frühzeitig künftigen Fehlentwicklungen entgegenzuwirken und den Bestand entgegenzuwirken. Insofern ist auch hier ein auf die Nottulner Lage angepasstes Handlungskonzept sinnvoll.

 

 

Überprüfung des aktuellen Planungsrechts

 

Die Bebauungspläne für die betreffenden Gebiete stammen vielfach noch aus der Bauzeit und treffen in ihren Festsetzungen nicht immer die Vorstellungen heutiger Eigentümer und Bauwilliger. In einigen Fällen könnte durch geändertes Planungsrecht ein Umbau, ein Ausbau oder eine Nachverdichtung in den bestehenden Baugebieten ermöglicht werden.

 

·         Wo könnte ein Dachgeschossausbau erlaubt werden?

·         Wo könnten Gauben erlaubt werden?

·         Wo wäre ein zusätzliches Vollgeschoss möglich?

·         Wo gibt es Baugrenzen, die vergrößert/begradigt/angepasst werden könnten?

·         Wo könnte in zweiter Reihe liegende Bebauung ermöglicht werden?

·         Wo könnte die Zahl der zulässigen Wohneinheiten erhöht werden?

·         Wo könnten Beschränkungen für Carports, Garagen und Nebenanlagen außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche wegfallen?

·         Verhindern Gestaltungsfestsetzungen energetische Sanierungen (z.B. Festsetzungen zur Fassadengestaltung)?

In einigen wenigen Fällen könnte auch darüber nachgedacht werden, den Bebauungsplan aufzuheben und zukünftig eine Beurteilung nach § 34 BauGB zu ermöglichen oder alternativ dazu für das gesamte Gebiet einen neuen Plan mit reduzierten Festsetzungen zu erstellen.

 

Alle diese Maßnahmen können dazu beitragen, Baulandpotential innerorts zu schaffen und die Modernisierung der bestehenden Bebauung sowohl im energetischen Bereich als auch zur Anpassung an heutige Wohnbedürfnisse zu erleichtern.

 

Änderungen sollten jedoch mit Augenmaß durchgeführt werden, um nicht mit einer zu starken Flexibilisierung die städtebauliche Qualität von gewachsenen Quartieren zu gefährden.

 

Bis Ende 2013 wird die Verwaltung die Bestandspläne sichten, die Änderungsvorschläge auflisten und dem Ausschuss vorstellen. Diese Sichtung dient gleichzeitig der Vorbereitung der Nachverdichtung (Punkt B). Eine anschließende Abarbeitung ist jedoch auf Grund der langwierigen Planverfahren ein mehrjähriger Prozess.

 

 

Hilfestellung beim Modernisieren, Instandsetzen, Sanieren, Umbauen und Rückbauen

 

Ein wichtiger Schritt für die Zukunftsfähigkeit älterer Häuser ist ihre regelmäßige Wartung und Anpassung an den Stand der Technik. Jüngere Erfahrungen z.B. auch aus Billerbeck zeigen, dass die Häuser der 60er und 70er Jahren in den letzten 20 Jahren bereits eine Grundsanierung erhalten haben und die Häuser der 80er Jahre kurz davor stehen. 

 

Trotz der teilweise schon erfolgten Modernisierungen und Sanierungen bestehen auch bei Häusern in diesen Altersgruppen Defizite hinsichtlich der Energieversorgung, der Barrierefreiheit und eines zeitgemäßen Wohnkomforts.

 

Hinzu kommt, dass das Wohnmodell „Familie im Einfamilienhaus“ sich durch den demographischen Wandel und veränderte Familienstrukuren ändert. Wenn die Kinder aus dem Haus sind oder nach einer Trennung leben nur noch ein oder zwei Personen in einem Haus mit Garten, das sie für ihre Bedürfnisse als zu groß empfinden. In Hinblick auf neue Wohnformen und Platzbedürfnisse sind die Grundrisse der Bestandsgebäude jedoch nicht immer geeignet.  

 

Diese Defizite führen in der Summe zur Wertminderung der Bestandsimmobilien. Anstatt eine solche Altimmobilie zu erwerben, weichen Interessenten lieber auf Neubaugebiete aus. Dadurch entsteht langfristig Leerstand in den Ortsteilen, und der Flächenverbrauch an den Ortsrändern wird vergrößert.

 

Aus diesem Grund ist es wichtig, die Eigentümer frühzeitig über mögliche Änderungsmaßnahmen und Fördermöglichkeiten zu informieren. Ein Ansatz dafür ist das bereits bestehende Beratungsangebot von „Clever Wohnen im Kreis Coesfeld“. Erfahrungen in anderen Kommunen haben jedoch gezeigt, dass eine eher passive Information nur einen Teil der Bevölkerung erreicht. Sinnvoller ist ggf. ein aktives Zugehen auf die Eigentümer, um diesen in Einzelberatungen Sanierungs- oder Umbaumöglichkeiten aufzuzeigen oder um Informationen zu anderen Wohnmöglichkeiten zu geben. Eine solche Einzelberatung ist jedoch selbstverständlich kostenintensiv.

 

Um die Bürger für die Thematik zu sensibilisieren, wäre die Erstellung einer Studie denkbar, die die Auswirkungen des demogaphischen Wandels auf den Bebauungsbestand in Nottuln visualisiert; zum Beispiel in Form einer Darstellung der Altersstruktur von Wohngebieten, des Sanierungsstandes etc.

 

 

Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung

Die Wohnqualität ist nicht nur abhängig vom eigenen Wohnhaus, sondern auch vom Umfeld in dem es steht. Zur Attraktivierung bestehender Wohnstandorte sollten Eigentümer und Bewohner, politische Entscheidungsträger, Akteure des Wohnungsmarktes, Kinder und Jugendliche bei Entwurf und Umsetzung eingebunden werden.

·         Allgemeiner Aufruf „Wohnumfeldverbesserung Nottuln“ oder

·         Gezielt nach Voranalyse: Beteiligung der verschiedenen Akteursgruppen in bestimmten Gebieten Nottulns 

 

Sowohl bei der Hausaufwertung als auch bei der Wohnumfeldverbesserung wird es nicht gelingen, alle Ortsteile flächendeckend intensiv zu betreuen. Gerade für Fälle, in denen z.B. ganze Straßenzüge dem heutigen Gestaltungsstand angepasst werden müssten, entstehen hohe Kosten sowohl für die Eigentümer als auch für die Gemeinde. Insofern ist nicht zu erwarten, dass solche Maßnahmen in größerem Maße umgesetzt werden können.

 

Modell „Jung kauft alt“

 

Hierbei handelt es sich um ein Modellprojekt aus der Gemeinde Hiddenhausen. Bauwillige bzw. Kaufinteressenten sollen dazu gebracht werden, nicht im Neubaugebiet zu bauen, sondern ein Bestandsgebäude zu erwerben. Die Gemeinde Hiddenhausen fördert vor dem Kauf Kaufinteressenten bei der Finanzierung eines Altbaugutachtens (max. 1500 €). Dieses beinhaltet eine Ortsbegehung/Bestandausnahme mit Modernisierungsempfehlung und Kostenschätzung einmalig für jeweils einen Altbau (älter als 25 Jahre).

 

Bei Erwerb eines Altbaus und auch bei Abriss und Ersatzbau erhalten die Neueigentümer eine laufende jährliche Förderung für sechs Jahre nach dem Einzug (max. 1500 €). Nach fünf Jahren Projektdauer kommt die Gemeinde Hiddenhausen zu dem Fazit, dass

 

·         mit dem Modell junge Familien in der Gemeinde gehalten werden können, ohne neue Baugebiete auszuweisen,

·         der Flächenverbrauch gestoppt wird,

·         die Baugebiete verjüngt werden,

·         die Immobilienwerte stabilisiert werden,

·         die Infrastruktur (Kindergärten, Schulen, Ver- u. Entsorgung) gesichert wird und

·         sich die Finanzierung insgesamt rechnet, weil die Folgekosten der Siedlungsentwicklung bei diesem Modell geringer sind als bei der Ausweisung neuer Baugebiete

(Quelle: Vortrag von Andreas Homburg, Gemeinde Hiddenhausen am 23.02.2012 in Bocholt – „Innen leben 1 – Neue Qualitäten entwickeln“)

 

Auf Nottuln ist das Modell nur begrenzt übertragbar. Die Ausgangssituation in Hiddenhausen war ein Bevölkerungsrückgang von mehr als 11% und dementsprechend auch eine hohe Anzahl an Leerständen und verkaufswilligen Eigentümern. Bevor ein vergleichbares Projekt in Nottuln angestoßen wird, sollten die Leerstandssituation und die Anzahl der in den künftigen Jahren wahrscheinlich aus Altergründen zu verkaufenden Immobilien analysiert werden.

 

Projekt InnenLeben

 

Im Rahmen der Regionale 2016 gibt es den Projektaufruf „Innen leben – Neue Qualitäten entwickeln!“, der den Fokus auf den Siedlungsbestand der 1950er bis 1970er Jahre legt. Ziel ist, die hier liegenden Potenziale für die Innenentwicklung zu wecken und damit einen Beitrag zum Flächensparen in der Region zu leisten. Der Aufruf wird durch Informations- und Beratungsangebote begleitet, um die vielen Interessen, Eigentümer und Meinungen zusammenzuführen. Welche Projekte zur Innenentwicklung gefördert werden können, ist im Projektaufruf sehr weit gehalten.

Die Vorbereitung, Qualifizierung und Durchführung eines Regionale-Projektes ist zeitaufwändig und arbeitsintensiv. Neben der Ausarbeitung der Projektidee und deren Umsetzung muss viel Zeit für Förderanträge und Dokumentation verwendet werden. In der Regel wird nur ein sehr geringer Anteil der Projektförderung direkt von der REGIONALE bereitgestellt. Der Großteil des Fördergeldes kommt aus verschiedenen Fördertöpfen, die jeweils eine Co-Finanzierung durch die Gemeinde oder privater Investoren erfordern. Eine Vollfinanzierung des Projektes durch die Regionale ist daher nicht zu erwarten.

Dafür bietet die Bewerbung um ein Regionale-Projekt einige Vorteile: Erstens ist die Chance, überhaupt Fördergelder für ein Konzept zur Innenentwicklung zu erhalten bei der Qualifizierung durch die Regionale wesentlich höher als ohne diese.  Zweitens stehen durch die Regionale externe Experten zur Beratung zur Verfügung, mit deren Hilfe Wege beschritten werden können, die im Geschäft der laufenden Verwaltung nicht möglich wären. Drittens ist eine Profilierung Nottulns in der Region und darüber hinaus möglich, da die Projekte in Printmedien und Internet vorgestellt und begleitet werden.

Um an der Förderung teilzuhaben, muss die Gemeinde Nottuln zunächst ein geeignetes Projektgebiet identifizieren. Wichtigstes Kriterium dabei ist die Mitwirkungsbereitschaft der betroffenen Akteure. Die Verwaltung könnte in einem nächsten Schritt verschiedene aussichtsreiche Projektgebiete heraussuchen und in diesen ein Bürgerbeteiligungsverfahren anstoßen.

Eine kurze Information zum Regionale-Projektaufruf ist Anlage 2 zu entnehmen.

 

Weiteres Vorgehen

Gerade im Bereich der Qualitätsbewahrung wird es aufgrund der hohen Personal- und Kostenintensität nicht möglich sein. flächendeckend eine Vielzahl von Projekten umzusetzen. Glücklicherweise ist dies in Nottuln auf Grund der derzeitigen guten Ausgangslage in Bestandsquartieren auch (noch?) nicht erforderlich.

Um hier künftigen Fehlentwicklungen vorzubeugen, gilt es nun aber, Bereiche mit entstehendem Handlungsdruck zu identifizieren und hier Pilotprojekte zu initialisieren, die als Vorbild für das übrige Gemeindegebiet dienen können.

Gerade hierbei könnte das Zusammenspiel mit einem Regionale-2016-Projekt von besonderem Interesse sein. Daher schlägt die Verwaltung vor, einen Vertreter des Büros immorde (betreut das Projekt „InnenLeben“) sowie der Regionale-Agentur für eine der nächsten Sitzungen des Gemeindeentwicklungsausschuss einzuladen, um gemeinsam ein solches Projekt mit Pilotcharakter zu identifizieren.

 


B) Nachverdichtung fördern und Baulücken füllen:

Fläche sparen, kurze Wege und neues Leben in gewachsenen Strukturen

 

Bei der Schließung von Baulücken geht es um die Ausnutzung von vorhandenem, erschlossenem baureifen Land.  Im Unterschied dazu muss für eine Nachverdichtung in größerem Umfang in der Regel erst noch Planungsrecht und eine Erschließung geschaffen werden. 

 

Baulücken

 

In einigen Baugebieten bestehen auch Jahre nach der überwiegenden Entwicklung Baulücken. Diese voll erschlossenen Grundstücke sollten sinnvollerweise zunächst mobilisiert werden, bevor neue Flächen in Anspruch genommen werden. Vollständig wird dies nie gelingen, da gerade Privateigentümer Flächen für z.B. eigene Kinder zurück halten oder Grundstücke zum Beispiel auf Grund des Zuschnitts o.ä. schwer verkäuflich sind. Auf Grund des fehlenden Angebots in Neubaugebieten kann derzeit beobachtet werden, dass seit ca. 1 ½ Jahren verstärkt Baulücken geschlossen werden. Insgesamt wird seitens der Verwaltung geschätzt, dass (abseits der neuen Baugebiete Hellersiedlung, Olympiastraße und Schoppmanns Wiese) ca. 40 Baulücken in Nottuln vorhanden sind. Um diese verstärkt zu mobilisieren, existiert das in Nottuln bislang noch nicht angewandte Instrument des Baulückenkatasters gem. § 200 Absatz 3 Baugesetzbuch.

 

Bei einem Baulückenkataster erfasst die Verwaltung zunächst alle Baulücken, das heißt, alle fertig erschlossenen, aber noch nicht bebauten Grundstücke. Alle Eigentümer werden in der Folge angeschrieben, ob diese einer Veröffentlichung der Baulücken widersprechen und werden befragt (Antwort selbstverständlich freiwillig), ob diese einen Verkauf der Flächen oder eine Bebauung kurzfristig anstreben, aus welchen Gründen zunächst keine Bebauung stattfindet, und ob diese Unterstützung bei der Vermarktung wünschen. Im Anschluss würde das dann entstandene Baulückenkataster mit Informationen zu den einzelnen Grundstücken im Internet veröffentlicht, und wenn von den Eigentümern gewünscht, bei Anfragen der Kontakt zu Interessenten hergestellt. Ein Beispiel für ein Datenblatt aus einem bestehenden Baulückenkataster kann Anlage 3 entnommen werden.

 

Die Verwaltung schlägt vor, bis etwa Anfang 2013 ein solches Baulückenkataster zu erstellen.

 

 

Nachverdichtung

 

In vielen Städten und Gemeinden kann ein großer Teil der Nachfrage nach Bauland bereits heute durch eine Verdichtung des Bestandes bedient werden. So kann sparsam mit wertvollen landwirtschaftlichen Freiflächen umgegangen werden, Bestandsquartiere werden durch eine Durchmischung der Bevölkerung neu belebt und bestehende Infrastrukturen effizienter genutzt. Häufig entsprechen die alten großen Grundstückszuschnitte auch nicht mehr heutigen Ansprüchen, z.B. auf Grund der aufwändigen Gartenpflege.

 

Auf Grund der spezifischen Siedlungsentwicklung Nottulns ist das Grundpotential hierfür jedoch deutlich geringer als in anderen Gemeinden. Ein Großteil der Nottulner Wohngebiete ist in den 1970er, 1980er und 1990er Jahren entstanden. Bereits zu diesem Zeitpunkt waren Grundstücke bereits deutlich weniger groß als noch 10-20 Jahre zuvor. Der Garten als Nutzgarten zur Selbstversorgung, wie bis in die 1950/60er Jahre üblich, spielte nur noch eine untergeordnete Rolle.

 

Zudem trägt die ortstypische, meist eingeschossige Bauweise mit ausgebautem Dachgeschoss zu einem höheren Flächenbedarf bei als eine stärker verdichtete zwei- oder dreigeschossige Bauweise, die in anderen Regionen Nordrhein-Westfalens häufig anzutreffen ist. 

 

Dementsprechend ist die Zahl für eine Nachverdichtung verfügbarer Grundstücke vergleichsweise gering. Auch Brachflächen oder Konversionsflächen stehen für eine Nachverdichtung nicht zur Verfügung. Das Potential in Nottuln stellt sich überschlägig wie folgt dar:

 

Ortsteil Nottuln

Ort

Planungsrechtliche Situation

Wie viel?

Steinstraße und Umfeld (Nottuln Süd)

Hinterlandbebauung planungsrechtlich gem. § 34 BauGB größtenteils nicht zulässig

ca. 40 EFH

Auf der Burg

Gegenwärtig ist eine Bebauung größtenteils unzulässig; Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan liegt vor; eine Grundsatzentscheidung, ob hier zukünftig eine Grünfläche oder eine Wohnbebauung stattfinden soll, ist noch offen

ca. 25 EFH

Vereinzelte Grundstücke im übrigen OT (ohne Baulücken)

unterschiedlich

ca. 15 EFH, entlang der OD tlw. auch MFH

                                                                                                                         gesamt: ca. 80 EFH

 

Ortsteil Appelhülsen

Ort

Planungsrechtliche Situation

Wie viel?

Nordseite Hellerstraße

durch Bebauungsplan Nr. 123 „Hellersiedlung“ im Jahr 2010 ermöglicht

ca. 10 EFH

Ostseite Kücklingsweg im Kreuzungsbereich mit Lindenstraße

Hinterlandbebauung planungsrechtlich gem. § 34 BauGB größtenteils nicht zulässig

ca. 10 EFH

Wemhofstraße

Hinterlandbebauung planungsrechtlich gem. § 34 BauGB größtenteils nicht zulässig

ca. 15 EFH

Ostlandstraße

Derzeit durch Bebauungsplan ausgeschlossen

ca. 10 EFH

Vereinzelte Grundstücke im übrigen OT

unterschiedlich

ca. 10 EFH

gesamt: ca. 55 EFH

 

Ortsteil Darup

Ort

Planungsrechtliche Situation

Wie viel?

Im Nott

Hinterlandbebauung planungsrechtlich gem. § 34 BauGB größtenteils nicht zulässig

ca. 10 EFH

An der Vogelstange (Westseite)

Hinterlandbebauung planungsrechtlich gem. § 34 BauGB größtenteils nicht zulässig

ca. 10 EFH

Vereinzelte Grundstücke im übrigen OT (ohne Baulücken)

unterschiedlich

ca. 5 EFH

                                                                                                                                gesamt: ca. 25 EFH

 

Ortsteil Schapdetten

Ort

Planungsrechtliche Situation

Wie viel?

Fuldastraße

Derzeit durch Bebauungsplan ausgeschlossen 34 BauGB größtenteils nicht zulässig

ca. 10 EFH

Vereinzelte Grundstücke im übrigen OT (ohne Baulücken)

unterschiedlich

ca. 10 EFH

                                                                                                                                gesamt: ca. 20 EFH

 

 

Insgesamt besteht in den vier Ortsteilen ein Nachverdichtungspotential für ca. 180 Einfamilienhäuser. Diese Zahl ist zunächst eindrucksvoll – entspricht sie doch etwa  einem Flächenbedarf von 10 ha in Neubaugebieten.

 

Die Förderung einer Nachverdichtung ist jedoch stets aufwändig und führt auf Grund fehlender Akzeptanz häufig nicht zum Erfolg. Hindernisse sind in aller Regel:

 

-          Bewohner möchten mehrheitlich Grünstrukturen erhalten

-          eine Erschließung ist schwer möglich à Gemeinschaftserschließungsanlagen sind städtebaulich ansprechender, führen jedoch zu hohen Kostenbelastungen der Eigentümer (à Akzeptanzproblem), Einzelerschließungen über eigene Grundstücke sind städtebaulich wenig gelungen und auf Grund „zugebauter“ Vordergrundstücke teilweise schwer realisierbar

-          Wandel im Quartier durch Neubewohner wird kritisch gesehen

-          Eine Beeinträchtigung der Wohnqualität wird befürchtet (Verschattung, Einblicke in Gärten, Lärm etc.)

Die Durchführung von Nachverdichtungsmaßnahmen ist in jedem Fall personalintensiv, da sie in engem Kontakt mit den Eigentümern durchgeführt werden muss, um zum Erfolg zu gelangen. Aus hiesiger Sicht ist es maximal möglich, jährlich ein Gebiet mit ca. 20 Grundstücken zu betreuen und planungsrechtlich umzusetzen. Ein „Zwang“ zum Verkauf besteht natürlich auch nach Schaffung der Möglichkeiten nicht. Ein Verkauf zieht sich üblicherweise über Jahre bzw. sogar Jahrzehnte, so dass nicht davon auszugehen ist, dass durch eine konsequente Nachverdichtung mehr als fünf bis in besonderen Ausnahmefällen zehn Grundstücke jährlich verfügbar werden. Durch Probleme bei der Umsetzung wird es jedoch auch viele Fälle geben, die trotz aufwändiger Bearbeitung nicht zum Erfolg führen.

 

Dennoch ist eine Förderung der Nachverdichtung städtebaulich selbstverständlich sinnvoll. Ein besonderes Potential kommt der Nachverdichtung auch im Ortskern zugute; hier können Projekte in stärker verdichteter Bauform in fußläufiger Entfernung zur Versorgungsinfrastruktur besonders dem altengerechten Wohnen dienen.

 

 

Es wird folgendes Vorgehen vorgeschlagen:

 

Im Herbst wird die Verwaltung alle Eigentümer der oben genannten größeren Potentialgebiete – also ca. 150 – schriftlich befragen, ob diese Interesse an einer Nachverdichtungsmöglichkeit ihrer Grundstücke haben. Nach einer Auswertung wird dann für das Jahr 2013 durch die politischen Gremien ein erfolgversprechendes Auftaktgebiet ausgewählt. Im günstigsten Fall könnten so Anfang 2014 einige Grundstücke verfügbar sein.

 


C) Siedlungsentwicklung weiterführen

Aber: Maßvoll und qualitätsorientiert

 

Die Bausteine A und B des Handlungskonzepts „Siedlungsentwicklung“ sind ein wichtiger Bestandteil für eine zukunftsfähige Siedlungsentwicklung in Nottuln. Dennoch ist auf Grund der spezifischen Nottulner Gegebenheiten nicht empfehlenswert, auf eine weitere Ausweisung von Neubaugebieten zu verzichten. Bestimmte Nachfragegruppen werden einerseits allen gegenteiligen Bemühungen zum Trotz stets gezielt nach einem Neubaugebiet suchen, und andererseits lassen sich bestimmte „spezielle“ Bautypen nur im Neubaubereich realisieren. Außerdem lässt sich die bestehende Nachfrage nach Bauland in den nächsten Jahren nicht vollständig im Bestand decken. Somit würde sich das Schrumpfen der Gemeinde beschleunigen.

 

Ein realistischer Nachfragemaßstab im Neubaubereich ist auch nach Rücksprache mit den örtlichen Finanzinstituten bei ungefähr 30 Wohneinheiten im Einfamilienhaussektor mit einem starken Schwerpunkt im Ortsteil Nottuln zu sehen. Davon könnten, wie oben beschrieben, maximal etwa fünf Häuser im Rahmen einer Nachverdichtung realisiert werden.

Insgesamt besteht also zumindest für den mittelfristigen Planungshorizont eine Nachfrage von jährlich etwa 25 Neubauten im Einfamilienhaussektor. Für diese Baugebiete sollten jedoch eine Reihe von Qualitätsvorgaben gesetzt werden:

 

·         Wert der Gebietsausweisung auch für die gesamtgemeindliche Entwicklung z.B. durch Grünvernetzung, sinnvolle Infrastrukturnutzung, Ortsabrundung,

·         besonderer Innovationscharakter zumindest in Teilbereichen z.B. durch Projekte wie eine Klimaschutzsiedlung oder Projekte zum altengerechten Wohnen bzw. mit generationenübergreifendem Charakter

·         Umsetzung in überschaubaren Größenordnungen (max. ca. 75 WE vergleichbar mit Baugebiet Olympiastraße)

Auch im günstigsten Fall (1 ½ - 2 Jahre für die Vorplanung, 6-9 Monate für die Erschließungsanlagen) könnte so frühestens im Jahr 2015 wieder ein Neubaugebiet in Nottuln bereit stehen.

 

 


Fazit: Nur eine Kombination von Maßnahmen führt zum Erfolg

Um in Nottuln eine zukunftsfähige Siedlungsentwicklung zu ermöglichen, sollte eine gemischte Strategie verfolgt werden, die Bausteine aus allen o.g. Bereichen beinhaltet. Zusammengefasst sollte aus Sicht der Verwaltung folgendes Maßnahmenbündel auf den Weg gebracht werden:

 

A) Qualitätssicherung im Bestand

 

·         Bestehende Bebauungspläne zukunftssicher gestalten

·         Suche nach einem geeigneten Pilotprojekt zur Qualitätssicherung im baulichen Bestand

·         Wohnumfeldverbesserungen im Rahmen enger finanzieller Mittel

 

 

B) Nachverdichtung fördern und Baulücken füllen

 

·         Baulückenkataster erstellen

·         Nachverdichtungspotential mobilisieren

 

 

C) Siedlungsentwicklung weiterführen

 

·         Ortsteil Nottuln:

Möglichst zügige Entwicklung eines Neubaugebietes; Ziel: überschaubare Zahl von Grundstücken pro Jahr anbieten, jedoch ein kontinuierliches Angebot zur Verfügung stellen

 

·         Ortsteil Appelhülsen:

Verkaufssituation in den Baugebieten Nord II sowie Hellersiedlung/Kapellenweg beobachten; bei erkennbarem Bedarf frühzeitige Sondierung weiterer Entwicklungsmöglichkeiten.

 

·         Ortsteil Schapdetten:

Fortführung der aktiven Suche nach Bauland, jedoch auf Grund der Vorgaben der Landesplanung: Siedlungsentwicklung im nur begrenzten Umfang für den Eigenbedarf

 

·         Ortsteil Darup:

Nachfrageüberhang derzeit abgebaut; Beobachtung der Situation; auf Grund der Vorgaben der Landesplanung: Siedlungsentwicklung im nur begrenzten Umfang für den Eigenbedarf


Finanzielle Auswirkungen:

Für die jeweils nächsten Arbeitsschritte entsteht ausschließlich (tlw. hoher) interner Arbeitsaufwand, für die Umsetzung späterer Maßnahmen können die Folgekosten derzeit noch nicht quantifiziert werden.


Anlagen:

Anlage 1: Basisdaten zur Bevölkerungsentwicklung

Anlage 2: Information zum Regionale 2016-Projekt „InnenLeben“

Anlage 3: Beispiel Baulückenkataster