Betreff
Stellungnahme zur Schulentwicklungsplanung der Stadt Billerbeck anlässlich der beabsichtigten Errichtung einer Gemeinschaftsschule als Schulversuch
Vorlage
184/2010
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.       Die anlassbezogene Schulentwicklungsplanung der Stadt Billerbeck zur Errichtung einer Gemeinschaftsschule als Schulversuch wird zur Kenntnis genommen.

2.       Aufgrund der Gefährdung des Bestandes der Geschwister-Scholl-Hauptschule in Nottuln wird der regionale Konsens nicht erteilt.

3.       Für den Fall der Genehmigung der Gemeinschaftsschule muss die Gemeinde Nottuln darauf bestehen, dass die Zügigkeit dieser Gemeinschaftsschule auf drei Züge begrenzt wird und nur in den Schuljahren auf vier Züge ausgeweitet werden darf, in denen die Zügigkeit aus dem eigenen Schülerpotenzial der Stadt Billerbeck erreicht werden kann.

4.       Im Falle der Genehmigung der Gemeinschaftsschule sollte angestrebt werden, dass es zu einer Kooperation zwischen der Gemeinschaftsschule Billerbeck und dem Gymnasium Nottuln kommt.


Sachverhalt:

Mit Schreiben vom 15.10.2010 teilt die Stadt Billerbeck mit, dass der dortige Rat in seiner Sitzung am 5.10.2010 beschlossen hat, einen Antrag zur Teilnahme am Modellversuch „Gemeinschaftsschule“ des Landes Nordrhein-Westfalen zu stellen. Die anlassbezogene Schulentwicklungsplanung der Stadt Billerbeck wurde ebenfalls übersandt und ist dieser Vorlage als Anlage beigefügt.

 

Die Stadt Billerbeck plant, die jetzige Geschwister-Eichenwald-Realschule und die Don-Bosco-Gemeinschaftshauptschule zusammenzulegen und um den gymnasialen Standard zu erweitern. Die Errichtung der neuen Schule soll sukzessive mit dem fünften Jahrgang bei gleichzeitigem Auslaufen der bestehenden Schulen erfolgen. Die Stadt Billerbeck verfolgt mit dem Schulversuch Gemeinschaftsschule das Ziel, möglichst vielen Billerbecker Schülerinnen und Schülern ein attraktives Angebot in der Sekundarstufe I zu machen. Die neue Schule soll darüber hinaus den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf anbieten und als gebundene Ganztagsschule geführt werden. Außerdem soll leistungsstarken Kindern der Weg in die Sekundarstufe II dadurch gewiesen werden, dass ein Kooperationsvertrag mit einem Gymnasium mit gymnasialer Oberstufe in der Nachbarschaft geschlossen wird.

 

Wegen der engen Fristsetzung des Schulministeriums bat die Stadt Billerbeck um eine Stellungnahme zu ihrer Schulentwicklungsplanung bis zum 19.11.2010. Aufgrund der Terminierung der Sitzung des Nottulner Ausschusses für Familie, Soziales, Bildung und Freizeit hat die Stadt Billerbeck einer Fristverlängerung bis zum 24.11.2010 zugestimmt.

 

 

Stellungnahme der Gemeindeverwaltung:

 

Laut Beschluss des Rates der Stadt Billerbeck vom 05.10.2010 soll eine vierzügige Gemeinschaftsschule aufgebaut werden. Nach Auffassung des nordrhein-westfälischen Schulministeriums muss eine Gemeinschaftsschule mindestens dreizügig sein; vier oder mehr Parallelklassen wären allerdings wünschenswert. Für die Genehmigung des Modellversuches ist im Betrachtungszeitraum von fünf Jahren eine Dreizügigkeit mit mindestens 23 Schülerinnen und Schülern pro Klasse erforderlich.

 

Die Stadt Billerbeck geht im Rahmen der Fortschreibung des Schulentwicklungsplanes davon aus, dass 68 % der Billerbecker Schülerinnen und Schüler die Gemeinschaftsschule besuchen würden. Ausgehend von dem ermittelten Schülerpotenzial in Billerbeck wird dargestellt, dass die erforderliche Gesamtzahl von 69 Schülerinnen und Schüler im Betrachtungszeitraum von fünf Jahren für eine Dreizügigkeit alleine schon durch Billerbecker Schülerinnen und Schüler erreicht wird. Außerdem rechnet man mit bis zu 15 Einpendlern aus den Orten Coesfeld, Havixbeck, Nottuln und Rosendahl.

 

Bezogen auf die Vergangenheit muss konstatiert werden, dass es keine regen Schülerbewegungen gegeben hat zwischen der Stadt Billerbeck und der Gemeinde Nottuln. Weder Hauptschule noch Realschule noch Gymnasium der Gemeinde Nottuln werden in einer deutlich wahrnehmbaren Stärke von Billerbecker Schülerinnen und Schüler besucht. Damit wird deutlich, dass das Ausbleiben von Schülerinnen und Schülern aus Billerbeck den Bestand der Nottulner weiterführenden Schulen nicht ernsthaft gefährdet. Dieser Aspekt ist also keine Begründung für eine Versagung des regionalen Konsenses.

 

Die Verwaltung beurteilt die Gefährdung der Schulform Hauptschule in der Gemeinde Nottuln allerdings anders. Seit wenigen Jahren hat sich die Geschwister-Scholl-Hauptschule in Nottuln zu einer einzügigen Hauptschule entwickelt. Die Zahlen der aktuellen Schulentwicklungsplanung zeigen auf, dass sich an dieser Entwicklung im Laufe des Betrachtungszeitraumes (bis Schuljahr 2015/16) nichts ändern wird. Es ist also davon auszugehen, dass die Geschwister-Scholl-Hauptschule dauerhaft einzügig betrieben werden wird. Dieser Umstand allein bedeutet aus Sicht der Bezirksregierung Münster kein Gefährdungspotenzial für den Bestand der Schule.

 

Nach Auskunft der Bezirksregierung Münster gilt eine Schule als im Bestand gefährdet, wenn Eingangsklassen mit weniger als 18 Schülerinnen und Schülern gebildet werden müssten. In diesen Fällen müsste ernsthaft die Schließung der Schule erwogen werden. Ein Blick auf die im Ausschuss für Familie, Soziales, Freizeit und Bildung am 21.09.2010 diskutierte mittelfristige Entwicklung der Schülerzahlen zeigt, dass die Schülerzahlen der Geschwister-Scholl-Hauptschule bei gleichbleibender Übergangsquote in den Schuljahren 2011/12 bis 2013/14 im Durchschnitt 30 Schüler ausweist. Ein Gefährdungspotenzial kann aus Sicht der Verwaltung daraus nicht abgeleitet werden. Anders sieht dies aus ab dem Schuljahr 2014/15. Aufgrund der demografischen Entwicklung zeigt sich ab dem Jahr 2014 ein starkes Absinken von Abgängern aus der vierten Klasse der Nottulner Grundschulen. Dies führt ab dem Schuljahr 2014/15 dazu, dass bei der angenommenen Übergangsquote noch 24 Schülerinnen und Schüler die Eingangsklasse der Geschwister-Scholl-Hauptschule besuchen werden.

 

Dass sich Nottulner Eltern auch eine andere Schulform als die in Nottuln angebotenen vorstellen können, ist daran ablesbar, dass rund 25 % der Grundschulabgänger eine weiterführende Schule außerhalb des Gemeindegebietes besuchen. In überwiegendem Maße wird von den Eltern die Schulform Gesamtschule gewählt. Sollte in der Stadt Billerbeck der Schulversuch Gemeinschaftsschule zum Schuljahresbeginn 2011/12 starten und sich positiv entwickeln, so ist nicht auszuschließen, dass Eltern von potenziellen Hauptschülerinnen und –schülern die Schulform Gemeinschaftsschule vorziehen werden. Nach der Prognose der Verwaltung zur mittelfristigen Entwicklung der Schülerzahlen würde das bedeuten, dass es ab dem Schuljahr 2014/15 ausreichen würde, wenn sich lediglich sieben Eltern von potenziellen Hauptschülerinnen und –schülern für die Gemeinschaftsschule in Billerbeck entscheiden würden, um eine Schließungsdiskussion der Nottulner Hauptschule auszulösen. Welche Auswirkungen das für die Nottulner Schullandschaft, die Eltern, Lehrer und Schüler einer dann auslaufenden Schulform bedeuten würde, muss sicher nicht explizit dargestellt werden.

 

Aus der begründeten Sorge um den Bestand der Geschwister-Scholl-Hauptschule in Nottuln schlägt die Verwaltung daher vor, den regionalen Konsens zur Errichtung einer Gemeinschaftsschule in Billerbeck nicht zu erteilen.

 

Sollte es trotz der Sorgen und Einwände der Nachbarkommunen doch zu einer Genehmigung der Gemeinschaftsschule in Billerbeck durch das Schulministerium kommen, so schlägt die Verwaltung vor, die Begrenzung der Gemeinschaftsschule Billerbeck auf drei Züge zu fordern, um eine mögliche Gefährdung der Geschwister-Scholl-Hauptschule abzumildern. Wie die Stadt Billerbeck in ihrer Schulentwicklungsplanung darstellt, kann eine Dreizügigkeit allein schon durch Billerbecker Schülerinnen und Schüler erreicht werden. Dies korreliert mit dem vom Ministerium für Schule und Weiterbildung herausgegebenen Leitfaden für Schulen und Gemeinden, die sich am Schulversuch „Längeres gemeinsames Lernen-Gemeinschaftsschule“ beteiligen wollen. Auf Seite 8 der Leitlinien heißt es wörtlich:

Da die Gemeinschaftsschule als Schule für eine oder mehrere Gemeinden eingerichtet wird, soll sich die Aufnahmekapazität an den zu erwartenden Anmeldungen aus dem Gebiet, für das die Schule von dem oder den Schulträgern vorgesehen ist, orientieren. Kinder aus diesem Gebiet haben einen Anspruch auf Aufnahme. Sind darüber hinaus im Rahmen der festgelegten Kapazität Plätze frei, können nach Entscheidung der Schulleiterin, des Schulleiters auch Kinder aus benachbarten Regionen aufgenommen werden.

 

Da die Gemeinschaftsschule ausschließlich für das Gebiet der Stadt Billerbeck eingerichtet werden soll, bedeutet diese Formulierung, dass sich die Aufnahmekapazität der Gemeinschaftsschule ausschließlich an den aus dem Billerbecker Stadtgebiet zu erwartenden Anmeldungen orientieren soll. Von daher dürfte diese Forderung der Sichtweise des nordrhein-westfälischen Schulministeriums entsprechen.

 

Die Verwaltung schlägt daher vor, für den Fall der Genehmigung der Gemeinschaftsschule eine Begrenzung auf drei Züge zu fordern.

 

Im Falle der Genehmigung der Billerbecker Gemeinschaftsschule hat diese zur Ermöglichung des Erwerbs einer allgemeinen Hochschulreife eine Kooperation mit einem Gymnasium, einer Gesamtschule und/oder einem Berufskolleg nachzuweisen. Jede Gemeinschaftsschule muss mit einer Sekundarstufe II verbunden sein. Eltern sollten bereits bei der Anmeldung zur Gemeinschaftsschule Klarheit darüber haben, unter welchen Bedingungen und wo ihr Kind später eine Oberstufe besuchen und das Abitur erwerben kann.

Die Stadt Billerbeck hat Sondierungsgespräche mit den infrage kommenden Verwaltungen und Schulleitungen in Coesfeld, Havixbeck und Nottuln geführt. Die Schulleitung des Gymnasiums Nottuln hat in diesem Sondierungsgespräch ein hohes Interesse an einer Kooperation mit der Billerbecker Gemeinschaftsschule signalisiert, falls es zu einer Genehmigung des Schulversuches kommen sollte. Die Gemeindeverwaltung unterstützt diese Intention des Nottulner Gymnasiums und hat dies der Billerbecker Verwaltungsspitze auch deutlich signalisiert. Am 19.11.2010 wird ein weiteres Sondierungsgespräch zwischen den Verwaltungsleitungen aus Billerbeck und Nottuln stattfinden. Über das Ergebnis wird in dieser Sitzung berichtet.

 

Die Verwaltung schlägt daher vor, eine Kooperation zwischen dem Gymnasium Nottuln und der Gemeinschaftsschule Billerbeck zu befürworten und zu unterstützen.

 

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Gemeindeverwaltung dem Ausschuss für Familie, Soziales, Bildung und Freizeit aus Sorge um den Bestand der Geschwister-Scholl-Hauptschule in Nottuln vorschlägt, zur beabsichtigten Errichtung einer Gemeinschaftsschule in Billerbeck den regionalen Konsens zu versagen. Im Falle einer Genehmigung sollte durch das Schulministerium allerdings die Zügigkeit der Gemeinschaftsschule Billerbeck auf drei Züge begrenzt werden, was das Gefährdungspotenzial der Nottulner Hauptschule reduzieren würde. Des weiteren schlägt die Gemeindeverwaltung vor, das Ansinnen des Gymnasiums Nottuln auf Kooperation mit der Gemeinschaftsschule Billerbeck zu unterstützen.


Finanzielle Auswirkungen:

 

Keine direkten


Anlagen:

Schulentwicklungsplanung der Stadt Billerbeck