Beschlussvorschlag:
1. Die in
Anlage 1 gegebenen Abwägungsempfehlungen werden beschlossen.
2. Die
Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes der Gemeinde Nottuln (siehe Anlage 2)
wird als Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB beschlossen.
3. Die
Sortimentsliste (siehe Anlage 2; S. 68-71, Tab. 20) für die Gemeinde Nottuln
(„Nottulner Liste“) wird beschlossen. Abweichend von der in Anlage 2
aufgeführten Liste wird unter dem Oberpunkt Nichtzentrenrelevante Sortimente /
Gartenartikel das Sortiment „aus 47.59.9: Einzelhandel mit
Haushaltsgegenständen a. n. g. (daraus NUR: Koch- und Bratgeschirr für den
Garten)“ gestrichen.
4. Die
Abgrenzung der zentralen Versorgungsbereiche:
-
Hauptzentrum
Ortszentrum (bestehend aus Hauptgeschäftsbereich und funktionalem Ergänzungsbereich)
(siehe Anlage 2, S. 50, Abb. 18)
-
Nahversorgungszentrum
Appelhülsener Straße ohne Entwicklungsbereich (siehe Anlage 2, S. 50, Abb. 18)
-
Nahversorgungszentrum
Appelhülsen (siehe Anlage 2, S. 59, Abb. 19)
werden
beschlossen.
Sachverhalt:
Verfahren
Seit März
2009 wurde durch das Dortmunder Gutachterbüro Stadt + Handel die Fortschreibung
des Einzelhandelskonzeptes der Gemeinde Nottuln erarbeitet. Das zuvor im Jahr
2004 entwickelte Einzelhandelskonzept, die anschließend vorgenommene Abgrenzung
des zentralen Versorgungsbereichs und die Sortimentsliste („Nottulner Liste“)
genügen den aktuellen Anforderungen an Einzelhandelskonzepte nicht mehr.
Nachdem
die wichtigsten Inhalte am 25.11.2009 im Gemeindeentwicklungsausschuss
vorgestellt wurden (VL 198/2009) und beschlossen wurde, auf dieser Grundlage
die Bearbeitung weiter zu führen, hat im Zeitraum vom 05.02.2010 bis zum
05.03.2010 eine Beteiligung der Öffentlichkeit und der betroffenen Behörden
stattgefunden. Die eingegangenen Stellungnahmen können Anlage 1 entnommen
werden.
Bestandteile
des Einzelhandelskonzepts
Die in
Anlage 2 abgedruckte Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes gliedert sich in
folgende wesentlichen Bestandteile:
1. Markt- und Standortanalyse (Kapitel 2)
Das
Kapitel besteht einerseits aus der Untersuchung und Bewertung der im Rahmen des
Einzelhandelskonzeptes wichtigen Angebots- und Nachfragedaten (Kaufkraft,
Kaufkraftabfluss), andererseits aus der flankierenden Analyse städtebaulicher
Merkmale der bedeutenden Einzelhandelsstandorte (Verteilung der Verkaufsflächen
in Nottuln).
2. Leitlinien für die künftige
Einzelhandelsentwicklung (Kapitel 3)
In diesem
Abschnitt werden einerseits die rechtlichen Rahmenbedingungen für
Einzelhandelsansiedlungen erläutert und andererseits der tatsächliche absatzwirtschaftliche
Entwicklungsrahmen dargestellt. So lässt sich beispielsweise erkennen in
welchen Sortimenten Potential für weitere Einzelhandelsansiedlungen besteht.
3. Zentren- und Nahversorgungskonzept
(Kapitel 4.1 und 4.2)
Das
Zentrenkonzept ist der Kern des Einzelhandelskonzepts. Hier erfolgt die genaue
Abgrenzung der zentralen Hauptversorgungsbereiche. Bislang war in Nottuln nur
ein einzelner Hauptversorgungsbereich durch den Rat festgelegt. Die Festlegung
entspricht nicht mehr den aktuellen Anforderungen an eine Zentrenfestlegung.
Das Gutachterbüro schlägt stattdessen eine feinere Untergliederung vor:
-
Hauptzentrum
Ortszentrum
-
Nahversorgungszentrum
Appelhülsener Straße in Nottuln
-
Nahversorgungszentrum
Appelhülsen
Die
markantesten Änderungen treten dabei im Verlauf der Appelhülsener Straße
„zwischen den Kreisverkehren“ auf. Bislang war dieser Bereich komplett als
Hauptversorgungsbereich ausgewiesen. In Erörterungsgesprächen mit dem
Gutachterbüro, der IHK und der Bezirksregierung hat sich gezeigt, dass eine
solch weit reichende Abgrenzung weder fachlich haltbar, noch im Sinne einer
Stärkung des Ortskerns vertretbar ist.
Stattdessen
hat das Gutachterbüro vorgeschlagen, den Hauptversorgungsbereich in seiner
Größe zu verringern. Neben dem historischen Ortskern soll jedoch weiterhin
zumindest am nordwestlichen Kreisverkehr zentrenrelevanter Einzelhandel unter
bestimmten Voraussetzungen zulässig sein. In diesem funktionalen
Ergänzungsbereich zum historischen Ortskern sollen sich die Geschäfte mit
zentrenrelevanten Sortimenten ansiedeln, die auf Grund des benötigten
Flächenzuschnitts dort keine geeigneten Räumlichkeiten finden.
Zielvorstellung
der Gemeinde sollte sein, die Verknüpfung dieses Bereiches mit dem historischen
Ortskern entlang der Mauritzstraße zu verbessern. In Folge des Baus der
Umgehungsstraße kann hier mittelfristig eine attraktive fußläufige Verbindung –
ggf. einhergehend mit weiteren Geschäftseröffnungen – entstehen.
Im
Bereich des südöstlichen Kreisverkehrs befinden sich bereits mehrere
Lebensmittelgeschäfte (ein Vollsortimenter und zwei Discounter) mit ergänzenden
Angeboten. Dieser Bereich wird als Nahversorgungszentrum zur Versorgung der
Bevölkerung insbesondere des östlichen Teils Nottulns angesehen.
Darüber
hinaus bildet der gesamten Bereich beidseits der Appelhülsener Straße zwischen
den Kreisverkehren den bevorzugten Standort zur Ansiedlung großflächiger
Einzelhandelsgeschäfte mit nichtzentrenrelevanten Sortimenten.
4. Sortimentsliste (Kapitel 4.4)
Die
Sortimentsliste („Nottulner Liste“) legt spezifisch bezogen auf die
Verhältnisse in Nottuln fest, welche Sortimente zentrenrelevant,
nahversorgungsrelevant oder nichtzentrenrelevant sind.
Im
Vergleich zur gegenwärtig geltenden „Nottulner Liste“ gemäß Ratsbeschluss vom
11.11.2008 (VL 341/2008) kann diese nun durch die aktuellen empirischen
Erkenntnisse des Konzepts hergeleitet werden und sich hinsichtlich ihrer
Systematik an einer einheitlichen und eindeutigen Vorgabe orientieren
(Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistisches Bundesamtes, Ausgabe
2008). Auf Grund einer Stellungnahme der Bezirksregierung (siehe Anlage 1) wird
jedoch empfohlen, die vom Gutachter empfohlene Liste unter einem Punkt
geringfügig zu ändern (Klassifikation von „Koch- und Bratgeschirr für den
Garten“ als nichtzentrenrelevantes Sortiment).
5. Ansiedlungsleitsätze (Kapitel 4.5)
Fünf
knappe Leitsätze geben einen Überblick, welcher Einzelhandel, wo im
Gemeindegebiet angesiedelt werden soll und stellen so die zusammengefasste
Zielsetzung der Gemeinde für die künftige Entwicklung im Bereich Einzelhandel
dar.
Sie
stellen ein Regelwerk dar, das transparente, nachvollziehbare
Zulässigkeitsentscheidungen und bauleitplanerische Abwägungen vorbereitet und
dienen dazu, die Standortstruktur des Nottulner Einzelhandels insbesondere
zugunsten einer gesamtgemeindlich gewinnbringenden Entwicklung zu sichern und
weiter auszugestalten.
Bedeutung
des Einzelhandelskonzeptes
Das Einzelhandelskonzept einer Gemeinde
stellt die Zielvorstellung zur künftigen Einzelhandelsentwicklung dar und soll
die Richtschnur für alle künftigen Planungen im Bereich Einzelhandel sein. Der
Einzelhandelserlass 2008 des Ministeriums für Bauen und Verkehr NRW führt dazu
aus:
„Bei der
Steuerung der Einzelhandelsentwicklung kommt den Gemeinden eine entscheidende
Rolle zu. Mit der Aufstellung von gemeindlichen Einzelhandelskonzepten und der
planungsrechtlichen Umsetzung dieser Konzepte durch Bauleitpläne unterstützen
die Gemeinden die Entwicklung ihrer Zentren und Nebenzentren und sorgen für
eine ausgewogene Versorgungsstruktur.
Einzelhandelskonzepte schaffen einerseits eine Orientierungs- und
Beurteilungsgrundlage für die Bauleitplanung und die Beurteilung von Vorhaben,
andererseits Planungs- und Investitionssicherheit für Einzelhandel, Investoren
und Grundstückseigentümer.“
Quelle: Einzelhandelserlass 2008 des
Ministeriums für Bauen und Verkehr NRW
Nach
geltender Rechtsprechung ist es inzwischen nahezu nicht mehr möglich, ohne ein
aktuelles, umfassendes und gesamtstädtisches Einzelhandelskonzept begründeter
Maßen Einfluss auf die Entwicklung des Einzelhandels zu nehmen.
Das
Einzelhandelskonzept erlangt dabei zunächst selbst keine unmittelbare
Rechtswirkung; die praktische Umsetzung erfolgt über Festsetzungen in Bauleitplänen.
Hier erfüllt das Einzelhandelskonzept jedoch eine unverzichtbare Funktion als
städtebauliche Rechtfertigung. Es gibt Auskunft über das Erfordernis und die
Begründung bestimmter Festsetzung und wird als städtebauliches
Entwicklungskonzept zum abwägungsrelevanten Belang.
Darüber
hinaus ist ein Einzelhandelskonzept – hier vor allem die Abgrenzung der
zentralen Versorgungsbereiche – im landesplanerischen Anpassungsverfahren gem.
§ 32 Landesplanungsgesetz bei großflächigen Einzelhandelsvorhaben, ein erforderlicher
Nachweis, für die landesplanerische Zustimmung der Bezirksregierung.
Dabei
sind Einzelhandelskonzepte nicht als Verhinderungsinstrument zu verstehen –
vielmehr geht es darum, Einzelhandel an der richtigen Stelle in der Gemeinde,
in der richtigen Größe und mit den an den Ort angepassten Sortimenten
zuzulassen. Dabei soll explizit nicht der status-quo festgeschrieben werden,
sondern auch Raum für eine Weiterentwicklung gegeben werden.
Aktuelle
Rechtsprechung
Auf
rechtlicher Ebene hatte das Einzelhandelskonzept durch die Neufassung des
§ 24a Landesentwicklungsprogramm (LEPro) NRW im Jahr 2007 auch auf Grund
der landesplanerischen Vorgaben zur Steuerung (großflächiger)
Einzelhandelsvorhaben an Bedeutung gewonnen.
Die
jüngste Rechtsprechung hat die Bedeutung des § 24a LEPro jedoch stark
relativiert. Die Urteile des Verfassungsgerichtshofs NRW vom 26.08.2009 (18/08)
sowie insbesondere des Oberverwaltungsgerichtes NRW vom 30.09.2009
(10 A 1676/08) mit der hierzu erfolgten Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde
durch das Bundesverwaltungsgericht vom 14.04.2010 (4 B 78.09) erklären die
Regelung für teilweise verfassungswidrig (Eingriff in die kommunale
Planungshoheit) bzw. stellen klar, dass § 24a LEPro kein verbindliches
Ziel der Raumordnung darstellt.
Das
bedeutet, dass § 24a LEPro in Zukunft höchstens noch einen Grundsatz der
Landesplanung darstellt. Als solcher kann er jedoch im Zuge der Abwägung mit
anderen Belangen durch die Gemeinde überwunden werden. Die gerichtlichen
Entscheidungen verringern die Bedeutung des Einzelhandelskonzeptes nicht. Denn
gerade als Argumentation im Rahmen einer Abwägung ist eine umfassende
Datengrundlage und ein Zielkonzept erforderlich. Auch für jede Regelung zum
Einzelhandel in einem Bebauungsplan bleibt ein umfassendes Einzelhandelskonzept
erforderlich.
Weiteres
Vorgehen
Das
Einzelhandelskonzept ist wie oben beschrieben für sich genommen gegenüber z.B.
Antragstellern nicht rechtsverbindlich. Es stellt jedoch eine Selbstbindung der
Gemeinde dar. Das heißt insbesondere auf Ebene der Bauleitplanung sollte die
Gemeinde die Zielvorstellung des Einzelhandelskonzepts konkretisieren und
umsetzen.
Dies
betrifft gegenwärtig insbesondere folgende Gebiete:
1. Bereich Appelhülsener
Straße
In
Nottuln steht die Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes in engem
Zusammenhang mit der künftigen Entwicklung an der Appelhülsener Straße. Da im
historischen Ortskern selbst auf Grund der kleinteiligen Bebauung keine oder
kaum Raumangebot für größere Ladenlokale besteht, bietet der Bereich
Appelhülsener Straße eine wichtige ergänzende Funktion, um Nottuln dauerhaft
als attraktiven Einkaufsort zu erhalten. Andererseits besteht die Gefahr, dass
ein unbegrenztes Wachstum (in sensiblen Warensegmenten) im Bereich der
Appelhülsener Straße den historischen Ortskern als Einzelhandelsstandort
schwächt.
Ohne
Einzelhandelskonzept ist hier weder die Verhinderung unerwünschter Tendenzen
möglich, die den historischen Ortskern weiter schwächen, noch ist das Zulassen
anderer Vorhaben möglich, die für die Attraktivität Nottulns als
Einzelhandelsstandort positiv wirken, ohne das Zentrum zu schädigen (z.B.
Erweiterungen im Segment der Baumarktartikel oder der Nahversorgung). Somit
kann auch erst nach Beschluss des Einzelhandelskonzepts das Bebauungsplanverfahren
Nr. 118 „Zentraler Hauptversorgungsbereich; Abschnitt Appelhülsener
Straße“ weitergeführt werden (Aufstellungsbeschluss siehe VL: 322/2008).
2. Gewerbe- und Industriegebiet
Beisenbusch
Im
Gewerbe- und Industriegebiet „Beisenbusch“ sind umfassende Regelungen zum
Einzelhandel erforderlich. In Teilbereichen ist der gänzliche Ausschluss von
Einzelhandel vorgesehen, in anderen Teilbereichen ist wiederum nur der Handel
mit nicht-zentrenrelevanten Sortimenten vorgesehen. Insbesondere um über eine
aktuelle und empirisch gesicherte „Nottulner Liste“ zu verfügen, ist der
Beschluss zum Einzelhandelskonzept vor Abschluss des Bebauungsplanverfahrens
Nr. 109 „Beisenbusch“ erforderlich.
3. Sonstige Gewerbe- und Industriegebiete
In den
bestehenden Bebauungsplänen zu den unterschiedlichen Gewerbe- und
Industriegebieten im Gemeindegebiet wird mittelfristig eine Anpassung der
Festsetzungen erforderlich sein, um deren Rechtssicherheit dauerhaft zu
gewährleisten.
Finanzielle Auswirkungen:
keine
Anlagen:
Anlage 1: Stellungnahmen und Abwägungsempfehlungen
Anlage 2: Entwurf des Einzelhandelskonzeptes