Beschlussvorschlag:
Ein
Verfahren zur 84. Änderung des Flächennutzungsplans im Bereich „Beisenbusch II“
und zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 162 „Beisenbusch II“ wird für den in
Anlage 1 abgegrenzten Geltungsbereich im Parallelverfahren eingeleitet.
Sachverhalt:
Die
AGRAVIS Raiffeisen AG ist als Großhandelspartner der
Raiffeisen-Genossenschaften vor Ort Eigentümerin der in Anlage 1 markierten
Flächen mit einer Größe von ca. 9 ha, die im
Westen durch eine landwirtschaftlich genutzte Fläche mit Wohngebäude, im Osten
durch eine rein landwirtschaftlich genutzte Fläche, im Süden durch einen
Wirtschaftsweg und im Norden durch den Hellerbach begrenzt wird.
Da
das gegenwärtig von AGRAVIS als Distributionszentrum ausgebaute Areal am
Standort Münster „Loddenheide“ nicht mehr den betrieblich notwendigen Ansprüchen
genügt und eine flächenmäßige Erweiterung vor Ort keine Aussicht auf Erfolg
verspricht, beabsichtigt das Unternehmen nunmehr den Aufbau eines neuen
Distributionszentrums am Beisenbusch. Ausschlaggebend für diese Standortwahl
war neben der tatsächlichen Flächenverfügbarkeit insbesondere auch die
verkehrstechnische Gunstlage in unmittelbarer Nähe zur BAB 43 sowie die Nähe zu
den Einrichtungen der Raiffeisen Steverland eG, die bereits im Beisenbusch
verortet ist. In mehreren Gesprächen hat die AGRAVIS Raiffeisen AG nun den
Wunsch an die Gemeinde Nottuln herangetragen, die Flächen in Anlage 1
bauplanungsrechtlich mit dem Ziel zu entwickeln, dort die Errichtung eines
neuen Lagerstandorts zu ermöglichen. Im Einzelnen ist dabei vorgesehen, insgesamt vier baulich mit einander verbundene
Lagerhallen mit einer Höhe von max. 15 m zu errichten, die insgesamt eine
Grundfläche von ca. 42.500 m² erreichen (siehe
Anlagen 2 und 3).
Da
die AGRAVIS Raiffeisen AG dabei auch die Errichtung und den Betrieb einer
Lageranlage für Gefahrstoffe zur überwiegenden Lagerung von Pflanzenschutz- und
Schädlingsbekämpfungsmitteln sowie sonstiger Agrarchemikalien und Artikeln des
landwirtschaftlichen Bedarfs plant, soll ein Flächenanteil von ca. 4.600 m² als Gefahrstofflager ausgestaltet werden. Aufgrund
der Art und Menge der gelagerten Stoffe und Stoffgemische, unterfällt das Lager
in der Folge dem Anwendungsbereich der 12. BImSchV (sog. Störfall-Verordnung).
Unmittelbar
angrenzend an die neu geplante Erschließungsstraße, die heute bereits in Form
eines Wirtschaftsweges existiert, und damit südlich der Rangierflächen vor den
geplanten Lagergebäuden, sollen zudem etwa 1,4 ha aus
der Gesamtfläche von ca. 9 ha ausgelöst und zugunsten einer
kleingewerblichen Nutzung mitentwickelt werden, die im Anschluss von der Gemeinde
Nottuln vermarktet werden.
Zur
Erläuterung der betrieblichen Vorstellungen und Absichten sind in der Sitzung
des Ausschusses für Planen und Bauen am 08.06.2021 zwei Unternehmensvertreter
zu Gast, die ihrerseits das geplante Vorhaben vorstellen werden. Bereits jetzt
sei dazu auch auf Anlage 2 verwiesen, die einen ersten Überblick über die
Verortung, Erschließung, Ausdehnung und Aufteilung des geplanten Standorts
gibt.
Vor
dem Hintergrund der mit dieser Planung in Verbindung stehenden gewerblichen
Weiterentwicklung des Standorts Nottuln im Allgemeinen und Beisenbusch im
Besonderen, begrüßt die Verwaltung die Idee der betreffenden
Standortentwicklung. Für eine Baureifmachung der in Rede stehenden Flächen ist
die Durchführung eines Bauleitplanverfahrens notwendig, zu dem nachstehend
einige Ausführungen gemacht werden, die nach den jeweils einschlägigen Planwerken
unterteilt sind.
Landesentwicklungsplan NRW (LEP NRW) und Regionalplan
Münsterland:
Der
Regionalplan Münsterland legt das zur Entwicklung anstehende Areal als
Allgemeinen Freiraum und Agrarbereich fest. Auf Grund dieser Festlegung ist
eine bauliche Entwicklung der betreffenden Flächen zunächst nicht möglich, da
die mit der Freiraumfestlegung in Verbindung stehenden Ziele der Raumordnung
eine Bauleitplanung für den Moment gerade ausschließen. Es gilt das Prinzip,
nach dem sich gewerbliche Entwicklungen nur in dem dafür im Regionalplan
festgelten Siedlungsraum, spezieller noch, in den Bereichen für eine
gewerbliche oder industrielle Entwicklung (GIB) vollziehen sollen.
Das hier
maßgebliche Ziel 2-3 im LEP NRW kennt jedoch auch den Fall, nach dem „ausnahmsweise im regionalplanerisch
festgelegten Freiraum Bauflächen und -gebiete dargestellt und festgesetzt
werden [können], wenn diese unmittelbar an den Siedlungsraum anschließen und
die Festlegung des Siedlungsraums nicht auf einer deutlich erkennbaren Grenze
beruht“ (dort 1. Spiegelstrich). Da der Fall hier so liegt, ist in
Verbindung mit der zum LEP NRW ergangenen Durchführungsverordnung (LEP NRW DVO)
die ausnahmsweise Abweichung von den Festlegungen des Regionalplans im
Flächenumfang von den hier maßgeblichen 9 ha möglich. Diese Option soll im
vorliegenden Fall insoweit Anwendung finden und den Zielkonflikt zwischen Regionalplanung
und Bauleitplanung kurzfristig auflösen. Dieses Vorgehen ist bereits mit der
Regionalplanungsbehörde bei der Bezirksregierung Münster mit positivem Ergebnis
vorbesprochen. Das der Gemeinde Nottuln zur Verfügung
stehende Siedlungsflächenkontingent bleibt durch diesen Vorgang unberührt.
Ergänzend
ist vorgesehen, die Flächen westlich und östlich des nun kurzfristig zur
Entwicklung anstehenden Betriebsbereichs perspektivisch, d.h. im Verfahren zur
Anpassung des Regionalplans Münsterland an den neuen LEP NRW, als weitere
GIB-Fläche festzulegen. Während sich dabei westlich des Betriebsbereichs eine
Erweiterungsoption zugunsten des Logistikzentrums ergeben kann, könnte die
östliche Fläche anderweitig entwickelt werden.
Insgesamt
ist es so möglich, das Gewerbegebiet Beisenbusch deutlich zu erweitern und
neben den Erweiterungsflächen im Sinne des hier in Rede stehenden
Logistikzentrums auch weitere Flächen insbesondere für eine kleinteiligere
gewerbliche Entwicklung zur Verfügung zu stellen.
84. Änderung des Flächennutzungsplans im Bereich
Beisenbusch II:
Der
Flächennutzungsplan der Gemeinde Nottuln stellt das betreffende Areal derzeit
als Fläche für die Landwirtschaft dar. Insoweit ist der Flächennutzungsplan
zugunsten einer Darstellung als Sonderbaufläche zu
ändern.
Bebauungsplan Nr.162 „Beisenbusch II“:
Parallel
zur Änderung des Flächennutzungsplans ist zur Schaffung der planungsrechtlichen
Voraussetzungen für das hier gegenständliche Vorhaben und eine ergänzende
kleingewerbliche Entwicklung die Aufstellung eines Bebauungsplans notwendig.
Dieser wird als „Angebotsbebauungsplan“ i.S.v. § 30 Abs. 1 BauGB ausgestaltet
werden und für den Planbereich entsprechende Festsetzungen treffen. Die
Erschließung der so entstehenden bebaubaren Flächen erfolgt dabei über die K 11
und den Ausbau des im Süden des Plangebiets bereits bestehenden
Wirtschaftswegs.
Zusätzlich
– und hier kommt die Eigenschaft des geplanten Vorhabens als Gefahrstofflager
zum Tragen – sind im Bauleitplanverfahren und im Hinblick auf ein sich
anschließendes bundesimmissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren Aussagen
über geeignete Achtungsabstände zu schutzwürdigen Nutzungen zu treffen. Auf
Planungsebene ist dabei § 50 BImSchG einschlägig, der klarstellt, dass „bei
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen die für eine bestimmte Nutzung
vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen [sind], dass schädliche
Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13
der Richtlinie 2012/18/EU in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf
die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf
sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete,
wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des
Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und
öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden.“ Die
Verwaltungspraxis greift dann regelmäßig auf den Leitfaden KAS 18 der
Kommission für Anlagensicherheit zurück. Dieser formuliert Abstandsempfehlungen
zwischen Betriebsbereichen i.S.d. 12. BImSchV und schutzbedürftigen Gebieten.
Auch hierzu wird im Rahmen des Bauleitplanverfahrens eine gutachterliche
Einschätzung bzw. Empfehlung erarbeitet.
Bereits
jetzt ist aber anzunehmen, dass im noch näher zu bestimmenden Umfeld des
Betriebsbereichs jedenfalls benachbarte Schutzobjekte, d.h. „ausschließlich
oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und
Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des
Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete“ (§ 3
Abs. 5d BImSchG) nicht mehr zulässig sein werden. Das ist insbesondere für
weitere Bauleitplanungen im Umfeld des Störfallbetriebs und ebenso für Nutzungsänderungen
und Nutzungserweiterungen in bereits genehmigten Betrieben relevant. Die
Einzelheiten werden hier im noch ausstehenden Abstandsgutachten erläutert
werden.
Weiteres Vorgehen:
Zur
verbindlichen Klärung der Vereinbarkeit der hier gegenständlichen
Bauleitplanung mit den Zielen der Raumordnung, wird nach
Aufstellungsbeschlussfassung eine landesplanerische Anfrage bei der
Bezirksregierung in Münster gestellt. Es ist zu erwarten, dass die Ergebnisse
der Vorbesprechungen hier unverändert Eingang in die landesplanerische Stellungnahme
finden werden.
Verfahrensbegleitend
besteht dann die Notwendigkeit, spezifische Belange der Bauleitplanung
fachgutachterlich klären zu lassen. Für den Moment ist hier insbesondere an
eine artenschutzrechtliche Prüfung (ASP), eine verkehrstechnische und eine u.a.
darauf aufbauende schalltechnische Untersuchung sowie eine
entwässerungstechnische Begutachtung zu denken. Zur Klärung des maßgeblichen
Untersuchungsrahmens kann dabei auch auf die ersten Einschätzungen der Unteren
Bauaufsichtsbehörde, der Unteren Wasserbehörde, der Unteren Naturschutzbehörde
und der Unteren Immissionsschutzbehörde zurückgegriffen werden, mit denen
bereits ein erster Austausch stattgefunden hat.
Finanzielle Auswirkungen:
Das
Bauleitplanverfahren wird durch ein externes Planungsbüro abgewickelt, sodass
Aufwendungen nur durch interne Personalkosten entstehen. Im Übrigen ist
beabsichtigt, dass die notwendige Erschließung der Planfläche durch Beauftragte
von AGRAVIS vorgenommen werden wird, wobei im Rahmen eines
Erschließungsvertrags Details zur Übernahme der Erschließungsanlagen in den
Bestand der öffentlichen Straßen der Gemeinde Nottuln geregelt werden.
Anlagen:
Anlage
1: Übersichtsplan
Anlage
2: Lageplan Distributionszentrum
Anlage
3: Präsentation AGRAVIS