Betreff
Stellungnahme der Gemeinde Nottuln im Rahmen des Verfahrens zur Änderung des LEP NRW
Vorlage
082/2018
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Die Verwaltung wird beauftragt, im Änderungsverfahren zum Landesentwicklungsplan des Landes Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) wie im Sachverhalt abgedruckt Stellung zu nehmen.

 


Sachverhalt:

Die Landesregierung hat am 17.04.2018 Änderungen des LEP NRW gebilligt. Hintergrund des Änderungsverfahrens sind insbesondere die veränderten politischen Zielsetzungen der neuen Landesregierung.

Gemäß § 13 Abs. 1 des Landesplanungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LPlG NRW) i.V.m. § 9 Abs. 1 des Raumordnungsgesetzes (ROG) sind die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen im Änderungsverfahren aufzufordern, sich zu beteiligen. Mit Schreiben vom 26.04.2018 hat das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen die Gemeinde Nottuln um Stellungnahme gebeten.

 

Hintergrund:

 

Der LEP NRW ist als landesweiter Raumordnungsplan zu verstehen, der die zentralen Festlegungen sowohl hinsichtlich der bereits bestehenden als auch der künftig zu erreichenden und zu sichernden Raumstrukturen enthält. Zu diesem Zweck legt der LEP Ziele und Grundsätze der Raumordnung fest, die dann durch die Regionalpläne räumlich zu konkretisieren sind. Ziele der Raumordnung sind dabei endabgewogen und in nachgelagerten Verfahren nicht durch Abwägung zu überwinden. Ihnen kommt insoweit eine rechtlich unmittelbar bindende Wirkung zu. Demgegenüber sind Grundsätze der Raumordnung stets einer abwägenden Betrachtungsweise zugänglich und müssen in nachgelagerten Verfahren ihrem objektiven Gewicht entsprechend im Entscheidungsprozess berücksichtigt werden.

Diese Unterscheidung ist auf kommunaler Ebene gerade für die Bauleitplanung von zentraler Bedeutung, denn die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB i.V.m. § 4 Abs. 1 ROG).

Im Übrigen sei zu den Aufgaben und allgemeinen Inhalten des LEP NRW auch auf die Vorlage 003/2014 in derselben Angelegenheit verwiesen.

 

Bewertung des Änderungsentwurfs und Stellungnahme der Gemeinde Nottuln:

 

Grundsätzlich begrüßt die Gemeinde Nottuln die Absicht, den LEP NRW kritisch zu überprüfen. Nichtsdestotrotz sollen einige Anregungen vorgetragen werden, um sicherzustellen, dass gerade ländliche Gemeinden in ihren Entwicklungsmöglichkeiten langfristig ausreichend landesplanerisch berücksichtigt werden. Dabei wurden auch die Anmerkungen des Städte- und Gemeindebunds NRW berücksichtigt.

Aufgrund der umfangreichen Änderungsabsichten und den entsprechenden Begründungen ist der Änderungsentwurf nicht Bestandteil dieser Vorlage. Die Unterlagen können jedoch digital unter https://www.wirtschaft.nrw/landesplanung eingesehen werden.

Die Stellungnahme der Gemeinde Nottuln soll sich auf folgende thematische Schwerpunkte konzentrieren:

 

 

Altes Ziel 2-3 und neues Ziel 2-3 und 2-4: Siedlungsraum und Freiraum

 

Im aktuell rechtskräftigen LEP NRW ist verankert, dass sich eine Siedlungsentwicklung der im regionalplanerisch festgelegten Freiraum gelegenen Ortsteile nur vollziehen darf, wenn sich diese insbesondere und unmittelbar am Bedarf der ansässigen Bevölkerung und vorhandener Betriebe ausrichtet.

Der Änderungsentwurf sieht vor, diesen Absatz künftig in Teilen zu streichen bzw. zu ändern und die Entwicklung auch unter den Vorbehalt eines neuen Ziels 2-4 zu stellen.

 

Das neue Ziel 2-4 gesteht den kleineren Ortsteilen in ländlichen Gemeinden künftig einen flexibleren und eigenständigeren Entwicklungsbedarf zu, der zur baurechtlichen Umsetzung geringere Hürden nehmen muss als bislang. So trägt der Änderungsentwurf – auch ausweislich seiner Begründung – gerade zu einer Wiederherstellung der Chancengleichheit zwischen Ballungsräumen und ländlichen Räumen bei. Auf diesem Weg wird die kommunale Planungshoheit der Städte und Gemeinden erheblich gestärkt und die Entscheidungen über die flächenmäßige Entwicklung des Gemeindegebiets – als ureigene gemeindliche Aufgabe von Verfassungsrang – wieder deutlicher in den Verantwortungsbereich der kommunalen Gremien rückverlagert.

Von Vorteil ist diese Änderung insbesondere für diejenigen Ortsteile, in denen weniger als 2.000 Einwohner leben und die deshalb in den Regionalplänen zeichnerisch nicht als Siedlungsbereich berücksichtigt werden (§ 35 Abs. 5 der Verordnung zur Durchführung des Landesplanungsgesetzes). Dies sind in Nottuln die Ortsteile Darup und Schapdetten.

Zu begrüßen ist auch die nun unter Ziel 2-4 wieder aufgenommene, nun aber klargestellte Begrifflichkeit einer „bedarfsgerechten“ Entwicklung von im regionalplanerischen Freiraum gelegenen Ortsteilen. Auch dort soll künftig die Darstellung von Bauflächen im Flächennutzungsplan und die Festsetzung von Baugebieten in Bebauungsplänen i.S.e. Angebotsplanung für einen mittel- bis langfristigen Planungshorizont möglich sein.

Diesseits scheint auch unter Verweis auf die Beschlussvorlage 003/2014 nunmehr klar, wie dieser Begriff rechtlich und tatsächlich zu verstehen ist.

 

Altes Ziel 10.2-2 und neuer Grundsatz 10.2-2: Vorranggebiet für die Windenergienutzung

 

Der Änderungsentwurf sieht vor, die Pflicht zur Festlegung von Vorranggebieten für die Windenergie in den Regionalplänen abzuschaffen und wandelt diese grundsätzliche Idee in einen Grundsatz der Raumordnung um. Damit entfällt auch die Forderung der ehemaligen Landesregierung, über die in den Regionalplänen festgelegten Vorranggebiete für die Windenergienutzung hinaus eine Flächenreserve für Unwägbarkeiten bei der tatsächlichen Realisierung der Flächenausweisung zu schaffen.

Diese Änderung ist zumindest geeignet, die gemeindlichen Planungen zur Steuerung von Windenergieanlagen zu flexibilisieren; inhaltlich richtet sie sich jedoch an die Regionalplanungsbehörden. Inwieweit bereits ausgewiesene Vorranggebiete für die Windenergie künftig aus den Regionalplänen gestrichen werden und welche Ausweisungspraxis der Regionalplangeber künftig verfolgt, bleibt abzuwarten.

Deswegen ändert im Ergebnis die rechtliche Herabstufung des ehemaligen Ziels in einen Grundsatz für die Bauleitplanung unmittelbar nur wenig. Denn: Im Rahmen der Darstellung von Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan hat die Änderung zur Folge, dass regionalplanerisch festgelegte Vorranggebiete für die Windenergie nach wie vor unter den Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB fallen. Es entfällt lediglich die Pflicht der Regionalplanungsbehörde, überhaupt Vorranggebiete für die Windenergie auszuweisen.

Vor dem Hintergrund der regen Diskussion um rechtlich und tatsächlich geeignete Standorte für Windenergieanlagen in den Städten und Gemeinden wird durch die Herabstufung des Ziels 10.2-2 zu einem Grundsatz der kommunalen Planungshoheit effektiv kaum mehr Ausdruck verliehen.

Grundsatz 10.2-3: Umfang der Flächenfestlegungen für die Windenergienutzung

 

Der obenstehende Grundsatz, der bislang einen Mindestflächenanteil für Vorranggebiete für die Windenergienutzung in den Regionalplänen vorsah, ist nicht mehr Bestandteil des Änderungsentwurfs. Dadurch werden sowohl die Regionalplanungsbehörden als mittelbar auch die Gemeinden von dem erheblichen Druck entlastet, pauschal bestimmte Flächenanteile für die Windenergienutzung vorzusehen.

Die Gemeinde Nottuln begrüßt die Abschaffung dieses Grundsatzes.

 

Neuer Grundsatz 10.2-3: Abstand von Bereichen/Flächen von Windenergieanlagen

 

Der Änderungsentwurf sieht vor, dass „bei der planerischen Steuerung von Windenergieanlagen in Regionalplänen und in kommunalen Flächennutzungsplänen zu Allgemeinen Siedlungsbereichen und zu Wohnbauflächen den örtlichen Verhältnissen angemessen ein planerischer Vorsorgeabstand von 1.500 Metern zu allgemeinen und reinen Wohngebieten vorzusehen ist. Die gilt nicht für den Ersatz von Altanlagen (Repowering).“

Hintergrund dieses Änderungsvorschlags ist insbesondere die Überlegung, Windenergieanlagen und sensible Nutzungen räumlich noch stärker voneinander zu entkoppeln und so langfristig belastbare und akzeptanzgetragene Standortentscheidungen zu begünstigen.

Die Gemeinde Nottuln begrüßt diesen Änderungsvorschlag grundsätzlich, weist jedoch darauf hin, dass die Ausgestaltung als Grundsatz, der sich zudem nur auf den Abstand zu verbindlich ausgewiesenem Siedlungsraum – und gerade nicht zu Vorhaben im Außenbereich i.S.v. § 35 BauGB – bezieht, zur Konfliktlösung bisweilen nur begrenzt geeignet erscheint. Auch bleibt offen, in welchem Verhältnis ein derartiger Grundsatz zur Forderung, der Windenergie substanziellen Raum zu verschaffen, steht. Angesichts der Nottulner Siedlungsstruktur mit vier gleichmäßig auf das Gemeindegebiet verteilten Ortsteilen wäre es bei einer Befolgung dieses Grundsatzes sicherlich nicht möglich, in Nottuln substantiell Raum für die Windenergie zu schaffen.

 


Finanzielle Auswirkungen:

keine