Beschlussvorschlag:
Die Verwaltung wird beauftragt, im Änderungsverfahren zum Landesentwicklungsplan des Landes Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) wie im Sachverhalt abgedruckt Stellung zu nehmen.
Sachverhalt:
Die
Landesregierung hat am 17.04.2018 Änderungen des LEP NRW gebilligt. Hintergrund
des Änderungsverfahrens sind insbesondere die veränderten politischen
Zielsetzungen der neuen Landesregierung.
Gemäß § 13 Abs.
1 des Landesplanungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LPlG NRW) i.V.m.
§ 9 Abs. 1 des Raumordnungsgesetzes (ROG) sind die in ihren Belangen berührten
öffentlichen Stellen im Änderungsverfahren aufzufordern, sich zu beteiligen.
Mit Schreiben vom 26.04.2018 hat das Ministerium für Wirtschaft, Innovation,
Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen die Gemeinde Nottuln
um Stellungnahme gebeten.
Hintergrund:
Der LEP NRW ist
als landesweiter Raumordnungsplan zu verstehen, der die zentralen Festlegungen
sowohl hinsichtlich der bereits bestehenden als auch der künftig zu
erreichenden und zu sichernden Raumstrukturen enthält. Zu diesem Zweck legt der
LEP Ziele und Grundsätze der Raumordnung fest, die dann durch die Regionalpläne
räumlich zu konkretisieren sind. Ziele der Raumordnung sind dabei endabgewogen
und in nachgelagerten Verfahren nicht durch Abwägung zu überwinden. Ihnen kommt
insoweit eine rechtlich unmittelbar bindende Wirkung zu. Demgegenüber sind
Grundsätze der Raumordnung stets einer abwägenden Betrachtungsweise zugänglich
und müssen in nachgelagerten Verfahren ihrem objektiven Gewicht entsprechend im
Entscheidungsprozess berücksichtigt werden.
Diese
Unterscheidung ist auf kommunaler Ebene gerade für die Bauleitplanung von
zentraler Bedeutung, denn die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung
anzupassen (§ 1 Abs. 4 BauGB i.V.m. § 4 Abs. 1 ROG).
Im Übrigen sei
zu den Aufgaben und allgemeinen Inhalten des LEP NRW auch auf die Vorlage
003/2014 in derselben Angelegenheit verwiesen.
Bewertung
des Änderungsentwurfs und Stellungnahme der Gemeinde Nottuln:
Grundsätzlich
begrüßt die Gemeinde Nottuln die Absicht, den LEP NRW kritisch zu überprüfen.
Nichtsdestotrotz sollen einige Anregungen vorgetragen werden, um
sicherzustellen, dass gerade ländliche Gemeinden in ihren
Entwicklungsmöglichkeiten langfristig ausreichend landesplanerisch
berücksichtigt werden. Dabei wurden auch die Anmerkungen des Städte- und
Gemeindebunds NRW berücksichtigt.
Aufgrund der
umfangreichen Änderungsabsichten und den entsprechenden Begründungen ist der
Änderungsentwurf nicht Bestandteil dieser Vorlage. Die Unterlagen können jedoch
digital unter https://www.wirtschaft.nrw/landesplanung eingesehen werden.
Die
Stellungnahme der Gemeinde Nottuln soll sich auf folgende thematische
Schwerpunkte konzentrieren:
Altes Ziel
2-3 und neues Ziel 2-3 und 2-4: Siedlungsraum und Freiraum
Im aktuell
rechtskräftigen LEP NRW ist verankert, dass sich eine Siedlungsentwicklung der
im regionalplanerisch festgelegten Freiraum gelegenen Ortsteile nur vollziehen
darf, wenn sich diese insbesondere und unmittelbar am Bedarf der ansässigen
Bevölkerung und vorhandener Betriebe ausrichtet.
Der Änderungsentwurf
sieht vor, diesen Absatz künftig in Teilen zu streichen bzw. zu ändern und die
Entwicklung auch unter den Vorbehalt eines neuen Ziels 2-4 zu stellen.
Das neue Ziel
2-4 gesteht den kleineren Ortsteilen in ländlichen Gemeinden künftig einen
flexibleren und eigenständigeren Entwicklungsbedarf zu, der zur baurechtlichen
Umsetzung geringere Hürden nehmen muss als bislang. So trägt der
Änderungsentwurf – auch ausweislich seiner Begründung – gerade zu einer
Wiederherstellung der Chancengleichheit zwischen Ballungsräumen und ländlichen
Räumen bei. Auf diesem Weg wird die kommunale Planungshoheit der Städte und
Gemeinden erheblich gestärkt und die Entscheidungen über die flächenmäßige
Entwicklung des Gemeindegebiets – als ureigene gemeindliche Aufgabe von Verfassungsrang
– wieder deutlicher in den Verantwortungsbereich der kommunalen Gremien
rückverlagert.
Von Vorteil ist
diese Änderung insbesondere für diejenigen Ortsteile, in denen weniger als
2.000 Einwohner leben und die deshalb in den Regionalplänen zeichnerisch nicht
als Siedlungsbereich berücksichtigt werden (§ 35 Abs. 5 der Verordnung zur
Durchführung des Landesplanungsgesetzes). Dies sind in Nottuln die Ortsteile
Darup und Schapdetten.
Zu begrüßen ist
auch die nun unter Ziel 2-4 wieder aufgenommene, nun aber klargestellte
Begrifflichkeit einer „bedarfsgerechten“ Entwicklung von im
regionalplanerischen Freiraum gelegenen Ortsteilen. Auch dort soll künftig die
Darstellung von Bauflächen im Flächennutzungsplan und die Festsetzung von
Baugebieten in Bebauungsplänen i.S.e. Angebotsplanung für einen mittel- bis
langfristigen Planungshorizont möglich sein.
Diesseits
scheint auch unter Verweis auf die Beschlussvorlage 003/2014 nunmehr klar, wie
dieser Begriff rechtlich und tatsächlich zu verstehen ist.
Altes Ziel
10.2-2 und neuer Grundsatz 10.2-2: Vorranggebiet für die Windenergienutzung
Der
Änderungsentwurf sieht vor, die Pflicht zur Festlegung von Vorranggebieten für
die Windenergie in den Regionalplänen abzuschaffen und wandelt diese grundsätzliche
Idee in einen Grundsatz der Raumordnung um. Damit entfällt auch die Forderung
der ehemaligen Landesregierung, über die in den Regionalplänen festgelegten
Vorranggebiete für die Windenergienutzung hinaus eine Flächenreserve für
Unwägbarkeiten bei der tatsächlichen Realisierung der Flächenausweisung zu
schaffen.
Diese Änderung
ist zumindest geeignet, die gemeindlichen Planungen zur Steuerung von
Windenergieanlagen zu flexibilisieren; inhaltlich richtet sie sich jedoch an
die Regionalplanungsbehörden. Inwieweit bereits ausgewiesene Vorranggebiete für
die Windenergie künftig aus den Regionalplänen gestrichen werden und welche
Ausweisungspraxis der Regionalplangeber künftig verfolgt, bleibt abzuwarten.
Deswegen ändert
im Ergebnis die rechtliche Herabstufung des ehemaligen Ziels in einen Grundsatz
für die Bauleitplanung unmittelbar nur wenig. Denn: Im Rahmen der Darstellung
von Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan hat die Änderung zur Folge, dass
regionalplanerisch festgelegte Vorranggebiete für die Windenergie nach wie vor
unter den Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB fallen. Es entfällt
lediglich die Pflicht der Regionalplanungsbehörde, überhaupt Vorranggebiete für
die Windenergie auszuweisen.
Vor dem
Hintergrund der regen Diskussion um rechtlich und tatsächlich geeignete
Standorte für Windenergieanlagen in den Städten und Gemeinden wird durch die
Herabstufung des Ziels 10.2-2 zu einem Grundsatz der kommunalen Planungshoheit
effektiv kaum mehr Ausdruck verliehen.
Grundsatz
10.2-3: Umfang der Flächenfestlegungen für die Windenergienutzung
Der
obenstehende Grundsatz, der bislang einen Mindestflächenanteil für
Vorranggebiete für die Windenergienutzung in den Regionalplänen vorsah, ist
nicht mehr Bestandteil des Änderungsentwurfs. Dadurch werden sowohl die
Regionalplanungsbehörden als mittelbar auch die Gemeinden von dem erheblichen
Druck entlastet, pauschal bestimmte Flächenanteile für die Windenergienutzung
vorzusehen.
Die Gemeinde
Nottuln begrüßt die Abschaffung dieses Grundsatzes.
Neuer Grundsatz
10.2-3: Abstand von Bereichen/Flächen von Windenergieanlagen
Der
Änderungsentwurf sieht vor, dass „bei der planerischen Steuerung von
Windenergieanlagen in Regionalplänen und in kommunalen Flächennutzungsplänen zu
Allgemeinen Siedlungsbereichen und zu Wohnbauflächen den örtlichen
Verhältnissen angemessen ein planerischer Vorsorgeabstand von 1.500 Metern zu
allgemeinen und reinen Wohngebieten vorzusehen ist. Die gilt nicht für den
Ersatz von Altanlagen (Repowering).“
Hintergrund
dieses Änderungsvorschlags ist insbesondere die Überlegung, Windenergieanlagen
und sensible Nutzungen räumlich noch stärker voneinander zu entkoppeln und so
langfristig belastbare und akzeptanzgetragene Standortentscheidungen zu
begünstigen.
Die Gemeinde
Nottuln begrüßt diesen Änderungsvorschlag grundsätzlich, weist jedoch darauf
hin, dass die Ausgestaltung als Grundsatz, der sich zudem nur auf den Abstand
zu verbindlich ausgewiesenem
Siedlungsraum – und gerade nicht zu Vorhaben im Außenbereich i.S.v. § 35
BauGB – bezieht, zur Konfliktlösung bisweilen nur begrenzt geeignet erscheint.
Auch bleibt offen, in welchem Verhältnis ein derartiger Grundsatz zur
Forderung, der Windenergie substanziellen Raum zu verschaffen, steht.
Angesichts der Nottulner Siedlungsstruktur mit vier gleichmäßig auf das
Gemeindegebiet verteilten Ortsteilen wäre es bei einer Befolgung dieses
Grundsatzes sicherlich nicht möglich, in Nottuln substantiell Raum für die
Windenergie zu schaffen.
Finanzielle Auswirkungen:
keine