Betreff
Gründung der Genossenschaft „Lerchenhorst.G.“
Vorlage
208/2022
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

1. Die Gemeinde Nottuln tritt der zu gründenden Genossenschaft „Lerchenhorst e.G.“ als Gründungsmitglied auf Basis des anliegenden Satzungsentwurfs bei.

2. Die Gemeinde Nottuln bringt ein für eine Mehrfamilienhausbebauung geeignetes noch zu vermessenes Grundstück Gemarkung Nottuln Flur 66 Flurstück 1300, Große Ihl, in die Genossenschaft als Sacheinlage gegen eine angemessene Verzinsung ein.

3. Der Generalversammlung werden zur Wahl als Mitglieder des Aufsichtsrates der Genossenschaft

vorgeschlagen:

a. Die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister der Gemeinde Nottuln,

b. die bzw. der Vorsitzende des Ausschusses für Planen und Bauen der Gemeinde Nottuln,

c. die bzw. der Vorsitzende des Ausschusses für Bildung und Soziales der Gemeinde Nottuln.

4. Der Generalversammlung wird zur Bestellung als Mitglied des Vorstandes der Genossenschaft der Bedienstete der Gemeindeverwaltung Nottuln, Herr Gemeindeoberrechtsrat Stefan Kohaus, vorgeschlagen.

5. Der Bürgermeister wird beauftragt, alle notwendigen Planungen und Abstimmungen zu veranlassen.

 

 


Sachverhalt:

Mit Beschluss des Rates vom 05.10.2021 ist die Verwaltung beauftragt worden, zusammen mit der Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH das Thema genossenschaftlicher Wohnungsbau weiter zu entwickeln und zu konkretisieren und die Ergebnisse erneut vorzulegen.

Das Modell einer Genossenschaft unter kommunaler Beteiligung bietet sich an, um eine qualitativ gute, nachhaltige und zugleich der Allgemeinheit dienende Flächenerschließung sicherzustellen.

Ein solcher Zusammenschluss könnte die städtebauliche Entwicklung und Erschließungs-planung nach Maßgabe der Gemeinde Nottuln in Teilbereichen übernehmen. Die Genossen-schaft soll den Namen „Lerchenhorst e.G.“ erhalten.

Die Ziele und Zwecke der Genossenschaft werden in einer Satzung festgelegt. Bei Ausge-staltung der Genossenschaftssatzung besteht für die Gemeinde Nottuln daher die Möglichkeit, ihre städteplanerischen und wohnungspolitischen Ziele satzungsmäßig in verbindlicher Weise festzuschreiben.

Organe

Eine Genossenschaft verfügt grundsätzlich über drei Organe: Generalversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand.

Die Generalversammlung ist die Vertretung der Mitglieder der Genossenschaft. Sie trifft grundlegende Entscheidungen.

Der Aufsichtsrat besteht aus mindestens drei Personen und wird auf Zeit von der Generalver-sammlung gewählt. Dem Aufsichtsrat obliegt die Kontrolle des Vorstandes.

Der Vorstand besteht aus mindestens zwei Personen und wird von der Generalversammlung ebenfalls auf Zeit (z. B. fünf Jahre) gewählt. Der Vorstand leitet die Genossenschaft in eigener Verantwortung und vertritt sie gerichtlich und außergerichtlich.

Zur Gründung bedarf es mindestens drei Mitglieder. Dies sollen die Gemeinde Nottuln, die Gewerbe- und Industrieförderungsgesellschaft mbH der Gemeinde Nottuln und die Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH, Münster, Letztere als bereits im genossenschaftlichen Bereich erprobter Partner aus der Immobilienwirtschaft, sein.

Die Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH übernimmt als Generalplaner u. a. die Sicherstellung der zügigen Umsetzung sowie die spätere Verwaltung inklusive der Buchhaltung. Die Planungsleistungen werden dabei gem. der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) gutachterlich bewertet und mit der Genossenschaft abgerechnet.

Ein Kontrollrecht der Gemeinde Nottuln auf die Geschicke der Genossenschaft bleibt dadurch erhalten, dass in der Satzung ein Einstimmigkeitserfordernis für die Änderung wesentlicher Satzungsbestimmungen (z. B. Zweck und Gegenstand der Genossenschaft) vorgesehen ist.

Nach der Gründung der Genossenschaft, der Erschließung eines Baugebietes, der Bebauung und Vermietung werden die Mieterinnen und Mieter der Wohneinheiten nach Aufnahmebeschluss zu weiteren Mitgliedern der Genossenschaft. Diese müssen mindestens einen Genossenschaftsanteil einbringen. Ziel ist es, zwischen den Mitgliedern der überschaubar großen Genossenschaft ein nachbarschaftlich geprägtes Miteinander, eine langfristige Bindung sowie ein gesichertes Wohnrecht zu schaffen.

Personelle Besetzung

Die Generalversammlung besteht bis zur Aufnahme weiterer Mitglieder aus drei Vertretern; je einem Vertreter der Gemeinde Nottuln, der Gewerbe- und Industrieförderungsgesellschaft mbH sowie der Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH.

Für Genossenschaften gilt das Prinzip der Selbstorganschaft. Dies bedeutet, dass der Vorstand und der Aufsichtsrat mit Mitgliedern bzw. mit Vertretern von Mitgliedern der Genossenschaft besetzt werden.

Zuständig für die Wahl der Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates ist die Generalversammlung.

Für den Aufsichtsrat wird eine Besetzung unter Beteiligung der Gemeinde Nottuln, der Gewerbe- und Industrieförderungsgesellschaft mbH sowie des privaten Partners als Gründungsgenossen vorgeschlagen.

Die Gemeinde sollte durch die Bürgermeisterin bzw. den Bürgermeister, die bzw. den Vorsitzenden des Ausschusses für Planen und Bauen der Gemeinde Nottuln sowie die bzw. den Vorsitzenden des Ausschusses für Bildung und Soziales der Gemeinde Nottuln vertreten werden. Damit wäre eine qualifizierte mehrheitliche Beteiligung der politischen Kräfte der Gemeinde gewährleistet.

Bis zur Aufnahme weiterer Mitglieder und insbesondere bis zur Vermarktung behält die Gemeinde Nottuln die Stimmenmehrheit im Aufsichtsrat.

Für die Besetzung des Vorstandes wird der Generalversammlung vorgeschlagen, als Vorstandvorsitzenden

einen Vertreter der Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH und für die Gemeinde Herrn Gemeindeoberrechtsrat Stefan Kohaus, als Vorstandsmitglied zu bestellen.

Finanzierung und Risikominimierung

Die Anstoßfinanzierung soll über Mittel der Sparkasse Westmünsterland sichergestellt werden. Als Sicherheitsleistung wird die Gemeinde Nottuln die im Beschlussvorschlag näher bezeichnete Fläche einbringen.

Durch die Einbringung des Grundstücks wird die Genossenschaft in die Lage versetzt, sämtliche Investitionen und Kosten selbst und über Fremdkapital zu finanzieren. Die Genossenschaft selbst entscheidet über spätere ggf. wünschenswerte oder notwendige Investitionen. Durch entsprechende Planung und Umsetzung wird eine verlässliche Kalkulation sichergestellt. Etwaige Preisspekulationen werden damit verhindert. Der Mietzins von ggf. zu errichtenden Mietwohnungen orientiert sich am aktuellen Mietspiegel der Gemeinde Nottuln. Die finanziellen Risiken müssen im Rahmen der gesetzlichen und weiteren Rücklagen abgedeckt sein. Generell ist die Haftung gegenüber Gläubigern nach § 2 Genossenschaftsgesetz (GenG) auf das Vermögen der Genossenschaft begrenzt. Eine Nachschusspflicht der Mitglieder im Fall einer etwaigen Insolvenz wird in der Satzung ausgeschlossen. Da die Gemeinde Nottuln das o. g. Grundstück einbringt, soll für diesen Fall ein Rückkaufsrecht zu Gunsten der Gemeinde eingetragen werden.

Vorteile des Genossenschaftsmodells

Das Genossenschaftswesen hat sich seit langer Zeit als Modell für die Schaffung und Verwal-tung von bezahlbarem und qualitativ angemessenem Wohnraum etabliert. Die Genossenschaft verfolgt über eine Kostendeckung hinaus keine Gewinnerzielungsabsicht und dient damit ausschließlich der Daseinsvorsorge, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Dass dies von den privaten Marktteilnehmern nicht (mehr) geleistet werden kann, belegt die in fast allen deutschen Kommunen beklagte Wohnungsnot und die politische Diskussion über die dringliche Aufgabe der öffentlichen Hand, entsprechenden Wohnraum zu schaffen. Es bietet die Möglichkeit, sowohl nachhaltige städtebauliche, wohnungspolitische und soziale Ziele als auch dauerhafte Einnahmen der Gemeinde sicherzustellen. Da die Genossenschaft selbst sämtliche Planungs- und Ausführungsleistungen sowie weitere Dienstleistungen erbringt bzw. auf eigene Rechnung vergibt, können die angestrebten Planungen und Ziele vollumfänglich gesichert werden. Abweichungen bedürfen immer der Zustimmung.

Die Übertragung der Planungsaufgaben sowie weiterer Dienstleistungen an den privaten Partner entlastet die städtischen Personal- und Sachmittel. Gleichzeitig sind in der Umsetzung schnellere Verfahren in Planung und Bauvergaben nach privatem Recht zu erwarten und haben sich bereits bewährt.

Gründungsschritte/Zeitplan

Die Gründung der Genossenschaft erfolgt in fünf Schritten:

- Abstimmung des Satzungsentwurfs, s. Anlage

- Beitrittsbeschluss (s. P.1 Beschlussvorschlag) auf Basis des Satzungsentwurfs der Gründungsmitglieder

(Gemeinde, Gewerbe- und Industrieförderungsgesellschaft mbH, Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH), gleichzeitiger Beschluss über Anzahl und Vertreter bzw. –innen in den Organen der Genossenschaft und Abhalten einer Gründungsversammlung mit Annahme der Satzung. In der Gründungsversammlung werden Vorstand und Aufsichtsrat gewählt.

- Antrag zur Aufnahme in einen genossenschaftlichen Prüfverband, (Prüfungsverband der kleinen und mittelständischen Genossenschaften e.V., Franz-Mehring-Platz 1 | 10243 Berlin. Die Mitgliedschaft ist gesetzlich vorgeschrieben (§ 54 GenG).

- Der Prüfverband erstellt ein Gründungsgutachten für die Genossenschaft, in der die Satzung und die Wirtschaftlichkeit der Genossenschaft auf Basis eines vorzulegenden Geschäftsplanes für die ersten drei Jahre geprüft wird.

- Nach positiver Gründungsprüfung erfolgt die Eintragung in das Genossenschaftsregister des Amtsgerichtes im Bezirk der Genossenschaft unter Hinzuziehung eines Notars.

Parallel erfolgt die Abstimmung mit der zuständigen Aufsichtsbehörde. Eine grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit liegt vor. Die Gesamtdauer der Schritte beträgt ca. drei bis fünf Monate, die Kosten der Gründung sind eher gering (ca. 5.000 €). Insbesondere fallen diese für die Prüfung durch den Verband, die Eintragung in das Genossenschaftsregister und den Notar an.

 


Finanzielle Auswirkungen:

Einbringung eines Grundstückes im Wege des Aktivtausches mit Genossenschaftsanteilen.