Betreff
„Einführung von reinen Bedarfsfahrten in den Außenbereich im örtlichen Linienverkehr“ – ‚Olfener Modell extralight – ökonomisch. ökologisch. Bedarfsgerecht.‘
Vorlage
164/2021
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Vorschlag der CDU – Fraktion:

Die (nach-)mittäglichen Fahrten auf den Linien 680, 681, 682 und 685, die überwiegend durch den Außenbereich verkehren, werden in Absprache mit den zuständigen Stellen außerhalb geschlossener Ortschaften vollständig auf Bedarfsbedienung umgestellt, d. h. Haltestellen im Außenbereich werden nur bei Aussteigern im Bus oder vorheriger (z. B. telefonischer) Anmeldung des Einstiegs angefahren, sofern durch die verkürzten Fahrzeiten bzw. -wege Kosten eingespart werden können.

 

Vorschlag der Verwaltung:

Die im Sachverhalt vermittelten Informationen werden zur Kenntnis genommen. Eine veränderte Linienbedienung und Streckenführung werden nicht weiterverfolgt.


Sachverhalt:

Am 07.07.2021 ist der Gemeinde Nottuln ein Antrag der CDU - Fraktion zugegangen, der die Einführung von reinen Bedarfsfahrten in Außenbereichen des örtlichen Linienverkehrs begehrt (siehe Anlage 1).

 

Gefordert wird, die (nach-)mittaglichen Fahrten auf den Linien 680, 681, 682 und 685, welche überwiegend im Außenbereich verkehren, außerhalb der geschlossenen Ortschaften vollständig auf Bedarfsverkehre umzustellen. Dadurch bestünde die Möglichkeit, Haltestellen nur nach Anmeldung (telefonisch, beim Fahrer) anzufahren, was zu verkürzten Fahrtzeiten, weniger Fahrtenkilometern und somit weniger Kosten führen würde.

 

Die Linien 680, 681, 682 und 685 werden derzeit sowohl für den Schulverkehr als auch den Jedermannverkehr eingesetzt, um so die geringe Nachfrage außerhalb des Schulverkehrs besser bündeln zu können. In Anlage 2 sind die detaillierten Liniensteckbriefe der o.g. Linien aufgeführt, die u.a. Auskunft über Streckenverläufe, Bedienungszeiträume und -angebote, die gefahrenen Jahreskilometer und die Art der eingesetzten Fahrzeuge geben.

 

Das derzeitige Bedienungsangebot sowie die -zeiträume sind am Schulverkehr ausgerichtet, wie auch in den Fahrplänen der entsprechenden Linien deutlich wird (Anlage 3). Die Bedienung erfolgt an Schultagen von Mo – Fr im Zeitraum von ~ 6.45 – 16.30 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen besteht kein Angebot. Die Anzahl der durchgeführten Fahrten pro Tag variiert je nach Linie zwischen 5 und 19 Fahrten. Die von den Linien insgesamt gefahrenen Kilometer im Jahr liegen zwischen 23.000 km (681) und 42.000 km (685). Jede dieser vier Linien wird in den aufgezeigten Bedienungszeiträumen von einem Standardlinienbus bedient (~12m Länge, 2,55m Breite, Gesamtkapazität max. 95 – 110 Personen). Aufgabenträger ist der Kreis Coesfeld, Betriebsführer der Regionalverkehr Münsterland (RVM), der die Fahrten an verschiedene Verkehrsunternehmen vergibt.

 

Nach Rücksprache mit der RVM und einer ersten Einschätzung durch den Fahrbetrieb wäre eine solche Umsetzung nicht ohne weiteres möglich, da die Nachmittagsfahrten der Linien auf die Schülerbedarfe ausgerichtet sind. Die Bedienung der Haltestellen, welche auch im Fahrplan aufgeführt sind, sollten im Regelfall beibehalten werden. Zwar wäre es grundsätzlich denkbar, dass ab einer bestimmten Haltestelle ausschließlich ein Ausstieg gewährleistet wird und die Fahrt somit vorzeitig beendet werden könnte, wenn alle Fahrgäste ausgestiegen sind und auch kein weiterer Bedarf mehr vorliegt. Um dies jedoch nachhalten und fahrtspezifisch abrechnen zu können, benötigt der RVM von jedem einzelnen Bus eine Rückmeldung, wo und wann die Fahrt abgebrochen wurde. Dazu wäre eine Ausstattung der Busse mit entsprechender Hard- und Software Voraussetzung, um eine nachvollziehbare Übermittlung zu gewährleisten. Weiterhin müsste bei anfallenden Fahrten im Außenbereich, die nur nach Bedarf bedient werden sollen, eine Telefonzentrale (wie beispielsweise die Service – Zentrale „fahrtwind“) genutzt werden, was wiederum (höhere) Dispositionskosten erzeugt. Im Hinblick auf eine mögliche Kosteneinsparung ist zudem zu berücksichtigen, dass auch bei Fahrtverkürzungen vom beauftragten Busunternehmen entsprechende Fahrzeuge und Personal vorzuhalten und somit einzupreisen sind. So ist, aufgrund der genannten Anforderungen bzw. Voraussetzungen nach erster Einschätzung der RVM nicht davon auszugehen, dass eine Umstellung der genannten Linien auf Bedarfsfahrten zu einer Kosteneinsparung führen würde.

 

Die Gemeindeverwaltung folgt aufgrund dessen der Einschätzung des RVM und schlägt vor, die Bedienung auf den Linien 680, 681, 682 und 685 wie bisher fortzuführen. Diese Entscheidung erfolgt einerseits vor dem Hintergrund, dass finanzielle Mehrkosten nicht ausgeschlossen werden können sowie andererseits, da es sich nicht nur um reine Schülerverkehre sondern gleichzeitig auch um Jedermann-Verkehre auf diesen Linien handelt. Die Gemeindeverwaltung hat die Aufgabe der Daseinsvorsorge, die in der beizubehaltenden Form, für alle Nutzergruppen weiterhin gewährleistet ist.

 

Auch soll über den aktuellen Stand der Planungen zur ÖPNV – Optimierung berichtet werden. Aus Sicht der Gemeindeverwaltung kann als Grundlage die Vorlage 030/2020 (Anlage 4) herangezogen werden, die folgendes bezüglich der Verbesserung des ÖPNV zu berichten hat:

 

 „Insgesamt ist aus Sicht der Verwaltung zu konstatieren, dass Verbesserungen des ÖPNV-Angebotes im Zuständigkeitsbereich der Gemeinde Nottuln lediglich an wenigen Stellschrauben durch kleinere Eingriffe noch möglich erscheinen. Dies wird eher als ein fortlaufender Prozess betrachtet, der sich den veränderten Rahmenbedingungen kontinuierlich anpassen muss.

Potential wird allerdings darin gesehen, die Ausgestaltung des örtlichen ÖPNV in der Verknüpfung zum Individualverkehr und die Einbettung in die Lebenswirklichkeit der Bürger in den Fokus zu nehmen und Lösungen zu erarbeiten.

Denkbar wäre z.B. die Verknüpfung von Car-Sharing Angeboten, Fahrradstationen o.Ä. Weiter die Ausweisung von Mobilitätsstationen oder die Einbindung von Packstationen oder Supermarktversorgung in bestehende Bushaltestellen.“

 

Darüber hinaus gibt es ein paar weitere Entwicklungen, die sich positiv auf das Thema Mobilität auswirken. Neben der Einstellung eines Mobilitätsmanagers bei der Gemeinde Nottuln zum 01.07.2021, der sich nun intensiv mit diesem Themenkomplex befasst, sowie zentraler Ansprechpartner zu diesem Themengebiet ist, hat die Gemeindeverwaltung eine Einplanungsmitteilung des NWL erhalten und kann im nächsten Jahr zwei weitere Radabstellanlagen am Bahnhof Appelhülsen errichten. Die neuen Abstellanlagen werden an ein neues Buchungs- und Zugangssystem für Stellplätze in verschließbaren Fahrradabstellanlagen angeschlossen, sodass Nutzer sich künftig NRW-weit über das Fahrradabstellplatzangebot informieren und verlässlich einen Platz buchen und bezahlen können. Eine Kompatibilität wie etwa mit dem in NRW bereits verwendeten Zugangs- und Buchungssystem „DeinRadschlosss“ wird dabei angestrebt. Auch sollen die bereits bestehenden Abstellanlagen am Bahnhof im Zuge der Neuerrichtung mit dem neuen System ausgestattet werden. Weiterhin besteht seit Anfang Oktober 2021 die Möglichkeit, ein weiteres Carsharing – Angebot von Stadtteilauto zu Nutzen. Für einen Testzeitraum von zunächst 6 Monaten steht ein Fahrzeug auf dem auf dem Parkplatz vor der Ascheberg’schen Kurie für Nutzer:innen und Interessierte bereit. Außerdem wird die Linienführung der S 60, nach Beschluss des Kreistages, testweise für zwei Jahre verändert und ab 2022 den Ortsteil Darup einbinden. Zur Verkürzung der insgesamten Fahrtzeit werden dann nur noch zentrale Haltestellen in Nottuln anfahren. Der südliche Ortsteil Nottulns, der in dieser Bedienvariante wegfällt, soll durch in Hauptverkehrszeiten ergänzende „D-Fahrten“ angefahren werden.

 

Zu guter Letzt wird im Rahmen des eingereichten Antrags um eine Aufschlüsselung der im Haushalt veranschlagten 500.000 € „Kosten des ÖPNV“ gebeten. Grundsätzlich setzten sich die „Kosten des ÖPNV“ aus vier verschiedenen Hauptkostenfaktoren zusammen: dem Ortlinienverkehr, dem Nachtbus N8, dem Bürgerbus sowie weiteren Kosten. In Anlage 5 sind die Kosten für den ÖPNV der Haushaltsjahre 2018 – 2021 erfasst. Der Kostenfaktor „Bürgerbus“ taucht in den Abrechnungszeiträumen nicht auf. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der RVM für jeden Bürgerbus ausrechnet, welche Einnahmen, Sponsoring und Zuschüsse erhalten wurden, und welche Aufwendungen für das jeweilige Jahr getätigt wurden. Bei einer negativen Differenz würde die Gemeinde aufgefordert, den Differenzbetrag zu begleichen. Dies ist aktuell jedoch bisher nicht der Fall gewesen.

 

Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass der Kreis für jede Kommune pro Kalenderjahr eine Ergebnisprognose der Stadt- und Ortslinienverkehre ermittelt. Daraus ergeben sich Abschlagszahlungen, welche durch die Gemeinde erfolgen müssen. Die Abrechnung inklusive Ausgleich erfolgt dann, wenn die endgültige Abschlussrechnung für das entsprechende Kalenderjahr vorliegt. Zwischen Rückstellungen entsprechender Mittel und dem Vorliegen der endgültigen Schlussabrechnung können bis zu eineinhalb Jahre liegen. Diese Vorgehensweise ist nicht neu und wurde bereits in den vorangegangenen Jahren angewandt.

 


Finanzielle Auswirkungen:

Bei Beibehaltung des aktuellen Bedienmodells sowie der unveränderten Anzahl an Fahrten(-kilometern) entstehen keine weiteren Kosten, die nicht bereits im Haushalt erfasst sind. Eine Umstellung auf Bedarfsbedienung wäre mit einer entsprechenden Hard- und Softwareausstattung der Busse sowie anfallender Dispositionskosten durch die Nutzung einer Telefonzentrale verbunden. Weiterhin wären, trotz möglicher Fahrtverkürzungen, entsprechend Personal und Fahrzeuge vorzuhalten, die mit eingepreist werden müssen. Dem gegenüber stehen mögliche Kosteneinsparungen aufgrund reduzierter Fahrtenkilometer sowie Treibstoffkosten.

 


Anlagen:

Anlage 1:         Antrag der CDU - Fraktion

Anlage 2:         Liniensteckbriefe der relevanten Linien

Anlage 3:         Fahrpläne der relevanten Linien

Anlage 4:         VL 030/2020

Anlage 5:         Kosten ÖPNV 2018 - 2021