"Aufenthaltsqualität steigern und Attraktivität verbessern - Einrichtung eines beheizten Warteraums am Bahnhof Nottuln-Appelhülsen"
Beschlussvorschlag:
Vorschlag
der CDU – Fraktion:
1. Die Gemeindeverwaltung nimmt Gespräche
mit dem Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) auf, um
Fördermöglichkeiten für die Einrichtung eines beheizten Warteraums am Bahnhof
Nottuln-Appelhülsen aus dem Infrastrukturförderprogramm zu prüfen.
2. In diesem Zusammenhang erstellt die
Gemeindeverwaltung eine Kostenschätzung für die Einrichtung und den Betrieb
eines beheizten Warteraums. Die Kostenschätzung sollte ebenfalls geeignete
Ausstattungsmerkmale zur Vermeidung von Vandalismusschäden enthalten, etwa identitätsbasierte
Zugangssysteme oder Sicherheitskameras.
3. Die Gemeindeverwaltung nimmt Kontakt zu
lokalen Unternehmen auf und prüft die Bereitschaft, sich mit einem Sponsoring
an der Einrichtung eines beheizten Warteraums, das entsprechend der Sponsoren
gestaltet werden kann (s. Beispiel LVM in Münster), finanziell zu beteiligen,
um eine mögliche Finanzierungslücke zu schließen.
Vorschlag
der Verwaltung:
Der
Antrag wird zur Kenntnis genommen. Vor dem Hintergrund des in Auftrag gegebenen
Mobilitätskonzeptes, schlägt die Verwaltung vor, die Ergebnisse abzuwarten und
die Antragsinhalte bei künftigen Planungen im Hinblick des zu erarbeitenden
Mobilitätskonzeptes auf ihre Umsetzbarkeit hin zu überprüfen.
Sachverhalt:
Am
07.07.2021 ist der Gemeinde Nottuln ein Antrag der CDU - Fraktion zugegangen,
der die Einrichtung eines beheizten Warteraums am Bahnhof Nottuln-Appelhülsen
begehrt (siehe Anlage 1).
Im Antrag
wird angeführt, dass das Mobilitätsverhalten der Menschen im Wandel sei und der
Radverkehr sowie der ÖPNV in den letzten Jahren einen Zuwachs verzeichne.
Bahnhöfe und Mobilstationen nähmen dabei eine Schlüsselrolle als multi- und
intermodale Verknüpfungspunkte ein. Die Attraktivität und Aufenthaltsqualität
von Bahnhöfen und Mobilstationen würde dabei über die Akzeptanz in der Nutzung
der entsprechenden Mobilitätsangebote entscheiden. Dazu zähle auch ein
windgeschützter, beheizbarer Warteraum insbesondere in der kalten Jahreszeit,
der die Wartezeiten auf entsprechende Verkehrsmittel angenehmer machen würde.
Für die Errichtung des beheizten Warteraums böte sich eine Finanzierung über
die Infrastrukturförderung des NWL an, der derartige Vorhaben mit bis zu
90%iger Förderquote unterstütze.
Generell
bieten beheizbare Warteräume vor allem in der kälteren Jahreszeit eine
witterungsgeschützte und warme Wartemöglichkeit für all diejenigen, die auf
ihre Anschlussmöglichkeit am Bahnhof (Bus, Zug, Taxi, etc.) warten müssen.
Mithilfe von Sicherheitsmaßnahmen (Videoüberwachung, Zugangsregelungen, etc.)
kann das subjektive Sicherheitsgefühl der Nutzer:innen potenziell erhöht
werden. Beide Maßnahmen (sowie deren Kombination) könnten zu einer angenehmeren
Gestaltung der Wartezeit am Bahnhof beitragen.
Gleichzeitig
wirft die Forderung jedoch Fragen auf. Zum einen muss die Zugangsthematik
geklärt werden. Soll jeder, der am Bahnhof wartet, die Möglichkeit haben, den
Warteraum zu nutzen? Falls ja, muss damit gerechnet werden, dass es einerseits
zu Vandalismusschäden kommen und andererseits der Warteraum von Personen
genutzt werden könnte, die eine geschützte Bleibe zur Übernachtung suchen.
Beide Szenarien würden die Attraktivität des Warteraums sowie des Bahnhofs
insgesamt weiter senken. Ein Einsatz von Videokameras würde zwar das subjektive
Sicherheitsgefühl der Nutzer:innen erhöhen, eine abschreckende Wirkung
hinsichtlich Vandalismus und anderer Delikte sowie zur Ermittlung von
Straftaten ist jedoch fraglich, da Studien zeigen, dass Straftaten trotzdem
begangen werden. Sollten hingegen nur Personen Zugang erhalten, die über eine
entsprechende Zugangsmöglichkeit (vergleichbar mit den Zugangsmöglichkeiten zu
den Radabstellanlagen (Schlüssel, Transponder)) verfügen, würde der Warteraum
nur einer exklusiven Personengruppe zur Verfügung stehen. Touristen bzw.
Nicht-Berechtigte, die auf Anschluss- oder Umstiegsmöglichkeiten am Bahnhof
warten müssen, wären von der attraktiven Wartemöglichkeit ausgeschlossen und
müssten weiterhin ungeschützt auf ihre Verbindungen warten.
Zum
anderen sollte die potenzielle Anzahl der möglichen Nutzer:innen sowie deren
durchschnittliche Verweildauer am Bahnhof Appelhülsen näher erfasst werden, um
den generellen Bedarf eines (beheizten) Warteraumes abschätzen zu können.
Derzeit wird am Bahnhof Appelhülsen regelmäßig eine Verknüpfung zwischen den
Verkehrsmitteln Bus und Schiene (Bus: C85, B31, 685, Schiene: RE2, RE42)
hergestellt. Die Übergangszeit zwischen der Linie C85 in und aus Richtung
Nottuln an den RE2 in Richtung Ruhrgebiet liegt in beide Richtungen derzeit jeweils
bei 9 Minuten und erfüllt somit den Standard. Darüber hinaus wird der Bahnhof
Appelhülsen im Nahverkehrsplan des Kreises Coesfeld in Kategorie II eingeordnet
(weitere Verknüpfungspunkte und Haltestellen mit hohem bis mittlerem
Fahrgastaufkommen und durchschnittlicher Umsteigebedeutung). Es ist davon
auszugehen, dass der überwiegende Teil der SPNV-Nutzer entweder mit dem eigenen
Rad oder PKW zum Bahnhof gelangt – die Auslastung der P + R - Parkplätze sowie
Radabstellanlagen legen dieses nahe. Ist dies der Fall, so ist anzunehmen, dass
auch die durchschnittliche Verweildauer am Bahnhof recht kurz ist, da die
Nutzer:innen tendenziell „in-time“ anreisen, um möglichst kurz am Bahnhof auf
ihre Anschlussverbindung warten zu müssen. Lediglich bei Verspätungen /
Nichtfahrten würde sich die Verweildauer erhöhen und die Nachfrage nach einem
beheizbaren Warteraum steigen.
Auch
bestehen in Bezug auf die Finanzierung eines solches Vorhabens weitere Fragen.
In den Zuwendungsvoraussetzungen der Förderrichtlinie für den Zweckverband
Nahverkehr Westfalen-Lippe sind Haltestellen und Maßnahmen zur Erhöhung der
Sicherheit (soweit eine Anbindung an eine Sicherheitszentrale o.ä.
gewährleistet und/oder eine Speicherung gemäß den datenschutzrechtlichen
Bestimmungen vorgesehen ist) an Haltestellen förderfähig (siehe Anlage 2).
Stimmt der Zweckverband Nahverkehr Westfalen – Lippe der Errichtung eines
solchen Warteraums zu, müssen jedoch mindestens 10% der anfallenden Kosten aus
Eigenmitteln finanziert werden. Die Kosten für Tiefbau-Arbeiten oder die
Montage des Wartehäuschens werden nicht gefördert, sondern lediglich die
anfallenden Materialkosten, die je nach Ausstattungsniveau erheblich schwanken.
Darüber hinaus sind weder anfallende Wartungs- noch Personalkosten
zuwendungsfähig. Weiterhin wäre, laut Antrag, zur Vermeidung von
Vandalismusschäden, der Einsatz identitätsbasierter Zugangssysteme oder
Sicherheitskameras, zu prüfen. Eine genaue Kostenschätzung kann an dieser
Stelle zwar noch nicht erfolgen, da keine Angebote vorliegen, in einem Bericht
zum Sicherheits-Videoüberwachungsprogramm an Bahnhöfen in Nordrhein-Westfalen
belaufen sich jedoch die Kosten – wenngleich hier der gesamte Bahnhof mit
Videoüberwachung ausgestattet wird und nicht nur ein Warteraum – auf 80.000 –
85.000 € (siehe Anlage 3 – Grobkostenschätzung). Dabei ist davon auszugehen,
dass weitere Kosten in den Folgejahren anfallen, wie etwa für die Speicherung
und ggf. Auswertung des Videomaterials sowie für Wartungsmaßnahmen der
Überwachungssysteme.
Die
Gemeinde Nottuln hat aktuell die Erarbeitung eines Mobilitätskonzeptes an das
Ingenieurbüro für Innovation & Transfer Paulus (infinite) in Auftrag
gegeben. Das vom Büro zu erstellende Mobilitätskonzept verfolgt dabei einen
ganzheitlichen Ansatz. Neben einer möglichen Verbesserung und Vernetzung
bestehender Mobilitätsangebote, sollen weiterhin Ein- und Umstiegsmöglichkeiten
an den Haltestellen des ÖPNV auf eine Umgestaltung hin überprüft werden, um so
die Erreichbarkeiten und die Attraktivität von Verkehrsmitteln des Umweltverbundes
insgesamt zu erhöhen.
Vor dem
Hintergrund dieser aktuellen Entwicklung, schlägt die Verwaltung vor, die
Fragestellung des betreffenden Antrages und deren konkrete Inhalte bei
künftigen Planungen insbesondere im Hinblick des zu erstellenden
Mobilitätskonzeptes auf ihre Umsetzbarkeit hin zu überprüfen, um so mögliche
Insellösungen bzw. Übergangslösungen zu vermeiden, wodurch ganzheitliche
Lösungsansätze aufgezeigt werden können.
Finanzielle Auswirkungen:
Die
finanziellen Auswirkungen können nicht beziffert werden, da derzeit keine
Angebote zum Vergleich vorliegen. Nach der Förderrichtlinie für den
Zweckverband Nahverkehr Westfalen – Lippe können Infrastrukturmaßnahmen des
ÖPNV gemäß § 12 ÖPNVG NRW (SGV.NRW.93) mit einem Förderansatz von z.Zt. 90%
bezuschusst werden. Unterhaltungsmaßnahmen sind nicht förderfähig,
Personalkosten sind nicht zuwendungsfähig. Der fehlende Anteil der Finanzierung
muss durch die Gemeinde erfolgen. Die Folgekosten in Form von Betriebs- und
Wartungskosten eines Warteraums sowie der Einsatz von identitätsbasierten
Zugangssystemen und Sicherheitskameras sind darüber hinaus nicht unerheblich.
Anlagen:
Anlage 1: CDU – Antrag vom 07.07.2021
Anlage 2: Förderrichtlinie NWL §12 OEPNVG NRW
Anlage 3: Vorlage 17/5131. Sicherheits-Videoüberwachungsprogramm an
Bahnhöfen in Nordrhein-Westfalen