Betreff
Beendigung der Optionserklärung gem. § 27 Absatz 22 UStG
Vorlage
164/2020
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

Die Optionserklärung gem. § 27 Abs. 22 UStG wird mit Wirkung zum 01.01.2021 zurückgenommen. Somit findet ab dem 01.01.2021 der § 2b UStG für die Gemeinde Nottuln Anwendung.


Sachverhalt:

Im Jahr 2016 wurde die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) per Gesetz geändert. Für die Gemeinde Nottuln gilt durch die Abgabe der Optionserklärung diese Änderung ursprünglich ab dem 01.01.2021. Diese Übergangsregelung ist lt. BMF-Schreiben durch das Corona-Steuerhilfegesetz bis zum 31.12.2022 (§ 27 Abs. 22a UStG) verlängert worden. Die Gemeinde Nottuln beabsichtigt die Option freiwillig zum 01.01.2021 zurückzugeben.

 

Ab diesem Zeitpunkt wird die Gemeinde dann grundsätzlich als Unternehmer behandelt. Sie ist verkürzt ausgedrückt nur noch dann nichtunternehmerisch tätig, wenn sie in Ausübung öffentlicher Gewalt (hoheitlich) handelt und eine Behandlung als Nichtunternehmer nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führt.

 

Aus diesem Anlass wurde eine verwaltungsinterne Projektgruppe „Tax Compliance Management System“ ins Leben gerufen, die sich mit der Vorbereitung auf die neue Gesetzeslage beschäftigt und gleichzeitig eine Organisationsstruktur schafft, die die geforderte Gesetzestreue in allen steuerlichen Bereichen sicherstellt. Zu Beginn des Jahres 2018 hat die Gruppe ihre Arbeit aufgenommen.

 

In ersten Schritten wurde ein Prüfschema für alle Steuerarten entwickelt. Hieraus entstand eine Risikoanalyse (ein sogenannter Haushaltscheck) für sämtliche Erträge der Gemeinde Nottuln. Diese Risikoanalyse ist mittlerweile durch den Wirtschaftsprüfer geprüft worden und dient jetzt als Arbeitsgrundlage.

 

Weitere Bereiche wurden in das Projekt mit aufgenommen, wie die Einführung eines Rechnungsworkflow für die Werke, die Einführung eines Vertragsmanagements für die Gesamtverwaltung mit einem Workflow zur rechtlichen und steuerrechtlichen Prüfung von Neuverträgen vor Vertragsabschluss, die Integration eines Rechnungserstellungsprogramms und die Regelungen für den elektronischen Rechnungsempfang.

 

Im Jahr 2019 wurde ein Netzwerktreffen für Steuerfachleute im Kreis Coesfeld ins Leben gerufen. Regelmäßige Teilnehmer sind Herrn Bodem (Leitung Finanzzentrum) und Frau Bensberg (Verantwortliche Gemeindewerke). Im Oktober 2019 wurde auch bereits ein solches Treffen in der Gemeinde Nottuln ausgerichtet.

 

Am 15.01.2020 ist eine entsprechende Dienstanweisung Tax Compliance in Kraft getreten. Diese regelt im Bereich Steuern die Organisation und Aufgabenverteilung. Für die Beschaffung von Waren über das Internet oder im Ausland wurden über eine weitere Dienstanweisung Regelungen getroffen. So hat hier bereits eine Sensibilisierung der Beschäftigten stattgefunden.

Zum Ende des Jahres sollen noch weitere Mitarbeiterinformationen für die einzelnen Bereiche folgen, ebenso müssen noch die entsprechenden Umstellungsarbeiten in der EDV abgeschlossen werden.

 

Die umfassenden Vorbereitungen lassen eine Rückgabe der Option, wie ursprünglich gesetzgeberisch gewollt und seitens der Gemeindeverwaltung Nottuln geplant, zum 01.01.2021 zu.

 

 

Konkrete steuerliche Auswirkungen

Unter anderem sind von der neuen Umsatzsteuerpflicht Bereiche wie der Verkauf von Wertstoffen im Rahmen der Abfallbeseitigung (ca. € 110.000 p.A.), Erträge aus dem Dualen System Deutschland GmbH (DSD) (ca. € 24.000 p.A.) und die Konzessionsabgaben für Strom und Gas (zusammen ca. € 596.000 p.A.) zusätzlich zum Photovoltaikpark (dieser war immer schon umsatzsteuerpflichtig) betroffen. Hierbei ist sowohl bei der Gemeinde Nottuln, als auch beim Rechnungsempfänger, die Umsatzsteuer ein durchlaufender Posten.

 

Bei den Umsätzen aus dem Verkauf von Touristikartikeln (ca. € 1.700 p.A.) und den Einnahmen aus der Vermietung von Mehrzweckhalle incl. Bühne, Forum und Mensa incl. Küche des Gymnasiums, und den Schulküchen (ca. € 5.600 p.A.) ist zuzüglich zum Mietpreis, bzw. den Mietnebenkosten, die Umsatzsteuer zu berechnen. Eine reine Raumvermietung wie z. B. bei der „Alten Amtmannei“ oder beim „Bürgerzentrum Schulze Frenking“ bleibt wie bisher umsatzsteuerfrei. Verwaltungsseitig wird vorgeschlagen, dass die Gemeinde Nottuln bei den oben genannten Einnahmen künftig die bestehenden Gebühren und Preise zzgl. Umsatzsteuer erhebt, da sonst auf einen Teil der Erträge verzichtet werden würde.

 

Finanzzentrum Baumberge

Die Einschätzung der Umsatzsteuerpflicht von Teilleistungen aus dem Finanzzentrum, die an die Gemeinde Havixbeck berechnet werden, wurde durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Concunia geprüft. Die Abrechnung der Kosten des Finanzzentrums mit der Gemeinde Havixbeck gliedert sich in drei Bereiche. Für die Finanzbuchhaltung einschließlich der Erstellung der Jahresabschlüsse wird in Zukunft bei der Abrechnung mit der Gemeinde Havixbeck die Umsatzsteuer berücksichtigt. Die Innen- und Außendienstvollstreckung gehört weiter zum hoheitlichen Bereich und die Erstattung der Kosten ist damit nicht steuerbarer Umsatz. Bei Abrechnung der Kosten für die Kasse gibt es zurzeit unterschiedliche Rechtsauffassungen. Hier kann die weitere Entwicklung abgewartet werden, da die erste relevante Abrechnung erst Mitte 2022 erfolgt (auf die bisherige Praxis, im laufenden Jahr bereits Abschlagszahlungen einzufordern, müsste dann im Jahr 2021 verzichtet werden). Für die Gemeinde Nottuln ist die Umsatzsteuer ein durchlaufender Posten.

 

GIG mbH

Personalkosten die an die GIG mbH weiterberechnet werden (ca. € 3.400 p.A.) sind ab Rückgabe der Option umsatzsteuerpflichtig.

 

Turn- und Sporthallen

Für die Gemeinde Nottuln können sich durch die vorzeitige Rückgabe der Option auch große finanzielle Vorteile ergeben, insbesondere bei den Turn- und Sporthallen.

Durch die entsprechende Ausgestaltung privatrechtlicher Nutzungsverträge mit den Vereinen (und anderen Nutzern) könnte die Gemeinde sich nicht nur die Vorsteuer aus dem Bau von Sporthallen, sondern auch aus der Sanierung, der laufenden Bewirtschaftung und dem Betrieb erstatten lassen. Hierdurch ergäbe sich ein deutlicher Überhang gegenüber der zu zahlenden Umsatzsteuer für die Nutzungsentgelte. Für den Bereich der laufenden Unterhaltungsaufwendungen für die Sporthallen würde die abziehbare Vorsteuer ca. € 18.000 pro Jahr betragen. Hinzu kämen noch deutlich höhere Einsparungen bei den anstehenden Sanierungen der Hallen. Und: Aus den Herstellungskosten der neuen Sporthalle an der Rudolf-Harbig-Straße könnte sich eine Vorsteuererstattung in Höhe von rd. 70 T€ pro Jahr bis 2029 ergeben. Die eingesparten Gelder könnten z.B. für Investitionen in die gemeindeeigenen Sportanlagen verwandt werden.

 

Um diesen Vorteil nutzen zu können wäre es nach aktueller Gesetzeslage erforderlich, die Abrechnung der Hallennutzung an die steuerlichen Voraussetzungen anzupassen. Notwendig wäre dann eine Abrechnung nach Nutzungsstunden zzgl. Umsatzsteuer für die Hallennutzer. Dies bisherige pauschale jährliche Hallennutzungsgebühr könnte somit nicht aufrechterhalten werden. Veränderungen bei der Zahllast für die einzelnen Hallennutzer wären dann die Folge.

 

In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 28.11.2017 wurde das Thema Sporthallengebühren schon einmal diskutiert und die Möglichkeiten, die der § 2b UStG bietet, von Herrn Overkamp (Steuerberater und Jurist bei der Concunia Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft) vorgestellt und in der steuerrechtlichen Stellungnahme vom 17.10.2018 ausführlich dargelegt. In der HFA-Sitzung am 10.03.2020 wurde diese Stellungnahme durch Herrn Overkamp nochmal erläutert und weitere Fragen beantwortet.

 

Im Hinblick auf die steuerlichen Auswirkungen bei Rücknahme der Optionserklärung - betreffend den Betrieb der gemeindlichen Turn- und Sporthallen - läuft zurzeit eine Anfrage beim Finanzamt Coesfeld mit der Bitte um „Verbindliche Auskunft“. Da bislang noch keine Rückmeldung vom Finanzamt vorliegt sowie vor einer Änderung der Abrechnungsmodalitäten das Gespräch mit den Nutzern der Sport- und Turnhallen geführt und entsprechende politische Beschlüsse gefasst werden müssen, wird eine Umstellung grundsätzlich erst im Laufe des Jahres 2021 möglich sein. Die Vorsteuer aus der Errichtung der neuen Sporthalle, der Sanierung der anderen Hallen und den laufenden Unterhaltskosten könnten dann direkt ab Änderung der Abrechnungsmodalitäten schon anteilig für 2021 gezogen werden. 

 

 

Ergebnis:

Unabhängig von den steuerlichen Möglichkeiten, die sich durch eine Veränderung der Abrechnung der Hallennutzungsgebühr ergeben könnten, schlägt die Gemeindeverwaltung Nottuln vor, die Optionserklärung zum 01.01.2021 zurückzugeben, da die vorbereitenden Arbeiten weitestgehend abgeschlossen sind.

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

Ergeben sich aus dem Sachverhalt.