hier: Zurückstellung des Verfahrens zur 79. Änderung des Flächennutzungsplanes der Gemeinde Nottuln "Konzentrationszonen für die Windenergie"
Beschlussvorschlag:
Beschlussvorschlag der Antragsteller:
Die Gemeinde wird das weitere Verfahren zur Änderung des bestehenden
Flächennutzungsplans der Gemeinde Nottuln zurückstellen, bis die angekündigte
Änderung des Landesentwicklungsplans nach dem Beschluss des Landeskabinetts vom
19.02.2019 und die Änderung des Regionalplans beschlossen und umgesetzt sind.
Beschlussvorschlag der Verwaltung:
Der Antrag wird zur Kenntnis genommen. Im Rahmen des Verfahrens zur 79.
Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde Nottuln wird zu den die
Windenergie betreffenden Änderungen des Landesentwicklungsplans für das Land
Nordrhein-Westfalen vor der formellen Offenlage der Planunterlagen nach § 3
Abs. 2 BauGB gesondert in der Begründung Stellung genommen.
Sachverhalt:
1. Ausgangs- und Beschlusslage:
Am 29.05.2018 hat der Rat der Gemeinde Nottuln beschlossen, den
Flächennutzungsplan mit dem Ziel zu ändern, Konzentrationszonen für die
Windenergie darzustellen. In gleicher Sitzung wurde das dem Änderungsbeschluss
nun zugrundeliegende Standortkonzept als städtebauliches Entwicklungskonzept
i.S.d. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB beschlossen.
Dieser Beschluss fußt allem voran auf dem politischen Willen des
Nottulner Gemeinderats, die Windenergie im Gemeindegebiet einerseits zu fördern
und andererseits räumlich zu steuern.
Am 04.04.2019 fand nunmehr eine öffentliche Informationsveranstaltung
statt, in deren Rahmen die Planungen vom beauftragten Gutachter und der
Verwaltung vorgestellt wurden.
In der Zeit vom 05.04.2019 bis zum 08.05.2019 liegen die Pläne zudem
öffentlich aus; Stellungnahmen können in dieser Zeit abgegeben werden. Auf
diesem Wege trägt die Gemeinde Nottuln den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 BauGB
zur frühzeitigen
Öffentlichkeitsbeteiligung Rechnung. Parallel findet auch die frühzeitige
Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange statt (§ 4
Abs. 1 BauGB). Der Zeitpunkt der frühzeitigen Beteiligung ist dabei gezielt so
gewählt worden, dass die vorgelegten Planungen einen diskussionsfähigen Stand
haben, dabei aber noch nicht so weit gediehen sind, dass Änderungen
schlechterdings nicht mehr berücksichtigt werden könnten.
Im Rahmen der o.g. öffentlichen Informationsveranstaltung ist sodann
deutlich geworden, dass viele der im Saal anwesenden Personen mit dem
derzeitigen Planungsstand unzufrieden sind. Die Kritik konzentrierte sich dabei
im Wesentlichen und ganz überwiegend auf die Ausweisung einer potenziellen
Konzentrationszone südlich des Ortsteils Schapdetten.
Die Unzufriedenheit der Anwesenden ist sodann von der FDP-Fraktion zum
Anlass genommen worden, in der Informationsveranstaltung einen Antrag auf
Aussetzung des Verfahrens anzukündigen. Diesem Antrag, der am 08.04.2019 bei
der Gemeinde Nottuln eingegangen ist, hat sich die CDU-Fraktion angeschlossen
(siehe Anlage 1).
Die Verwaltung sieht hier dringend Anlass, die Sach- und Rechtslage
nachfolgend erneut zusammenzufassen (siehe 2. bis 5.) und schließlich
ortsbezogen und im Lichte des betreffenden Antrags zu diskutieren.
2. Hintergrund der 79. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde
Nottuln:
Das Bauplanungsrecht geht zunächst bundesweit von einem allgemeinen
Bauverbot im sog. Außenbereich aus (§ 35 BauGB). Der Gesetzgeber hat jedoch in
§ 35 Abs. 1 BauGB einen abschließenden Katalog von Vorhaben normiert, die
notwendigerweise etwa wegen ihrer Eigenart regelmäßig auf einen siedlungsfernen
Standort angewiesen sind. Diese Vorhaben, zu denen u.a. auch solche gehören,
die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung von Windenergie dienen (§ 35 Abs.
1 Nr. 5 BauGB), sind deswegen im Außenbereich privilegiert zulässig. Insoweit sind Windenergieanlagen im
Außenbereich jedenfalls bauplanungsrechtlich zulässig, wenn öffentliche Belange
nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist.
Eine entsprechende Prüfung findet antragsbezogen und in Abhängigkeit
vom Anlagentyp im Rahmen eines bundesimmissionsschutzrechtlichen oder
bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens statt, in das die Gemeinde über die
Regelungen zum gemeindlichen Einvernehmen in § 36 BauGB eingebunden wird.
Wegen dieser augenscheinlich zunächst räumlich diffusen Verweisung der
Windenergie in den Außenbereich, der gerade in ländlichen Gemeinden nicht
selten den überwiegenden Flächenanteil des Gemeindegebiets ausmacht, verwundert
es nicht, wenn öffentlich immer wieder eine „Verspargelung der Landschaft“ durch den „Wildwuchs“ von Windenergieanlagen diskutiert bzw. befürchtet wird.
Diesem Umstand können die Gemeinden steuernd begegnen, indem sie in
ihren Flächennutzungsplänen gezielt Flächen ausweisen, in die sich Anlagen für
die Windenergie räumlich konzentrieren sollen (sog. Konzentrationszonen). Dazu bestimmt § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, dass
öffentliche Belange einem Vorhaben nach Abs. 1 Nr. 2 bis 6 in der Regel auch
dann entgegenstehen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan
oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.
Macht die Gemeinde nun von dieser Regelung Gebrauch, bedeutet das im
Ergebnis, dass der Flächennutzungsplan
selbst der planungsrechtlichen
Zulässigkeit einer Windenergieanlage außerhalb
der nunmehr zum Zweck der räumlichen Steuerung im Flächennutzungsplan gezielt
dargestellten Konzentrationszonen als öffentlicher Belang entgegensteht. Weist
die Gemeinde insoweit Konzentrationszonen aus, verdrängt bzw. derogiert die
entsprechende Plandarstellung die allgemeine Privilegierung aus § 35 Abs. 1 Nr.
5 BauGB, sodass die planungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit räumlich in die
Konzentrationszonen gesteuert und i.d.R. auch auf diese begrenzt wird. Wegen
dieser Systematik, in der die allgemeine Privilegierung hinter einer
entsprechenden Darstellung i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zurücktritt, ist
häufig auch vom sog. Planvorbehalt
die Rede.
Mit dem o.g. Beschluss vom 29.05.2018 (siehe bereits unter 1.) hat der
Rat der Gemeinde Nottuln beschlossen, von dieser Steuerungsoption Gebrauch zu
machen.
3. Methodik zur Ausweisung von Konzentrationszonen:
Um Redundanzen zu vermeiden, sei hier allem voran auf die
Planunterlagen zur 79. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde Nottuln verwiesen,
die die formellen und materiellen Anforderungen an die in Rede stehenden
Planungen in gebotenem Umfang erläutern und würdigen. Diese sind weiterhin
unter folgendem Link im Internet abrufbar:
http://www.nottuln.de/planen-bauen-wohnen/aktuelle-bauleitplanverfahren.html
In angemessener Kürze sei jedoch insbesondere an folgendes erinnert:
Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung beschäftigt sich in
Ergänzung und Konkretisierung der Ausführungen unter 2. bereits seit Langem
durchaus umfänglich und dynamisch mit der Ausweisung von Konzentrationszonen in
Flächennutzungsplänen. Eine umfangreichere Wiedergabe der gerichtlichen
Auffassungen scheint hier zunächst entbehrlich; deutlich und in ständiger
Rechtsprechung hat sich jedenfalls inzwischen als maßstabsbildend
herauskristallisiert, dass die Gemeinden bei der Ausweisung von
Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan methodisch nicht völlig frei sind.
Zur Ermittlung der potenziellen Konzentrationszonen hat sich vielmehr die
Anwendung von
a) Harten
Tabuzonen
b)
Weichen Tabuzonen
c) Einzelfallkriterien
als tauglich und jedenfalls bislang auch als rechtlich überwiegend
tragfähig erwiesen.
Zu a)
Harte Tabuzonen sind jene Bereiche im Gemeindegebiet, die aus
rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen schlechthin und dauerhaft für die
Errichtung von Windenergieanlagen ungeeignet sind.
Zu b)
Weiche Tabuzonen sind jene Bereiche im Gemeindegebiet, auf denen die
Gemeinde selbst im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich garantierten kommunalen
Planungshoheit die Errichtung von Windenergieanlagen von Anfang an ausschließen
will, obwohl die Nutzung aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen
grundsätzlich möglich wäre. Sie sind disponibel.
Zu c)
Einzelfallkriterien dienen notwendig der Einzelfallgerechtigkeit und
sind aus der jeweiligen Lage der Dinge heraus zu schöpfen. Sie sind disponibel.
Weiterhin ist die Rechtsprechung dahingehend entschieden, dass die
Anwendung der harten und weichen Tabuzonen sowie der Einzelfallkriterien auf
das jeweilige Gemeindegebiet einheitlich und i.S.e. schlüssigen Gesamtkonzepts zu erfolgen hat.
Maßgeblich ist dabei, dass nachdem die harten und weichen Tabuzonen
sowie ggf. die Einzelfallkriterien flächenmäßig in Abzug gebracht worden sind,
positiv eine Flächengröße für die Errichtung von Windenergieanlagen verbleibt,
die der Windenergie in substanzieller
Weise Raum verschafft.
So stellen die Gerichte richtigerweise sicher, dass die Anwendung der
unter a) bis c) geschilderten Methodik im Ergebnis nicht zum vollständigen planungsrechtlichen
Ausschluss der Windenergie führt. Das ist vor dem Hintergrund einer
verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie und ihren zulässigen Schranken wie sie
Art. 14 GG kennt und den Ausführungen zum Planvorbehalt unter 2. nur
konsequent.
4. Verhältnis Landesentwicklungsplan, Regionalplan und
Flächennutzungsplan:
Zunächst seien einige knappe begriffliche Klarstellungen vorgenommen,
die dem Verständnis der Vorlage dienen sollen und weder das Ziel einer
erschöpfenden Darstellung verfolgen noch Anspruch auf Vollständigkeit erheben;
sie sollen lediglich das für diese Vorlage maßgebende Begriffsverständnis
vermitteln.
Raumordnungspläne (§§ 3 Abs.
1 Nr. 7, 7 und 8 ROG) sind
der Landesentwicklungsplan NRW (LEP NRW) und der Regionalplan Münsterland (hier
insbesondere der Sachliche Teilplan Energie).
Bauleitpläne (§ 1 Abs. 2
BauGB) sind der
Flächennutzungsplan als vorbereitender Bauleitplan und der Bebauungsplan als
verbindlicher Bauleitplan.
Ziele der Raumordnung (§ 3
Abs. 1 Nr. 2 ROG) sind
verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder
bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen (§ 7 Abs. 2
ROG) textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur
Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums.
Grundsätze der Raumordnung (§
3 Abs. 1 Nr. 3 ROG) sind
Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für
nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der
Raumordnungen können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem
Raumordnungsplan (§ 7 Abs. 1 und 2 ROG) aufgestellt werden.
Vorranggebiete (§ 7 Abs. 3
Satz 2 Nr. 1 ROG) sind
Gebiete, die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen
sind und andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen in diesem Gebiet
ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht
vereinbar sind.
Eignungsgebiete (§ 7 Abs. 3
Satz 2 Nr. 3 ROG) sind Gebiete, in denen bestimmten
raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 des
Baugesetzbuchs zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht
entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im
Planungsraum ausgeschlossen sind.
Bei Vorranggebieten kann festgelegt werden, dass sie zugleich die
Wirkung von Eignungsgebieten nach Satz 2 Nummer 3 oder 4 haben.
Das Planungssystem in der Bundesrepublik Deutschland ist im sog.
Gegenstromprinzip organisiert (siehe auch Anlage 2).
Im Kern bedeutet das, dass die unterschiedlichen räumlichen und
behördlichen Ebenen ihre Planungen mit unterschiedlicher Bindungswirkung auf
einander abzustimmen haben. So ist der Regionalplan auf Ebene des
Regierungsbezirks (hier Münster) aus dem übergeordneten Landesentwicklungsplan
(hier auf Ebene des Landes NRW) zu entwickeln, wobei insbesondere die
Flächennutzungspläne der Gemeinden Berücksichtigung finden (§ 8 Abs. 2 ROG).
Indes sind die kommunalen Bebauungspläne i.d.R. aus dem Flächennutzungsplan der
jeweiligen Gemeinde zu entwickeln (§ 8 Abs. 2 BauGB).
Für den vorliegenden Fall ist dann insbesondere die Bindungswirkung der
Raumordnung gegenüber der Bauleitplanung von zentraler Bedeutung. Dazu stellt §
4 Abs. 1 Satz 1 ROG klar, dass Ziele der Raumordnung u.a. bei raumbedeutsamen
Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen zu beachten und Grundsätze der
Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen sind.
Insoweit spricht auch – und nur konsequent – auf Ebene des Bauplanungsrechts §
1 Abs. 4 BauGB eine klare Zielbindungspflicht
aus und normiert, dass die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen
sind.
5. Änderungen im LEP NRW:
Gegenwärtig befindet sich der LEP NRW, der als Raumordnungsplan u.a.
Ziele und Grundsätze der Raumordnung enthält, in einem Änderungsverfahren. Die
Landesregierung hat diese Änderungen am 19.02.2019 beschlossen. Die Zustimmung
des Landtags steht noch aus (§ 17 Abs. 2 LPlG NRW).
5a)
Inhaltlich ist hier zunächst die Streichung
des alten Grundsatzes 10.2-3, der dem Träger der Regionalplanung aufgab,
dass die von ihm zeichnerisch festgelegten Vorranggebiete für die Nutzung der
Windenergie eine Mindestflächenkulisse regionalplanerisch sichern sollten (im
Regierungsbezirk Münster 6.000 ha), von besonderem Interesse. Der Entfall
dieses Grundsatzes dürfte sich in der Praxis dergestalt auswirken, dass unter
Umständen bestehende Vorranggebiete für die Windenergie im Regionalplan künftig
nicht mehr festgelegt sein werden. Zu einer entsprechenden Änderung des
Regionalplans ist der Plangeber aber wegen der Grundsatzqualität weder
verpflichtet noch ist absehbar, ob, und wenn ja, wann und inwieweit ein
Erarbeitungsbeschluss bzw. Aufstellungsbeschluss gefasst werden wird. Dazu
bestimmt schließlich auch der neue
Grundsatz 10.2-2, dass in den Planungsregionen Gebiete für die Nutzung der
Windenergie als Vorranggebiete in den Regionalplänen festgelegt werden können.
5b)
Maßgeblich ist zudem die geplante Einführung
eines neuen Grundsatzes 10.2-3 mit folgendem Wortlaut:
10.2-3 Grundsatz Abstand von Bereichen/Flächen für Windenergieanlagen
„Bei der planerischen Steuerung von Windenergieanlagen in
Regionalplänen und in kommunalen Flächennutzungsplänen soll zu Allgemeinen
Siedlungsbereichen und zu Wohnbauflächen den örtlichen Verhältnissen angemessen
ein planerischer Vorsorgeabstand eingehalten werden; hierbei ist ein Abstand
von 1.500 Metern zu allgemeinen und reinen Wohngebieten vorzusehen. Dies gilt
nicht für den Ersatz von Altanlagen (Repowering).“
Hier sei zunächst an die Klärungen zum Begriff des Grundsatzes unter 4.
erinnert und zugleich auch darauf hingewiesen, dass der Verordnungsgeber hier
insoweit unmissverständlich eine „Soll-Bestimmung“ bemüht. Bereits daraus
ergibt sich, dass ein Abstand von 1.500 Metern zu allgemeinen und reinen
Wohngebieten künftig gerade nicht verpflichtend ist. Vielmehr ist bereits aus
dem Wortlaut des obenstehenden Grundsatzes zu entnehmen, dass dieser Abstand an
den örtlichen Verhältnissen zu orientieren ist und dieses Verhältnis im Ergebnis
angemessen sein muss. Anders könnte es auch nicht sein, denn hätte der
Verordnungsgeber hier ein abschließend abgewogenes Ziel der Raumordnung bemüht
(dazu ebenfalls unter 4.), so ist in Kenntnis der Ausführungen zur Schaffung
substanziellen Raums unter 3. nunmehr klar, dass dieser dann vielerorts kaum
noch zu schaffen sein dürfte.
Auch sei klarstellend betont, dass sich die 1.500 Meter im hier in Rede
stehenden neuen Grundsatz 10.2-3 auf einen Abstand zu Allgemeinen Siedlungsbereichen i.S.d. Regionalplans und zu allgemeinen und reinen Wohngebieten
i.S.d. Bauleitplanung beziehen – nicht etwa zu Hofstellen im Außenbereich o.Ä.
Im Regionalplan Münsterland sind die Ortsteile Schapdetten und Darup
derzeit wegen der in § 35 Abs. 5 LPlG NRW DVO geführten Einwohnerschwelle von
2.000 Einwohnern zeichnerisch nicht
als Allgemeiner Siedlungsbereich dargestellt.
Der Abstand zwischen dem äußersten Rand der derzeit geplanten
Konzentrationszonen und dem nächsten bauleitplanerisch gesicherten Wohngebiet
beträgt indes in Darup ca. 1100 Meter und in Schapdetten ca. 600 Meter.
Für weitergehende Informationen zum Verlauf des Änderungsverfahrens sei
auch auf die Synopse der geplanten Änderungen im LEP NRW nach Durchführung des
Beteiligungsverfahrens verwiesen.
6. Aktuelle Situation in der Gemeinde Nottuln:
Die Gemeinde Nottuln hat bereits in ihrem aktuellen Flächennutzungsplan
zwei Konzentrationszonen für die Windenergie ausgewiesen, von denen eine im
Bereich Buxtrup nahe der BAB 43 und eine im Bereich Hastehausen am Übergang zum
Billerbecker Stadtgebiet liegt. Diese beiden Konzentrationszonen sind auch im
Sachlichen Teilplan Energie jedenfalls in ähnlichem Zuschnitt als
Vorranggebiete für die Windenergie ohne die Wirkung von Eignungsgebieten
festgelegt. Zudem sieht der Sachliche Teilplan Energie seit dem Jahr 2016
südlich von Schapdetten ein drittes Vorranggebiet für die Windenergie vor. Es
besteht insoweit Anpassungsbedarf, dem die Gemeinde im laufenden 79.
Änderungsverfahren begegnet.
Insgesamt sind im Gemeindegebiet derzeit sieben Windkraftanlagen
installiert, wobei eine davon außerhalb der Konzentrationszonen errichtet
wurde.
Vor dem Hintergrund der in der Vergangenheit insbesondere durch die
Rechtsprechung geprägten Anforderungen an die Ausweisung von Konzentrationszonen
in Flächennutzungsplänen ist nunmehr jedoch zumindest fraglich, inwieweit das
vorangegangene Planverfahren den formalen Voraussetzungen genügt(e), ob die
aktuell im Flächennutzungsplan der Gemeinde Nottuln dargestellten
Konzentrationszonen tatsächlich substanziellen Raum schaffen (siehe unter 3.)
und ob die Planungen insgesamt einer gerichtlichen Überprüfung standhalten.
Während das jedenfalls nicht für die Aussetzung des laufenden
Verfahrens spricht, vermag auch die Begründung der Antragsteller im Weiteren
nicht von der Sinnhaftigkeit eines Planungsstopps zu überzeugen.
Angenommen – und davon scheint der o.g. Antrag zunächst nachvollziehbar
auszugehen – ein geänderter Regionalplan entbehrt künftig der Festlegung von
Vorranggebieten für die Windenergie in einem Abstand von 1.500 Metern zu
Allgemeinen Siedlungsbereichen i.S.d. Regionalplans und zu allgemeinen und
reinen Wohngebieten i.S.d. Bauleitplanung, so bedeutet das bis auf Weiteres
nur, dass sich die Gemeinde bei der Ausweisung von Konzentrationszonen im
Flächennutzungsplan jedenfalls aus Sicht des Raumordnungsrechts nicht mehr
wegen ihrer Zielbindungspflicht (siehe dazu unter 4.) zwangsläufig mit der
(ehemaligen) Vorranggebietsfläche südlich von Schapdetten beschäftigen muss.
Das bedeutet im Umkehrschluss aber gerade nicht, dass eine
Beschäftigung mit eben dieser Fläche grundsätzlich entfallen darf oder gar
entfallen soll. Viel mehr ist diese Fläche – wie alle anderen
Außenbereichsflächen auch – wegen der unter 3. skizzierten Rechtslage, die von
der Flächennutzungsplanung richtigerweise ein schlüssiges Gesamtkonzept
verlangt, das seinerseits im Ergebnis substanziellen Raum für die Windenergie
bereitstellt, gleichermaßen in die Betrachtungen mit einzubeziehen. Es entfällt
also lediglich die raumordnungsrechtliche Zielqualität der in Rede stehenden
Fläche, die bislang die Verpflichtung der Gemeinde Nottuln auslöste, eben diese
Fläche als endabgewogen und insoweit „nicht verhandelbar“ in ihre Planungen mit
einzubeziehen. Keineswegs befreit
eine etwaige Änderung des LEP NRW oder des Regionalplans indes von der
baurechtlichen Pflicht zur Ableitung und Begründung der Lage der
Konzentrationszonen – erst recht hält sie die Gemeinden dazu nicht an.
Insoweit:
Unabhängig davon, ob, und wenn ja, inwieweit der Sachliche Teilplan
Energie in Anpassung an einen geänderten LEP NRW geändert wird, verbleibt die
nicht zuletzt aus der Rechtsprechung abzuleitende Pflicht der Gemeinde Nottuln,
sich bei der Ausweisung von Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan dezidiert
mit allen Außenbereichsflächen im
Gemeindegebiet zu befassen. Im Ergebnis muss die Gemeinde dabei ein schlüssiges
Gesamtkonzept vorlegen, dass der Windenergie substanziell Raum verschafft. So
nun künftig das im Sachlichen Teilplan Energie festgelegte Vorranggebiet
südlich von Schapdetten aus der Darstellung herausgenommen werden sollte,
bedeutet das lediglich, dass hier die Zielbindungspflicht der Gemeinde Nottuln
entfällt. Das begründet jedoch keineswegs, diese Fläche künftig gänzlich aus
der Betrachtung auszuschließen.
Vielmehr ist berechtigt davon auszugehen, dass bei vollständigem
Ausschluss aller Flächen, die in einem 1.500-Meter-Radius um Allgemeine
Siedlungsbereiche i.S.d. Regionalplans bzw. um allgemeine und reine
Wohngebieten i.S.d. Bauleitplanung im Nottulner Gemeindegebiet liegen, im
Ergebnis kein substanzieller Raum für die Windenergie verbleibt. Das wiederum
führt regelmäßig zur Unrechtmäßigkeit bzw. Unwirksamkeit der Planung.
Insbesondere eine Zurückstellung des Verfahrens kann diese Situation
weder ändern noch den resultierenden Schwierigkeiten abhelfen. Dabei ist auch
unerheblich, dass der Entwurf zur 79. Änderung des Flächennutzungsplans der
Gemeinde Nottuln zum Stand der frühzeitigen Beteiligung – und anders könnte es
kaum sein – noch vom aktuellen Regionalplan ausgeht, denn die Rechtswirkungen
des § 4 Abs. 1 ROG i.V.m. § 1 Abs. 4 BauGB (siehe unter 4.) begründen
schließlich eine ständige Anpassungs-
bzw. Berücksichtigungspflicht der Bauleitplanung an die Ziele bzw. Grundsätze
der Raumordnung. Bereits deswegen ist die Gemeinde Nottuln gehalten, sich im
weiteren Verfahren zur 79. Änderung des Flächennutzungsplans mit einem
geänderten LEP NRW gezielt auseinander zu setzen. Dabei steht außer Frage, dass
auch die Öffentlichkeit sowie die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher
Belange diesen dann möglicherweise geänderten Planungsstand mit der Bitte um
Stellungnahme vorgelegt bekommen, da nach der frühzeitigen Beteiligung – die
nunmehr stattgefunden hat – eine formelle Beteiligung an der hiesigen Änderung
des Flächennutzungsplans bundesrechtlich ohnehin vorgeschrieben ist (§§ 3 und 4
Abs. 2 BauGB).
Zusätzlich ist die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Vorgaben nicht
zuletzt auch Gegenstand einer Rechtmäßigkeitsprüfung, der die Bezirksregierung
als höhere Verwaltungsbehörde den Flächennutzungsplan im Genehmigungsverfahren
nach § 6 BauGB unterzieht.
Zuletzt formulieren die Antragsteller zwar richtig und führen für die
Zurückstellung des Verfahrens zur 79. Änderung des Flächennutzungsplans ins
Feld, dass die Jahresfrist für einen zulässigen Normenkontrollantrag nach § 47
VwGO zwar bereits verstrichen ist und wohlmöglich künftig unvermeidbar neu in
Gang gesetzt werden würde. Dabei vergessen sie aber das ungeachtet dessen bestehende
Risiko einer inzidenten Normenkontrolle etwa im Zusammenhang mit einer gegen
die Genehmigungsbehörde gerichteten Verpflichtungsklage auf Erteilung einer
Anlagengenehmigung außerhalb der bereits bestehenden Konzentrationszonen. Hier
kann ein seitens der Gemeinde auf § 15 Abs. 3 BauGB gestützter Antrag auf
Zurückstellung eines entsprechenden Baugesuchs zwar für zwei Jahre zunächst
Abhilfe schaffen, das Problem jedoch nicht lösen.
Das gilt umso mehr, wenn das Verfahren – wie beantragt – ruht.
Schlussbemerkungen:
Bei allen Ausführungen zu den möglichen Konsequenzen durch eine
Änderung des LEP NRW sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich dabei um
gewissenhafte Einschätzungen der Gemeinde Nottuln handelt. Wie andere
Planungsträger mit den geänderten Bestimmungen abschließend umgehen werden und
wie sich die bislang durchaus dynamische Rechtsprechung auf diesem Feld
entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Gleiches gilt für die Frage, welche
Zeiträume etwaige Änderungen insbesondere im Regionalplan in Anspruch nehmen
werden. Das ist jedoch bedeutend, da der Beschlussvorschlag der Antragsteller
darauf abzielt, das laufende Verfahren zur 79. Änderung des
Flächennutzungsplans so lange auszusetzen, bis der Regionalplan, von dem unklar
ist, ob, und wenn ja, wann er geändert wird, tatsächlich rechtskräftig geändert
ist.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Aussetzung des in Rede
stehenden Verfahrens aus den oben aufgeführten Gründen wenig aussichtsreich
erscheint und vor allen Dingen nicht das zu erwarten verspricht, was die
Antragsteller sich erhoffen. Insbesondere streitet gegen die Zurückstellung des
Verfahrens der Umstand, dass bei strikter Anwendung eines 1.500 Meter Abstands
zu Allgemeinen Siedlungsbereichen i.S.d. Regionalplans und zu allgemeinen und
reinen Wohngebieten i.S.d. Bauleitplanung jedenfalls sehr wahrscheinlich im
Nottulner Gemeindegebiet kein substanzieller Raum für die Windenergie
verbleiben wird. Das macht das Warten auf einen geänderten Regionalplan schon
dem Grunde nach verzichtbar und entkräftet die Antragsbegründung durchgreifend.
Zudem scheint ein zeitlich zunächst ungewisser Planungsstopp rechtliche
Unsicherheiten eher zu vergrößern bzw. zeitlich zu verlängern und nicht wie im
Antrag ausgeführt zu schmälern.
Hier sei schließlich angemerkt, dass ein gewisses Verfahrens- und
Klagerisiko naturgemäß jeder verbindlichen Planung im Rechtsstaat immanent ist,
was nicht zu erstaunen braucht. Deswegen sei auch noch einmal daran erinnert,
dass die Ausweisung von Konzentrationszonen freilich keine Pflicht, sondern
eine Steuerungsoption im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung und
Planungshoheit ist. Dieser Steuerungsoption sind schließlich auch deswegen so
enge Grenzen gesetzt, weil die Bauleitplanung als zulässige Inhalts- und
Schrankenbestimmung des Eigentums bestehende (Grund-)Rechte insoweit zwar
zulässig, aber eben auch nicht unerheblich einschränkt.
In Anbetracht der Sach- und Rechtslage muss also klar sein, dass immer
auch ein vollständiger Verzicht auf Konzentrationszonen im Gemeindegebiet
möglich ist – gleichsam der „Urzustand“ ist. Dann allerdings mit der
Konsequenz, dass Windenergieanlagen im Gemeindegebiet im Genehmigungsverfahren
bauplanungsrechtlich entsprechend ihrer allgemeinen Privilegierung nach § 35
Abs. 1 BauGB (siehe bereits unter 2.) beurteilt werden. Das kann in der Praxis
auch zu wesentlich kleineren räumlichen Abständen zwischen Wohnnutzungen und
einer entsprechenden Anlage führen als das hiesige Standortkonzept sie
vorsieht.
Abschließend weist die Verwaltung noch darauf hin, dass wegen der
Verwirrung um den Fortgang des Verfahrens die Planunterlagen bis zum 28.06.2019
zur Einsichtnahme für die Öffentlichkeit im Internet und im Rathaus zur
Verfügung stehen bleiben, wenn der Rat beschließt, das Verfahren fortzusetzen.
Anlagen:
Anlage 1: Gemeinsamer Antrag der CDU- und der FDP-Fraktion
Anlage 2: Gegenstromprinzip
Finanzielle Auswirkungen:
keine
Anlagen:
Anlage 1: Gemeinsamer Antrag der CDU- und der FDP-Fraktion
Anlage 2: Gegenstromprinzip