Antrag der Jagdgenossenschaft Nottuln/Uphoven vom 08.10.2015
Beschlussvorschlag:
1. Der Antrag der Jagdgenossenschaft Nottuln/Uphoven wird ausdrücklich begrüßt, wird aber nach Abwägung zwischen den Belangen des Naturschutzes und den Belangen des Betriebes „Wasserversorgung“ abgelehnt.
2. Dem Antrag der Jagdgenossenschaft Uphoven wird stattgegeben unter der Voraussetzung, dass die Feldgehölze, Hecken und betroffenen Grünlandflächen dauerhaft und kostenfrei entsprechend der Sachverhaltsdarstellung durch die Jagdgenossenschaft gepflegt werden und die Anpflanzung erst dann erfolgt, wenn eine entsprechende Pflegevereinbarung zwischen den Gemeindewerken und der Jagdgenossenschaft abgeschlossen worden ist. Die Betriebsleitung wird beauftragt, die entsprechende Vereinbarung mit der Jagdgenossenschaft abzuschließen.
Sachverhalt:
Antrag der Jagdgenossenschaft Nottuln/Uphoven vom 08.10.2015 (Anlage 1)
Die Vertreter der Jagdgenossenschaft Nottuln/Uphoven haben mit
Schreiben vom 08.10.2015 den Antrag an die Betriebsleitung gestellt, auf
Flächen des Wasserwerkes im Wasserschutzgebiet Feldgehölze und Hecken mit ca.
4-5 Meter Breite, zur Förderung des Naturschutzes als Ausgleich für den Bau der
Umgehungsstraße im Bereich Nottuln/Uphoven, anzulegen. Die Gesamtlänge der
Anpflanzungen beträgt rd. 1.300 m an drei Standorten, inmitten der Grünlandflächen
von rd. 20 Hektar des Wasserwerkes (Anlage
2).
Dem o.a. Antrag vorausgegangen war ein gemeinsames Gespräch am
14.08.2015 im Hause der Gemeindewerke, an dem die Vertreter der
Jagdgenossenschaft Nottuln/Uphoven, Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde
und der Naturförderstation sowie der Gemeindewerke Nottuln teilgenommen haben.
Zu einer einvernehmlichen Lösung ist es nicht gekommen.
Zur Begründung der Beantragung und zum weiteren Inhalt wird auf den
Antrag der Jagdgenossenschaft Nottuln/Uphoven verwiesen.
Stellungnahme der
Betriebsleitung
Um der gründlichen Bewertung des o.a. Antrages Rechnung zu tragen, ist
einmal die Bewirtschaftung der Wasserwerksflächen im Wasserschutzgebiet (WSG)
insgesamt zu betrachten.
Bereits im Jahr 2000 wurde dem Betriebsausschuss dargestellt, dass
neben dem rechtlichen Eigentümer Gemeinde bzw. dem wirtschaftlichen Eigentümer
Wasserwerk eine Vielzahl von Interessenlagen zur Nutzung dieser Flächen
bestehen. Die Vertreter der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft, der
Jagdgenossenschaft, des Naturschutzes, der Unteren Naturschutzbehörde, der
Oberen und Unteren Wasserbehörde sowie die Nottulner Bürgerschaft haben mehr
oder weniger Ansprüche an die Nutzung der WSG-Flächen in vielfältiger Form.
Vergessen werden darf dabei keinesfalls, dass die Flächen des
Wasserwerkes dem Schutz des Nottulner Grundwassers dienen und der Schutz dieses
Gutes an die oberste Stelle der Betrachtungsweise unterschiedlicher Nutzungen
gestellt werden muss. In diesem Spannungsfeld ist es zumindest in den
vergangenen 15 Jahren gelungen, einen Interessenausgleich zwischen den
unterschiedlichen Akteuren herzustellen. Unabhängig von der inhaltlichen
Bewertung des o.a. Antrages führt dieser Antrag zu einer anderen Gewichtung der
Interessenlagen, die im Weiteren dargestellt wird.
In dem als Anlage 3
beigefügten Plan sind die Flächen des Wasserwerkes im WSG und in dem als Anlage 4 beigefügten Plan die vom
Wasserwerk gepachteten Flächen im WSG farblich dargestellt.
Auf den „grün“ dargestellten Flächen findet eine extensive
Grünlandnutzung statt, d.h. diese Flächen werden durch das Wasserwerk
bewirtschaftet und 2-3 mal pro Jahr geschnitten, wobei die Gemeindewerke die
Mahd und Grünschnittabfuhr durch örtliche Landwirte, ohne Entgelt aber bei
Zurverfügungstellung des Grünschnittes, durchführen lassen.
Die „gelb“ markierten Flächen bilden die nicht als Grünland genutzten
Flächen. Diese Flächen werden ebenfalls durch das Wasserwerk bewirtschaftet,
allerdings der Jagdgenossenschaft Nottuln/Uphoven für die jagdliche Nutzung
durch Anlage von z.B. Wildackerflächen, Blühstreifen und Uferrandstreifen zur
Verfügung gestellt; verbunden mit der Pflege dieser Flächen durch die
Jagdgenossenschaft.
Die „blau“ markierten Flächen stellen die Wasserwerksflächen, die Wald-
und Sumpfflächen sowie die Fläche für den Familienwald dar.
Die Flächen des WSG werden durch die Nottulner Bevölkerung zur
Freizeitgestaltung genutzt.
Aus der vielfältigen Flächennutzung wird deutlich, dass sich alle
Interessenlagen im WSG wiederfinden können.
Die Anpflanzung von 1.300 m Feldgehölz und Hecken führen dazu, dass
sich der jagdlich genutzte Anteil und der für den Naturschutz genutzte
Flächenanteil im Wasserschutzgebiet zu Lasten des landwirtschaftlich genutzten
Anteiles verschieben würden. In der Konsequenz führt eine Anpflanzung von
Hecken dazu, dass seitens der Vertreter der Landwirtschaft signalisiert worden
ist, kein Interesse mehr an einer Flächenpflege im Auftrag der Gemeindewerke zu
haben. Für das Wasserwerk hängt damit die unmittelbare Fragestellung zusammen,
wer zukünftig die Flächen des Wasserwerkes pflegt. Es besteht kein Einklang der
Interessen mehr, so dass in der o.a. gemeinsamen Besprechung mit den Vertretern
der Jagdgenossenschaft keine Einigung erzielt worden ist. Die Betriebsleitung
hatte der Jagdgenossenschaft daraufhin vorgeschlagen, das Anliegen schriftlich
zu beantragen und im Betriebsausschuss beraten zu lassen. Im Folgenden werden
einzelne Aspekte, die zu einer Abwägung über die Entscheidung des Antrages
beitragen sollen, dargestellt:
- Flächenbewirtschaftung und Grundwasserschutz
Oberstes Ziel der Bewirtschaftung im WSG
ist der Grundwasserschutz. Aus diesem Grund wurde das Rheinisch- Westfälische
Institut für Wasser Beratungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH (IWW), Mülheim,
um Stellungnahme zur Flächenbewirtschaftung unter Berücksichtigung des o.a.
Antrages gebeten. Die Stellungnahme ist als Anlage 5 beigefügt.
Zusammenfassend kann festgehalten werden,
dass die derzeitige Bewirtschaftung der Grünlandflächen im Sinne des
allgemeinen Gewässerschutzes und zur Wahrung einer guten Grund- und
Oberflächenwasserqualität als Ressource zur Gewinnung von Trinkwasser
angemessen ist.
Gleichzeitig werden aber aus
wasserwirtschaftlichen Gründen auch keine Gründe gesehen, die gegen eine
Anpflanzung mit Feldgehölzen und Hecken in dem beantragten Umfang sprechen.
Aus rein wasserwirtschaftlicher Betrachtung
ist also sowohl die gegenwärtige Bewirtschaftung und die beantragte Bepflanzung
möglich. Auf Nachfrage beim IWW ist es von entscheidender Bedeutung für den
Grundwasserschutz, dass das Mähgut aufgrund der Nährstoffaufnahme aus der
Umwelt aus dem Gebiet transportiert wird und der Nährstoffeintrag in das Grundwasser
minimiert wird.
- Wirtschaftliche Betrachtung
Die Grünlandflächen im WSG werden
eingeschränkt landwirtschaftlich genutzt. Auf Nachfrage bei einem Fachgutachter
für die Bewertung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke hat sich ergeben,
dass die betroffenen Flächen im Nottulner WSG aufgrund der Lage auf dem
Grundstücksmarkt als minderwertig gelten, weil auf diesen Flächen keine
Wirtschaftsdünger und keine Pflanzenbehandlungsmittel eingesetzt werden dürfen
und bei einem reduzierten Einsatz von Mineraldünger die Ertragskraft dieser
Flächen relativ gering ist. Aus diesem Grund kann auch kaum eine tatsächliche
Grundstücksbewertung auf Basis eines Marktpreises und damit kein Wertverlust im
Fall der geplanten Anpflanzungen ermittelt werden. Es könnte höchstens über den
Mehraufwand der Bewirtschaftung auf einen Minderwert der betroffenen Flächen
geschlossen werden.
Auch wenn damit der Gutachter kein
zahlenmäßiges Ergebnis liefern kann ist es unbestritten, dass ein aktiver
Landwirt in der fachlichen Praxis niemals zulassen würde, dass Flächen von
durchschnittlich 4-5 Hektar durch die Anpflanzung von Hecken und Feldgehölzen
in Flächen mit einer Größe von 2-2,5 Hektar umgewandelt würden, da es zu einem
Wertverlust dieser Flächen käme.
Ein Unterhaltungsmehraufwand entsteht für
das Wasserwerk dann, wenn es nach Anpflanzung der Hecken nicht mehr gelingt,
die betroffenen Flächen kostenfrei pflegen zu lassen. Nach Gespräch mit den
aktuell pflegenden Landwirten haben alle Landwirte aufgrund Unwirtschaftlichkeit
signalisiert, diese Flächen nicht mehr pflegen zu wollen. Sofern es nicht
gelingt, andere Landwirte für diese Arbeiten zu gewinnen, können Mehrkosten für
die regelmäßige Pflege durch Lohnunternehmer in Höhe von rd. 8.000 € bis 12.000
€; je nach möglicher Vermarktung des Mähgutes für Futterzwecke oder zur
Verwertung in einer Biogasanlage, entstehen. Die Kosten müssten den
Wassergebühren und damit allen Wassergebührenzahlern zugerechnet werden und
würden rd. 1-1,5 ct/m³ Trinkwasser betragen.
Eine mindestens zweimalige Mahd im Jahr ist
erforderlich, um den „Dauergrünlandstatus“ zu erhalten, der unter bestimmten
Bedingungen für die Beantragung von Förderprogrammen wichtig sein kann. Auf die
Beantragung von Flächenprämien hat die Anlage von Landschaftselementen derzeit
keinen Einfluss.
- Sonstige Aspekte
Sofern sich die rechtlichen Regelungen über
die Gewährung von Flächenprämien zukünftig ändern sollten, wäre u.U. eine
Verpachtung an die Landwirtschaft erforderlich. Diese Verpachtung würde durch
das fehlende Interesse einer weiteren Bewirtschaftung erschwert.
Die Anlage von Landschaftselementen in Form
von Feldgehölzen und Hecken ist unumkehrbar. Die Ansiedlung von z.B. seltenen
Lebewesen ist einerseits unter dem Aspekt des Naturschutzes wünschenswert,
könnte aber andererseits zu einer Einschränkung der zukünftigen weiteren
Nutzung der Flächen für Zwecke der Wasserversorgung führen.
Die Feldgehölze und Hecken werden bei gutem
Wuchs höher und in der Ausdehnung größer. Eine regelmäßige Heckenpflege durch
die Jagdgenossenschaft wird langfristig erforderlich und wäre einzuhalten.
Bei den betroffenen Flächen handelt es sich
um wenige noch in größerem Umfang zusammenhängende Grünlandflächen im hiesigen
Bereich. Der Flächencharakter würde sich durch die Durchschneidung mit
Feldgehölzen und Hecken verändern.
Bewertung und Vorschlag der
Betriebsleitung
Aus Sicht des Grundwasserschutzes ist eine Bewirtschaftung der
Grünlandflächen in der bisherigen Form erforderlich. Feldgehölze und Hecken
könnten unter diesem Aspekt gepflanzt werden.
Eine Bewirtschaftung in der bisherigen Form ist im Fall einer
Anpflanzung durch die bisherigen Landwirte nicht mehr möglich. Sollten keine
anderen Landwirte gefunden werden, wäre eine Flächenpflege durch Lohnunternehmer
erforderlich. Entstehende Kosten wären in den Trinkwassergebühren zu
berücksichtigen und würden durch die Nottulner Bürgerschaft zu tragen sein.
Aus Sicht der Betriebsleitung sprechen für eine Beibehaltung der
gegenwärtigen Flächenbewirtschaftung folgende Argumente:
- Erhaltung des Grundwasserschutzes
- Erzielter Interessenausgleich der
Akteure
- Werterhaltung der Wasserwerksflächen
- Kostenneutrale Beibehaltung der
Flächenpflege durch die örtliche Landwirtschaft
- Sicherstellung der Erhaltung von
Flächenprämien
- Erhalt der „großen“ Grünlandflächen
- Keine Belastung der
Wassergebührenzahler
Für die Anlage von Feldgehölzen und Hecken sprechen aus Sicht der
Jagdgenossenschaft folgende Argumente:
- Naturschutzverbesserung
- Artenvielfalt erhalten/fördern/erhöhen
- Vernetzung für Tierarten verbessern
- Vermeidung von Wildunfällen
- Hecken haben keinen Anschluss an Wege/Straßen;
Erhalt der Bewirtschaftungsmöglichkeit
Aus Sicht der Betriebsleitung stellt das Vorhaben der
Jagdgenossenschaft zweifellos einen Beitrag zum Naturschutz dar. Auch dürfte
unter dem Aspekt der Vorbildfunktion von Gemeinden im Rahmen des Naturschutzes
diese Maßnahme zu betrachten sein. Für den Grundwasserschutz hätte die Maßnahme
isoliert betrachtet ebenfalls keine negativen Auswirkungen.
Auf der anderen Seite ist die Wasserversorgung Nottuln aber auch ein
wirtschaftliches Unternehmen. Die Betriebsleitung ist in der Pflicht, den
Grundwasserschutz zu gewährleisten, das Betriebsvermögen (hier:
Grundstücksvermögen) zu erhalten, die Unterhaltungskosten zu minimieren,
öffentliche Förderungen zu sichern und die Wassergebührenzahler nur mit den
betriebsbedingten Kosten zu belasten. Gleichzeitig konnte trotz dieser Maßgaben
ein langfristiger Interessenausgleich der verschiedenen Akteure geschaffen
werden.
Insofern muss die
Betriebsleitung aus betrieblicher Sicht vorschlagen, die gegenwärtige
Flächenbewirtschaftung beizubehalten bzw. den Antrag der Jagdgenossenschaft
Uphoven abzulehnen.
Sofern sich der Ausschuss diesem Vorschlag nicht anschließen kann,
schlägt die Betriebsleitung vor, bei Zustimmung zum Antrag der
Jagdgenossenschaft aufzuerlegen, sich unbefristet um die Pflege der
Gehölzflächen und Hecken zu kümmern und darüber hinaus kostenfrei die
Flächenpflege durch zweimalige Mahd und Abtransport des Mähgutes
sicherzustellen, sodass dem Wasserwerk keine Kosten entstehen, die in die
Trinkwassergebühren einzubeziehen wären.
Vor diesem Hintergrund werden dem Betriebsausschuss zwei
Beschlussvorschläge unterbreitet.
Finanzielle Auswirkungen:
Zur Zeit nicht zu beziffern
Anlagen:
- Antrag der Jagdgenossenschaft Nottuln/ Uphoven vom 08.10.2015
- Übersichtsplan der betroffenen Flächen
- Lageplan Bewirtschaftungsform Wasserwerksflächen
- Lageplan Bewirtschaftungsform Pachtflächen des Wasserwerkes
- Wasserwirtschaftliche Stellungnahme IWW